Todesfinal
Geruch eines süßlichen Parfüms, das durch den Raum waberte.
Dann war alles wieder da. Morlov hatte mit Veronika Lederer geschlafen. Die Erinnerung traf ihn wie ein Schlag. Er richtete sich auf und fasste sich an den Kopf.
Wieder klingelte es. Morlov brauchte dringend einen Kaffee. Er ging in die Küche, stellte sich an das Fenster und sah nach draußen. Vor seiner Haustür stand Stefan Lederer. Was wollte der jetzt von ihm?
Lederer hörte einfach nicht auf zu klingeln. Das Geräusch fuhr in Morlovs Gehirn wie eine Kreissäge. Er ging zur Haustür und öffnete sie.
Lederer hatte den Finger noch immer auf dem Klingelknopf. Er sah Morlov überrascht an, als hätte er nie damit gerechnet, dass Morlov tatsächlich öffnete.
»Was wollen Sie?«, fragte Morlov. »Und nehmen Sie endlich den Finger da weg.«
Lederer nahm den Finger vom Klingelknopf, er starrte Morlov noch immer an. Er wollte etwas sagen, schluckte wie ein Fisch in einem Aquariumglas.
»Sie haben …«, begann er schließlich, musste aber dann Luft holen.
Er redete nicht weiter, atmete heftig.
Morlov sah ihn ungeduldig an. Stefan Lederer war fast einen Kopf kleiner als er. Ein dünnes Kerlchen mit schütterem Haar, das Morlov nie anders als in einem Arbeitsanzug gesehen hatte. In einer Latzhose, die aussah wie eine Kindergartenuniform. In der rechten Hand hielt er einen großen Schraubenzieher. Lederer hatte immer ein Werkzeug dabei.
»Was ist?«, fragte Morlov.
Lederer antwortete immer noch nicht. Morlov deutete auf den Schraubenzieher.
»Brauchen Sie irgendwas? Vielleicht eine passende Schraube?«
Es war, als hätte das Stichwort Lederer die Sprache wiedergegeben. »Sie haben Ihre Schraube in ein Loch gebohrt, wo sie nicht hingehört.«
Morlov war einen Moment zu verblüfft, um etwas zu sagen. Was redete der Mann da von seiner Schraube? »Sie meinen, ich habe …?«
»Genau«, sagte Lederer. »Sie haben mit meiner Frau geschlafen.«
Woher wusste Lederer das? Wahrscheinlich war er zu früh nach Hause gekommen und hatte eindeutige Spuren entdeckt.
»Und ich fordere Rechenschaft.«
»Was meinen Sie damit?«, fragte Morlov.
Lederer blickte ihn an. Er schluckte, man sah ihm die Angst an. Der Schraubenzieher in seiner Hand zitterte leicht. »Glauben Sie ja nicht, dass ich Angst vor Ihnen habe. Mich können Sie nicht einschüchtern mit Ihrer Tour.«
»Mit welcher Tour?«
»Mit dieser …« Wieder wusste Lederer nicht weiter. Morlov sah ihn kalt lächelnd an.
»Wir werden uns schlagen. Sie glauben vielleicht, dass Sie mir überlegen sind, aber ich habe früher geboxt. In meiner Jugend war ich nicht schlecht.« Lederer warf seinen Schraubenzieher beiseite und fing an, vor Morlov zu tänzeln. Er sah aus wie ein steppender Zwergpudel.
»Lassen Sie den Unsinn«, fuhr ihn Morlov scharf an.
Lederer stand sofort still. Er war noch immer in Angriffstellung und gab sich Mühe, ein drohendes Gesicht zu machen.
»Mann, werden Sie locker«, sagte Morlov. Lederer blieb noch einen Moment wie eine Steinsäule stehen, dann ließ er seine Fäuste nach unten sacken.
»Können wir nicht wenigstens so tun, als ob …«, sagte Lederer. »Ich tu so, als ob ich Sie schlagen würde, und Sie tun so, als wären Sie getroffen.«
Morlov schüttelte den Kopf. »Nein, können wir nicht.«
Lederer wirkte verzweifelt. »Aber ich kann nicht von Ihnen weggehen, ohne dass ich Sie geschlagen habe.«
Morlov sagte nichts.
»Kann ich wenigstens erzählen, dass ich Ihnen kräftig die Meinung gegeigt habe und dass Sie Angst vor mir haben?«
Morlov blickte auf den Zwerg vor ihm. »Sie können einem ziemlich auf die Nerven gehen mit Ihrer Bauerei den ganzen Tag«, sagte er.
Lederer sagte nichts, sah Morlov unsicher an.
»Wissen Sie, wie der Lärm einen krank macht, wissen Sie das?«
»Wenn es Sie gestört hat, dann tut es mir leid.«
»Sie sollten auch mal an die Leute denken, die ausschlafen wollen. Sie fangen manchmal schon vor acht Uhr mit Ihrem Gehämmer an.«
»Ich habe nicht gewusst, dass Sie so lange schlafen.«
Morlov sagte nichts mehr. Sein Schweigen machte Lederer nervös. Lederer ging zu seinem Schraubenzieher, der noch am Boden lag, und nahm ihn auf. Er hatte ihn in der rechten Hand, griff dann mit der linken Hand danach, als wüsste er nicht, was er damit anfangen sollte und hielt ihn schließlich hinter seinem Rücken, als wollte er ihn vor Morlov verstecken.
»Werden Sie von jetzt an nicht mehr vor neun Uhr arbeiten?«
»Darf ich dann
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