Todesfeuer
ein großer Teil der Mittel für Hope Lodge aus Zuschüssen der Regierung bestand. Leider haben wir dort nichts Merkwürdiges gefunden. Wir haben Spürhunde aufgeboten, alles.«
»Keine Durchsuchungsbefehle für die anderen?«, sagte Milo.
»Nicht einmal ansatzweise. Wir sind von einem Richter zum nächsten gegangen, aber derjenige, bei dem wir dachten, es würde klappen, sagte, er würde keine >Hexenjagd< zulassen. Wir haben landesweit nach Doreen gesucht und die anderen Kids ein paar Monate lang observiert. Dabei kam allerdings nichts raus, es gab keine weiteren Brände im Großraum Seattle. Und so sind wir eben weitergezogen.«
»Aber irgendwann habt ihr Doreen gefunden und sie umgedreht.«
Lindstrom kniff die Oberlippe zusammen. Balancierte den Fettstift zwischen zwei Zeigefingern. »Ist das die Stelle, an der ich >0 Sherlock!< sagen und die Augen aufreißen muss?«
»Warum sollten Sie denn sonst hier sein, Gayle?«, sagte Milo.
Lindstrom zog ihre graue Anzugjacke aus. Darunter trug sie ein rotes Tank Top. Breite Schultern, dicke, aber stramme Arme. »Hier drin ist es irgendwie trocken, findet ihr nicht? Muss an der Klimaanlage liegen. Dürfte ich Sie vielleicht um einen Schluck Kaffee bitten.«
20
Die Brühe aus dem Mannschaftsraum hat den erfrischenden Beigeschmack nach Teer und wirkt so nervenaufreizend wie Speed.
Special Agent Gayle Lindstrom trank einen halben Becher, ohne sich zu beklagen, rieb sich die Augen, reckte sich, gähnte und reckte sich gleich noch einmal. Milo macht etwas ganz Ähnliches, wenn er sich zwanglos geben will. Lindstrom musste allerdings noch üben.
Sie trank einen weiteren Schluck, verzog dann wie erwartet das Gesicht und stellte den Becher beiseite.
»Ja, Doreen ist schließlich aufgetaucht. Ich hatte nichts damit zu tun, aber ich zucke deswegen immer noch zusammen.« Sie griff erneut zum Becher, überlegte, ob sie noch einen Schluck trinken sollte, und entschied sich dagegen. »Das FBI konnte nichts dafür. Es lag an ihrer eigenen Dummheit.«
»Sie hat was angestellt und wurde geschnappt«, sagte Milo.
»Sie wurde vor fünf Jahren wegen Prostitution und Drogenbesitzes hopsgenommen. Wollen Sie raten, wo?«
»In Seattie.«
»Mitten in der Stadt. Ich würde mich nicht wundern, wenn sie gar nie weg war. Auch wenn sie uns alle möglichen Geschichten auftischen wollte, dass sie kreuz und quer herumgetrampt sei, sich von den Früchten der Wildnis ernährt habe und solche Sachen. Aber irgendwie passte nichts so richtig zusammen, und anhand dessen, was ich ihrer Akte entnehme, ist sie eine geborene, zwanghafte Lügnerin.«
»Des Backer ist zehn Jahre lang im ganzen Land umhergereist«, sagte ich. »Hat sie behauptet, mit ihm zusammen gewesen zu sein?«
»Das hat sie in der Tat, Doktor. Nicht als ständige Begleiterin, nur ab und zu. Sie hat wilde Geschichten darüber erzählt, wie sie im Wald gelebt hat, Wurzeln und junge Triebe gegessen hat, Pilze gesucht, was auch immer. Aber wie schon gesagt, immer wenn es um nähere Einzelheiten ging, wie zum Beispiel Daten, Städte oder Bundesstaaten, knickte sie ein. Unsere Psychologen bezeichneten sie als histrionische Persönlichkeit.«
»Haben sie sie untersucht?«, erkundigte sich Milo.
»Ich habe keinen klinischen Bericht gesehen.«
»Das heißt, dass die Diagnose vermutlich aufgrund der Akten erstellt wurde«, sagte ich.
»Stimmen Sie der Diagnose nicht zu, Doktor?«
»Ich weiß nicht genug, um ihr zuzustimmen oder nicht.«
Lindstrom runzelte die Stirn. »Ist nicht böse gemeint, aber das Psychozeug spielt eigentlich gar keine Rolle, oder? Das Gleiche gilt übrigens auch für Fredds Naturkindgeschichten. Vielleicht ist ein Teil davon wahr, vielleicht hat sie aber auch doppelt, drei- und vierfach geblufft. Tatsache ist, dass in diesem Zeitraum keine Öko-Straftaten mit ihr in Verbindung gebracht werden können, folglich hat sie entweder ihre Spuren gut verwischt, oder sie und die anderen Kids aus Seattle waren überhaupt keine so große Nummern.«
»Vor fünf Jahren hat Des Backer Architektur studiert«, sagte ich. »Wenn Doreen sich etwa um diese Zeit der Prostitution zuwandte, deutet das darauf hin, dass sie sich wahrscheinlich lange vorher getrennt hatten.«
»Und…?«
»Ich versuche nur den Zeitrahmen festzuklopfen.«
»Ich widerspreche Ihnen nicht.«
»Sie wird also hopsgenommen, weil sie anschaffen geht«, sagte Milo. »Inwieweit führt das dazu, dass sie FBI-Spitzel wird?«
»Ich habe nichts davon
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