Todesflirt
Helden, der sein Leben überstrahlt und dem er gleichen will. Und die Kraft kehrt zurück in ihn, den Herrn über Leben und Tod.
10. Kapitel
Das war’s jetzt. Ich war mir total sicher. Wie konnte ich so blind sein! Die Empörung, die Wut, die Enttäuschung saßen wie ein bröckelnder Klumpen Mehl in meinem Hals fest. Dieser Idiot! Ich machte alles brav mit, schwieg still, hielt zu ihm, nur damit der Herr abhauen konnte und wieder auftauchen und wieder abhauen, gerade wie es ihm beliebte, und dabei schwieg, schwieg und nochmals schwieg. Nicht mit mir, Freundchen, dachte ich. Dir mache ich die Tür nicht mehr auf. Diesmal ist sie zugefallen! Endgültig!
Missmutig half ich zuerst meiner Mutter im Laden. Mein Vater versuchte, einen armseligen Witz über meine Haare zu machen, gab aber schnell auf. Selbst er bemerkte, dass ich nicht allerbester Laune war. Nach David traute sich niemand zu fragen.
Juli streichelte mir über den Kopf. »Wie Socke fühlst du dich an«, sagte sie lachend.
Nach dem Mittagessen überredete mich Juli, endlich mit ihr laufen zu gehen. Eigentlich war es viel zu heiß dafür, aber zu einer kurzen Runde mit vielen Trinkpausen ließ ich mich dann doch überreden.
Wenn wir stehen blieben, erzählte Juli ständig von Torsten. Wie nett er war, wie lieb und dass er versprochen hätte, bald mit ihr und Annika und mir einen Ausflug zu machen. An einen See und in die Berge.
»Ich will nicht mit«, sagte ich und sie sah mich unglücklich an.
»Doch, du musst auch mit«, sagte sie und strahlte schon wieder zuversichtlich. Dann fuhr sie wieder über meinen verschwitzen Kopf.
»Siehst aus wie ein Vögelchen, das ausm Nest raus ist«, sagte sie.
Ihr zuliebe lächelte ich.
»Wir müssen deine Haare nachher leider auch untersuchen«, fiel mir ein. Sie nickte, aber ich war nicht sicher, ob sie verstand, was ich meinte.
Das Laufen hatte mich ein wenig abgelenkt. Und das kalte Wasser, das mir nun über die Haut lief, tat sein Übriges. Ich kühlte allmählich ab. Eine leise Melancholie legte sich über die Wut wie der Wassernebel der Dusche auf meine Haut. Eine Erkenntnis flirrte an den Rändern meiner Wahrnehmung. Es konnte nicht gut gehen mit David. Wie sollte es? Ich war viel zu lange nachsichtig mit ihm gewesen. Hatte mich um den Finger wickeln lassen, hatte mich von seinen verliebten blauen Augen ködern lassen. Damit war jetzt Schluss!
Als ich unter der Dusche hervorkam, piepste mein Handy. Eine SMS von David? Sicher nicht! Wie auch? Und wenn – ich würde sie einfach löschen. Ganz bestimmt.
Doch die SMS kam von Toni. »Scheiße, Tabi, schau dir Max’ Pinnwand an«, schrieb sie ein wenig kryptisch, aber dennoch begannen meine Finger zu zittern. Schnell fuhr ich den Computer hoch und loggte mich bei Facebook ein.
»Max hat dich auf einem Foto markiert« hieß es da. Kacke. Mir schwante Übles.
Ich klickte auf den Link – und da war es. Das gleiche Foto, dass mir der Unbekannte auf mein Handy geschickt hatte. Doch auf dem großen Bildschirm war alles noch viel genauer zu erkennen.
»Dieser Schlampe hab ich mal mein Herz geschenkt – fuck you, Tabea Resch!«, hatte Max unter das Foto geschrieben. Scheiße, wo hatte der Kerl das Bild her? Das war doch nicht möglich! Noch dazu war das Foto für jeden sichtbar, der seine Seite besuchte.
Ich kickte den silberfarbenen Mülleimer wütend durchs Zimmer. Ein Haufen zerknülltes Papier, gebrauchte Taschentücher und anderer Dreck ergoss sich über den Flickenteppich. Ich stolperte beinahe darüber, als ich das Handy von meinem Nachttisch angelte. Ehe ich weiter überlegte, rief ich Max an. Nach dem zweiten Tuten war er dran.
»Tabea, hast du Sehnsucht nach mir?«, fragte er scheinheilig.
»Wenn du vor mir stehen würdest, würde ich dir ins Gesicht spucken«, schrie ich ihn an. Meine Zunge schmeckte nach Wut. Wut auf all diese Scheiß-Mistkerle!
»Mhh, lecker«, höhnte Max.
»Wo hast du das Foto her?«, meine Stimme weiter auf Anschlag.
»Von einem Freund«, sagte er, widerwärtig ruhig.
»Schöner Freund.« Aber mit einem Mal wurde mir klar, dass ich anders mit ihm reden musste. Ganz anders.
»Max«, sagte ich und tat, als beginne das Gespräch jetzt erst. »Max, es ist wichtig, bitte, wenn du es weißt, dann sag es mir.«
»Warum sollte ich das tun?«
»Weil ich … weil Da...«, ich brach ab. Wurde ganz leise. »Können wir uns sehen?« Ich hörte nur seinen Atem.
»Okay, in einer Stunde. An der Eisinsel.«
Ich dachte, er würde mich
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