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Todesformel

Todesformel

Titel: Todesformel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Wyss
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streift seine Hand kurz meine Hand, wieder halte ich den Atem an, keine Zeit zum Flirten, ich lache. Wir lachen alle drei, es gibt nichts zu lachen.
    Alja macht ihr spitzestes Gesicht: »Es muss eine Logik darin liegen: Aus meiner Tenne verschwindet diese entsetzliche Kopie. Die Bilder könnten aus einem apokalyptischen Monumentalfilm stammen, hat nicht Nero die Christen einer Straße entlang kreuzigen lassen, von der Stiefelspitze bis Rom, oder war das nach dem Spartakusaufstand, Nero tat es in Afrika? Die Bilder sind der Beweis für die Richtigkeit der Formel. Sie ist verschlüsselt. Wenn diese Kopie verschwindet und wenn die Aktivitäten nach diesem Verschwinden zunehmen, anstatt dass sie aufhören, so heißt das doch, dass man nicht das Richtige gefunden hat. Jemand sucht die entschlüsselte Formel oder den Schlüssel.« Alja schaut Bestätigung heischend, so muss es gewesen sein.
    Sven setzt fort: »Dann können wir einmal Jennifers Logik folgen, du gehst ohne Abstriche von Anfang an davon aus, dass Meret Platen, die die Forschung genauestens kennt, die militärischen Anwendung ablehnt. Man könnte jetzt einmal davon ausgehen, sie wurde erpresst und zog es vor, sich umzubringen. Das heißt, man muss von ihr diesen Schlüssel verlangt haben. Möglicherweise hatte sie ihn als Einzige.«
    Ich rutsche schon fast wieder unter den Tisch: »Falls es stimmt, dass ich bespitzelt werde, könnte es sein, man erwartet, durch mich genau ans Ziel geführt zu werden?« Gehört diese kleine Stimme zu mir?
    Ich friere, möchte mich an Sven lehnen. Stattdessen bitte ich Alja um eine ihrer Zigarillos. Wir rauchen, Alja und ich. Alja bläst gekonnt Rauchringelchen, ihr Räuchlein ist provozierend spöttisch, was denkt sie?
    Alja taucht aus ihrer Abwesenheit auf, schaut uns mit grünen Augen an, zählt mit den Fingern: »Wie viele Zufälle haben wir jetzt? Diese zufällige Begegnung Jennys in Straßburg, die einzig durch Jennys Gefühl, es stimme etwas nicht, auffällt. Eine zufällig auffallende Parallele zu meinem Achim. Per Zufall bin ich damals als Achims Geliebte hier in die Mühle gekommen. Ebenso zufällig war jene Radtour zurück hierher und es war ein absoluter Zufall, dass du genau an diesem Tag hier geboren wurdest. Mein Schicksal dann war es, zufällig ausgerechnet diese Mühle zu kaufen. Zufall war, wie Moshe auf dem Spaziergang die CD-ROM fand. Es entsprach dann meiner inneren Logik, sie zu holen und hier in der Mühle die Kopie zu verstecken. Wir sind jetzt hier, weil ich zufällig aus Sympathie mit Jenny Freundschaft geschlossen habe und weil Jenny zufällig an Ostern hier war, als Meret Platen zufällig ebenfalls einen Besuch machte.« Alja spreizt jetzt die Finger beider Hände. »Zehn Zufälle, das ist denn doch nicht meine Auffassung vom Leben. In einer Biografie gibt es vielleicht einen richtigen Zufall, einen, der Schicksal ist. Ich würde die geschlossene Barriere von damals als Zufall nehmen oder die Tatsache, dass Moshe diese CD-ROM fand, eines von beiden. Da wurde doch gekonnt etwas nachgeholfen, wurden Menschen wie Figuren verschoben und benutzt. Etwas weiß ich sicher, wenn hier in meinem Leben ›Zufälle‹ bewegt worden sind, dann nicht durch mich. Alles beginnt mit Achim, er ist der seltsamste Zufall. Wenn wir heute ein ähnliches Muster sehen, geht das zurück zur Eins, schließt den Kreis.«
    Ich schaue von Alja zu Sven, von Sven zu Alja, Sven schaut ebenso sprachlos, verblüfft, fragend, wo ist der Kreis?
    Alja als Zwilling hat schon wieder parallel gedacht, redet rasch. Sie telefoniert jetzt einmal nach Arles. Sie seufzt, denn nach aller Wahrscheinlichkeit ist Achim heute noch so wie damals, ein Fiesling. Achim könnte andere ausspioniert haben und dies ausgerechnet in der Mühle. Dazu kommt, dass Knut meint, sein wie auch Dorothys Leben hätten sich nach Jennys Adoption in einer Positivspirale bewegt, Jenny habe Wohlergehen und Wohlstand eigentlich gebracht. Dort in der fernen Vergangenheit gab es etwas, das dies zusammenhielt. Also ist es wichtig, für die Wahrheit von heute die Wahrheit von damals zu kennen. Alja muss sich beeilen.
    Alja telefoniert, sie erkennt seine schleppende Stimme. Sie spricht französisch wie er, ihr Generationenzeichen. Sie wird morgen sehr früh losfahren und gegen Mittag bei ihm sein. Sie wird am Abend zurückfahren.
    * * *
    Alja ist von ihrem Blitzbesuch zurück, wir treffen uns an diesem strahlenden Sonntagmorgen bei Alja, ich bringe Claas mit.
    Alja begrüßt uns

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