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Todesflirt

Todesflirt

Titel: Todesflirt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Broemme
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zog reflexhaft den Arm weg und hob irritiert den Kopf. Juli erstarrte. David versuchte so etwas wie ein Lächeln und griff nach Julis Hand, die über dem Tisch wie festbetoniert in der Luft hing.
    »Ich war so in Gedanken, ich hab mich erschreckt«, bemühte er sich um eine Erklärung. Aber Juli entwand sich ihm, versteckte ihre Hände unter ihrem T-Shirt und sah missmutig zu Boden.
    »Hilfst du uns, die Zucchini klein zu schneiden?«, versuchte ich, sie abzulenken, legte Bretter und Messer vor die beiden und schob ihnen das abgewaschene Gemüse hin. Schweigend schnitten sie es klein. Ich zerkrümelte den Schafskäse und tat die Nudeln ins kochende Wasser.
    »Isst du gerne Nudeln?«, fragte David Juli. Sie nickte langsam, sah ihn aber weiterhin nicht an.
    »Ich mag Nudeln total gerne«, sagte er. »Ich könnte jeden Tag Nudeln essen.«
    »Ich auch«, stimmte sie zu. »Oder Pfannkuchen.«
    »Oh ja, die sind auch toll.«
    »Welch seltener Gast«, rief mein Vater, der nun die Küche betrat. »Und er macht sich in der Küche nützlich – wunderbar.«
    »Papa«, sagte ich mahnend und er grinste mich an.
    »Immer wenn sie diesen Tonfall anschlägt, habe ich irgendwas Peinliches gesagt. Findet zumindest Tabea.« Er beugte sich zu Juli und küsste sie. »Aber wenigstens unsere Kleinste hier steht noch voll zu ihrem Papa!«
    »Bin nicht klein«, maulte Juli und stieß ihren Ellenbogen in seine Seite. Immerhin lächelte sie schon wieder.
    »Und, schon eingewöhnt in München?«, machte er unerbittlich weiter. David nickte.
    »Die meisten Hamburger stehen ja nicht so auf den Süden.« Er lachte. »Außer so Typen wie Annikas neuer Schwarm. Der läuft ja immer bayerischer kostümiert rum als so mancher CSUler beim Oktoberfestbesuch.«
    »Ach, ich finde es ganz schön hier«, sagte David leise. »Vor allem die Landschaft und die Biergärten.«
    »Während einem die Bayern selbst ja ganz schön auf den Zeiger gehen können«, machte mein Vater selbstkritisch weiter. »Dieses ›Mir-san-mir‹-Gehabe ist manchmal doch recht anstrengend. Und wenn ich dann an so Köpf’ von der CSU denke, mei …«
    »Papa«, unterbrach ich ihn wiederum. »Das interessiert den David doch gar nicht.«
    »Wieso? Du bist doch auch politisch interessiert? Ich glaube, das ist eh eine Mär, dass immer alle behaupten, die jungen Menschen interessieren sich nicht für Politik. Oder, David? Grad in unserer globalisierten Welt, wo der Überblick immer schwieriger wird – da muss man sich doch einfach interessieren!«
    David nickte bestätigend, schien sich aber auf kein Statement einlassen zu wollen.
    »Ich mein, in Hamburg ist die Welt ja auch nicht gerade in Ordnung. Wisst’s ihr noch, dieser Schill, dieser ›Richter Gnadenlos‹, der vor ein paar Jahren durch die Presse ging – so liberal sind da oben auch nicht alle. Bei uns in München haben die Grünen bei der letzten Wahl ja mehr Prozente erreicht als bei euch droben in Hamburg. Na, du – ich darf doch Du sagen, oder? – hast sie bestimmt gewählt, oder?«
    »Papa«, fuhr ich wieder dazwischen. »Schon mal was von Wahlgeheimnis gehört?«
    »Ah, geh«, erwiderte mein Vater lachend und machte sich über die Spaghetti her, die ich ihm nun hinstellte. Ich warf David einen aufmunternden Blick zu und er zwinkerte zurück. Immerhin waren wir so von unseren sonstigen Problemen etwas abgelenkt.
    Glücklicherweise kam kurz darauf meine Mutter und bald ging es um allgemeinere Themen wie unhöfliche Kunden im Laden oder was die anhaltende Trockenheit für die Landwirtschaft und die Gärtnereien bedeutete. Nach dem Essen zogen wir uns schnell nach oben zurück, auch wenn Juli enttäuscht war, dass ich nicht mit ihr zum Laufen ging. »Morgen wieder, Juli, versprochen.«
    Wir setzten uns auf den kleinen Balkon vor dem Schlafzimmer meiner Eltern und sahen in die duftige Sommernacht. Wir hielten uns an den Händen und schwiegen. Eine winzige Sternschnuppe verglühte. Wir hätten glücklich sein können. Ich hatte nur einen einzigen Wunsch: dass bald alles normal wäre. Ohne aufgeschlitzte Reifen, gefälschte Fotos, versteckte Handys, nächtliche Überfälle. Ohne Misstrauen zwischen uns, ohne Angst und ohne dieses Gefühl der Einsamkeit, das sich in unsere Zweisamkeit drängte.
    »Ich weiß, warum du nichts sagst«, sagte David. Seine Stimme klang sachlich inmitten der Dunkelheit. »Ich verstehe es auch. Du möchtest gerne wissen, was los ist, was hier gerade passiert. Und du willst mich nicht bedrängen. Das

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