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Todesformel

Todesformel

Titel: Todesformel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Wyss
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steht eine giftgrüne Espressomaschine. Wir trinken einen überraschend guten Kaffee aus grünen Espressotässchen mit Goldrand, ich schweige, Sven redet, ich höre.
    »Wir benötigen doch beide Fingerspitzengefühl, jetzt, da wir im gleichen Rechtsfall engagiert sind; nicht gerade als Gegenparteien, doch immerhin. Du vertrittst die Rechte deiner Mandantin, falls sie deine Mandantin ist, gerade auch dem Staat gegenüber, und ein Teil des Staates bin eben ich. Wir müssen das irgendwie handeln. Meine Position ist klar: Zunächst ist da der Todesfall eines Wegmachers. Kurz vorher wird einer seiner ›Jass‹-Kollegen in einem Parking in Straßburg erschossen und jetzt wird im gleichen Umfeld ein dritter Mann vermisst, aller Wahrscheinlichkeit nach ist auch er tot. Das sind zwei zu viel, es sprengt die Normalität. Dabei gibt es nicht einen, sondern zwei gemeinsame Nenner: den Ort, ›Holsten‹, und die Frau, Meret Platen. Weil zwei der ›Toten‹ direkt zur ›Delton Biotec‹ gehören, dem mächtigen Konzern schlechthin, werde ich keinen Fehler machen.
    Frau Platen wird vorerst nichts vorgeworfen, dass das klar ist. Sie hat einzig einen Geliebten, der spurlos verschwunden ist. Nun findet ausgerechnet sie dessen Hand, stell dir das doch vor, und zufällig stolpert sie über die Leiche desjenigen, der diese Hand zur Polizei tragen sollte. Also, ich habe Frau Meret Platen am Abend dieses Leichenfunds noch einmal persönlich gesprochen, ich bin nach ›Holsten‹ gefahren. Da sah sie mitgenommen aus, fahle Haut, helle geschwollene Tränensäcke und rote Augen. Wie kam eine Frau Platen dazu, auf den Tod eines Wegmachers emotional zu reagieren? Oder hatte sie getrunken? Ich fragte direkt. Sie schob alles auf den Schock, sie könne das Bild dieser Bienen auf dem Kopf des Toten nicht verdrängen. Ihre Hände zitterten. Es kam mir etwas übersteigert vor. Sie redete gehetzt, ob ich gesichert wisse, dass Felix Gamba an Herzversagen gestorben sei? Auf meine Gegenfrage, was sie dazu denke, ging sie nicht ein. Sie hat mich an ihre Schwester in der Villa verwiesen, sie sei jene, die für Kommissare zuständig sei.«
    »Sie gehört zu ›Holsten‹, das tun andere auch. Ganz ›Holsten‹ steht doch in Verbindung mit der Forschungsabteilung der ›Delton Biotec‹.«
    »Es ist nicht von Nachteil, wenn ausgerechnet du diese Frau Platen vertrittst. Dir vertraue ich nämlich. Erinnerst du dich an unser Strafrechtsseminar, an ›unseren‹ Professor? Weißt du noch die Stimmung? Hingerissen folgten wir seinen Ausführungen, wie er einen weiten Bogen spannte vom Einzelverbrechen über die Grundbefindlichkeit des Menschen zu den Möglichkeiten und Grenzen des Rechts. Dort jeweils ritt er auf der Integrität jener herum, die es zu setzen, wie jener, die es durchzusetzen, und jener, die es zu verteidigen haben. Ohne das Vertrauen in die Integrität aller Mitstreiter sei nichts. Diese Integrität sei die Grundlage jeder demokratischen Gemeinschaft.
    Ich nehme einen Schluck Kaffee, jetzt lächle ich ihn an: »Gut, wenn dieser Punkt klar ist, ich vertraue dir, doch bitte, rasch die Grundlagen zu heute, um halb drei muss ich spätestens hier weg.«
    Sven lehnt sich etwas entspannter zurück, erzählt in knappen Zügen: Er ist ein zweites Mal in die ›Delton Biotec‹ gegangen, er müsse noch einmal mit dem zuständigen Sachbearbeiter der Personalabteilung die Akte Fred Roos besprechen. Damit ist er problemlos durch die Kontrollen gekommen.
    Menschen, die andauernd Karteien füttern, sind einsam, da niemand sich je für ihre Daten interessiert. Sie sind empfänglich für jedes nette Wort. Ein Wort ergab denn auch das andere. Es ging um diesen Mitarbeiter, der in Straßburg erschossen wurde. Sven durfte ein weiteres Mal in diese Personalakte schauen. Herr Raven hatte zu tun, ließ ihn für kurze Zeit allein.
    Sven strahlt. Da war ein weiterer Heimfall in der gleichen Woche, das Gegenteil von ›selten‹. Einloggen und ein Klick, schon hat ihn Sven in sein Notebook übertragen, Yorge Droz, Leiter der Forschung Abteilung K, alles speichern, Notebook weg. Dann fragte er den Sachbearbeiter beiläufig nach diesem Eintrag, Yorge Droz. Raven schaute verständnislos. Er hatte doch gesagt, ›Heimfälle‹ gebe es sehr selten, so gut wie nie. Dann glaubte er an einen Fehler, einen Irrtum, dann empörte er sich. Yorge Droz hatte er für ein ganzes Jahr ausgebucht, der hat sein Sabbatical etwas vorgezogen. Ebenso falsch ist der Vermerk

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