Todesflut: Thriller
Rettungsinsel war ihre letzte Hoffnung. Kai musste das Risiko eingehen.
Er zog sein Tauchermesser und schnitt vorsichtig, um die Insel nicht zu beschädigen, das Tau durch, mit dem sie befestigt war. Er brauchte etwa eine Minute dafür. Das Wasser zog ihn immer heftiger meerwärts, und kaum war das Tau durchgeschnitten, entglitt ihm die Insel.
Lani hatte aufmerksam zugesehen, im Nu schossen ihre Hände vor und packten die Insel.
Der Stahlträger lag waagerecht mit beiden Enden in den Wänden verkeilt. Die Explosion schien ihn an beiden Seiten aus der Verankerung gerissen zu haben, aber an dem Ende, wo sich Kai befand, war nicht genügend Raum zwischen der Wand und Brad. Hätte er die Insel sich dort aufblasen lassen, hätte sie Brad zerquetschen können. Er würde sie unter das Ende des Stahlträgers in der Nähe der südlichen Wand legen müssen.
Kai traute sich zu, den anderen mit Gesten zu erklären, was er vorhatte, aber er zögerte, ihnen per Zeichen zu vermitteln, wohin er die Insel platzieren wollte. Er legte seine Hand auf Brads Schulter und deutete auf die Insel, damit sein Bruder bereit war, wenn der Träger sich hob. Brad nickte zustimmend.
Teresa und Tom schwammen in der Nähe der Stelle, wo Kai die Insel unter den Träger schieben musste. Er gab ihnen ein Zeichen, seine Füße festzuhalten, denn die Strömung wurde immer stärker, und er befürchtete, das ablaufende Wasser könnte ihn mit sich ziehen. Er wollte keine Zeit damit verschwenden, sich noch einmal anzubinden.
Er durchschnitt sein Tau und wollte gerade losschwimmen, als ihm einfiel, dass sein Schlauch zu kurz war. Er bedeutete Teresa, dass sie die Schläuche tauschen mussten. Sie holten beide tief Luft und reichten dem anderen ihren Atemregler.
Durch Teresa und Tom an den Füßen gesichert, paddelte Kai zum anderen Ende des Stahlträgers. Die Insel hielt er sorgsam fest. Die Strömung hatte noch weiter zugenommen, und das Wasser zerrte heftig an ihm. Er würde sich beeilen müssen.
Einen guten halben Meter von der Stelle entfernt, an der er die Insel platzieren wollte, wurde ihm klar, dass er ohne Sauerstoffversorgung weitermachen musste, wenn er die Insel festhalten wollte, damit sie sich beim Aufblasen nicht verschob.
Er holte tief Luft, ließ sein Mundstück fallen, näherte sich der Wand, schob die Insel unter den Stahlträger und riss an der Leine.
Das Zischen des ausströmenden Gases war zu hören. Die Insel füllte sich ungleichmäßig, ein Ende wölbte sich, das andere war noch flach. Er würde die Insel noch weiter unter den Träger schieben müssen, wenn nicht alles umsonst gewesen sein sollte.
Mit der Schulter gegen die Wand gestemmt, schob er so lange mit der rechten Hand, bis die Insel direkt unter dem Träger war. Mit der Taucherlampe an seinem Handgelenk sah er, wie sie sich unter dem schweren Stahlträger zusammendrückte.
Dann geschah das Wunder. Es ächzte, und der Stahlträger bewegte sich, wenngleich nur wenig. Kai hatte keine Ahnung, wie hoch er steigen musste, damit Brad und Mia sich befreien konnten. Er behielt die Insel fest im Auge, als könnte er ihr so mehr Kraft verleihen.
Der Träger bewegte sich langsam weiter nach oben, geführt von dem Riss, den er in der Wand hinterlassen hatte. Nach etwa dreißig Zentimetern hörte Kai einen Grunzlaut von Brad. Sein Bruder begann sich zu befreien.
Kai hatte fast keine Luft mehr, aber sein Werk war vollbracht. Er kämpfte sich seinen Weg zurück zu Tom und tastete nach seinem Atemregler. Er fühlte die Druckluftflasche, fand den Schlauch und folgte ihm bis zum Mundstück. Gerade noch rechtzeitig drückte er auf den Knopf des Atemreglers. Saubere, trockene Luft füllte seine schmerzende Lunge.
Kai atmete mehrmals tief ein und hielt sich dabei an der Flasche fest. Tom umklammerte seinen Arm. Bevor Kai jedoch Toms Tau ergreifen konnte, um sich zu stabilisieren, traf ihn ein riesiges Trümmerstück, das vom Sog aus dem Gebäude gerissen wurde. Vielleicht hatte es sich gelöst, als der Stahlträger sich gehoben hatte. Es traf ihn im Rücken.
Kai wirbelte um die eigene Achse, der Atemregler wurde ihm aus dem Mund gerissen, und die Strömung zog ihn mit aller Macht in Richtung Meer.
Der Sturzbach, der sich durch den Notausstieg ergoss, füllte schnell die Kabine. Gemeinsam zogen Rachel und Jerry die durchnässte alte Dame auf das Fahrstuhldach.
»Alles in Ordnung?«, erkundigte sich Rachel.
»Alles in Ordnung«, keuchte Doris. »Ich muss nur erst wieder zu Atem
Weitere Kostenlose Bücher