Todesfracht im Jaguar
der sich im
Garten aufhielt und an einem Rosenstrauch herumschnitt. Die Rosen blühten
schönwettermond-gelb. Tim vermeinte, den Duft zu spüren.
„Vielleicht können wir den
Oldie aushorchen“, meinte er leise.
Der Mann trug Shorts, blaue
Schürze und Sandalen, dazu einen Strohhut. Er mochte im Pensionsalter sein und
hatte einen silbergrauen Haarschopf wie ein Kapellmeister alter Schule.
„Eine Heckenrose“, tönte Tim
mit überlauter Stimme, „ist das möglicherweise nicht. Ich frage mich, Karl, ist
es eine Buschrose, eine Wild-, Hunds-, Samt- oder Essigrose. Hm.“
„Ich tippe auf Edellupine“,
meldete sich Klößchen zu Wort, „oder Klatschmohn.“
Dem Gartler schienen sich unter
seinem Strohhut die Haare zu sträuben. Er ließ sein Schnitt-Werkzeug sinken und
wandte sich um.
„Das ist eine Hochstammrose“,
rief er. „Sie ist preisgekrönt.“
Sein Gesicht leuchtete auf. Er
kam herangetappt. Offenbar begrüßte er die Gelegenheit, sich an Jugendliche zu
wenden.
„Interessiert ihr euch für
Rosen?“ fragte er.
„Irrsinnig!“ behauptete Tim.
„Sind Sie Fachmann?“
„Und wie! Anton Söppner ist in
der Fachwelt bekannt. Die schönsten Rosen habe ich schon gezüchtet: die
Centennaire de Lourdes, Schneewittchen, Lichtkönigin Lucia, Dirigent,
Zitronenfalter, Elmshorn, Mozart, Marie Liesa — und wie sie alle heißen. Park-,
Wild- und Strauchrosen. Die Rose ist die Königin der Blumen. Ständig werden
Neuheiten gezüchtet. Ihr wißt sicherlich, was Teehybriden, Polyantha-Hybriden
und Floribunda sind? Demnächst werde ich übrigens eine der herrlichsten neuen
Rosen in meinen Garten einführen: die Märchenkönigin. Dieses blaßrosa
Prachtstück wurde benannt nach einer Dame.“
„Heißt die mit Vor- oder mit
Nachnamen Märchenkönigin?“ erkundigte sich Klößchen.
„Ich glaube, es ist mehr ein
Spitzname, ein Ehrentitel“, antwortete Söppner — und wandte den Blick
gartenwärts, um die Beschneidung seiner Hochstammrose aus der Entfernung zu
überprüfen.
„Ich liebe alle Rosen“, sagte
Tim: „Zwergrosen, Kletterrosen, bodenbedeckende — und Hochstammrosen. Natürlich
auch Duft- und Schnittrosen. Aber als moderner Mensch kann man ja Interesse und
Leidenschaft nicht nur an ein Hobby binden. Nein! Deshalb interessieren wir uns
auch sehr für schnelle Sportwagen. Besonders für Porsche.“
„Daran tut ihr recht.“ Söppner
sah wieder her, beugte sich über den Zaun und fragte, ob Oskar bissig sei. Nach
beruhigender Auskunft kraulte er ihm den Kopf.
„Ich meine“, fuhr er fort, „daß
ihr euer Interesse teilt, ist richtig. Ich bin zum Beispiel fanatischer
Kunstsammler. Rosen und Gemälde — das ist meine Welt.“
„Eine schöne Welt“, nickte Tim.
„Jedenfalls riecht sie nicht
nach Abgasen“, sagte Klößchen.
„Wie der schwarze Porsche“,
ergänzte Karl, „der dort drüben in der Einfahrt steht. Ein schwarzer Porsche
mit Goldbuchstaben an der Tür. D. B. — wie Deutsche Bundesbahn. Aber die fährt
ja auf Schienen.“
Nur mühsam unterdrückte Gaby
ein Kichern. Irre geschickte Gesprächsführung, dachte sie. Gleich haben sie ihn
dort, wo er hinsoll.
Söppners Gesicht verfinsterte
sich.
„Der Lümmel von Browski“,
verriet er, „fährt diesen Kreuzungsschreck. Aber wieso steht die Karre in der
Einfahrt? Ich meine, der Lümmel ist gerade weggefahren. Ich hörte, wie er
seinem Alten zurief, er wolle ins Fitneß-Studio ‚Goldener Muskel’.“
Da hat Karl vorbeigehauen,
dachte Tim — und rückte die Aussage eiligst zurecht: „Er stand dort, der Porsche.
Jetzt steht er nicht mehr. Er kam uns entgegen. Mit so einem Lümmeltyp drin. Es
gibt also einen jungen und einen alten Browski, ja? Aber Ihre Freunde sind das
nicht?“
„Den jungen kenne ich kaum“,
erwiderte Söppner. „Der war lange in den USA und kam jetzt erst zurück. Aber
mit dem Alten bin ich spinnefeind — schon seit Jahren. Kommt dem nicht zu nahe.
Das ist ein Verbrecher.“
„Wirklich?“
„So wahr ich Kunstsammler bin.
Er nennt sich Immobilienmakler, aber das ist nicht die Hauptsache. Ich vermute,
er ist Waffenschmuggler — auf internationaler Ebene. Wahrscheinlich beliefert
er Rebellen und Terroristen in aller Welt — vorausgesetzt, daß die bezahlen
können. Die Polizei hat auch schon gegen ihn ermittelt. Aber es ist nichts
dabei rausgekommen.“ Tolle Info! dachte Tim. Fragend sah er Gaby an. Aber sie
wußte nichts über Browski und zuckte unmerklich die Achseln.
„Ihr erzählt das
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