Todesflut: Thriller
Wasser, das im Nachbarschacht nach oben geschossen kam.
»Großer Gott! Das schaffen die beiden nie. Meine Schwester ist alles andere als schlank, und das hier ist der Stock meiner Mutter. Sie ist achtundsiebzig.«
»Nun hören Sie mir genau zu«, sagte Rachel, während das Wasser mit verblüffendem Tempo stieg. »Sie befinden sich im Expressaufzug. Er verkehrt nur zwischen dem 16. und dem 28. Stock. Es gibt keine Türen zwischen hier und der Lobby. Es steht kein anderer Fluchtweg zur Verfügung.«
»Vielleicht sollten wir auf die Feuerwehr warten.«
»Es wird niemand kommen. Sie hatten unglaubliches Glück, dass ich Sie gehört habe.«
Das Wasser stieg unbarmherzig weiter.
»Ich habe schon versucht, sie zu heben«, sagte der Mann. »Ich schaffe es nicht allein. Bitte!«
Rachel rannte um die Ecke.
»Wyatt und Hannah, bleibt, wo ihr seid«, rief sie den Kindern zu. »Hier stecken ein paar Leute fest. In einer Minute bin ich wieder bei euch. Wenn das Wasser steigt, geht die Treppe hinauf.«
Rachel rannte zurück und sprang auf das Aufzugdach. Sie sah durch den Notausgang in die Kabine. Eine kräftige Frau in den Vierzigern und eine zerbrechliche alte Dame sahen zu ihr herauf.
»Wer sind Sie?«, fragte die alte Dame.
»Ich bin Rachel Tanaka, die Direktorin des Hotels. Der Strom ist ausgefallen. Wir müssen Sie sofort aus dem Aufzug holen.«
»Wie? Es gibt hier drinnen keine Leiter.«
»Das Wasser ist schon fast auf unserer Höhe«, meldete Jerry.
Rachel sah in den Schacht hinab. Das Wasser schoss zwar nicht mehr nach oben, stieg aber immer noch. Es schien bis zum dreizehnten Stock zu reichen, der nur sechs Meter unter dem Kabinenboden lag.
»Können Sie schwimmen?«
»Machen Sie Witze?«, fragte die jüngere Frau.
»Nein«, erwiderte Rachel.
»Das Wasser steigt, Sheila«, bestätigte Jerry. »Sie hat recht. Du hast vielleicht keine andere Wahl.«
»Können Sie schwimmen?«, wiederholte Rachel ihre Frage.
»Nur weil ich einen Stock brauche, bin ich noch lange kein Krüppel«, erwiderte die alte Dame. »Natürlich kann ich schwimmen. Wenn ihr Kinder mich hättet gehen lassen, als ich wollte, säßen wir jetzt nicht in der Patsche.«
»Es ist Jerrys Schuld«, stimmte Sheila mit ein. »Der Idiot wollte unbedingt, dass wir bleiben.«
»Wenn wir die Treppen genommen hätten, wie ich es vorhatte«, wehrte sich Jerry, »würdet ihr jetzt nicht in der Falle sitzen!«
»Ruhe!«, unterbrach Rachel sie. Eine sich zankende Familie war das Letzte, was sie brauchen konnte. »Wir warten ab, wie hoch das Wasser steigt. Wenn es in die Kabine dringt, schwimmen Sie, und wir können Sie herausziehen. Wenn es vorher sinkt, müssen wir uns etwas anderes ausdenken.«
Das Wasser erreichte den Boden der Fahrstuhlkabine.
»Es kommt herein!«, entsetzte sich Sheila.
Und das Wasser blieb nicht stehen. Es stieg immer weiter.
»Wie hoch steigt das denn noch?«, fragte Jerry ungläubig.
»Ich weiß es nicht«, erwiderte Rachel.
»Und wenn es höher als der Fahrstuhl steigt?«
»Keine Ahnung. Haben Sie einen besseren Vorschlag?«
Er schüttelte kleinlaut den Kopf.
Das Wasser im Schacht hatte schon drei Viertel der Kabinenhöhe erreicht, im Inneren stand es jedoch erst einen halben Meter hoch, denn es tröpfelte nur langsam durch die Tür hinein.
Paige erschien mit Wyatt, Hannah und Ashley vor dem Fahrstuhl.
»Paige! Gott sein Dank, dass Sie es geschafft haben! Wo ist Bill?«
Paige schwieg, die Tränen, die ihr über das Gesicht strömten, machten jedes Wort überflüssig.
»Es tut mir so leid, Paige. Es tut mir wirklich leid, aber wir brauchen Ihre Hilfe.«
Paige stand da und weinte. Die Kinder brachen ebenfalls in Tränen aus.
»Okay«, lenkte Rachel ein. »Bleiben Sie. Im Fahrstuhl sind drei Leute. Sie können helfen, sie zu retten.«
Noch immer stieg das Wasser. Als es das Dach des Fahrstuhls erreicht hatte, stand es innen erst einen Meter hoch, zum Schwimmen war es noch zu flach. Irgendwann ergoss es sich über die Kabinenkante und stürzte durch den Notausstieg mit dreifachem Tempo in den Fahrstuhl. Das Rauschen war nicht laut genug, um die Schreckensschreie der eingeschlossenen Frauen zu übertönen.
42. Kapitel
11:50
22 Minuten bis zum Eintreffen der dritten Welle
Als die zweite Welle gegen den Moana Tower prallte, löste sein Schwanken eine Panik unter den Menschen auf dem Dach aus. Die Evakuierung war bisher glatt verlaufen, alle fünf Minuten war ein Helikopter gelandet und hatte neue Passagiere
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