Todesfracht
durch die Gegend«, konterte Zayysev, »mehr als genug, um jeden verzweifelt zu machen.«
Der Anwalt wollte gerade etwas darauf erwidern, als außerhalb der Lagerhalle ein lautes Krachen ertönte und alle erschrocken zusammenzuckten. Eine Sekunde später war der unverkennbare Klang von Schüssen aus schallgedämpften Waffen zu hören. Einer von Zayysevs Männern stieß einen erstickten Schrei aus, der durch eine weitere Salve abgeschnitten wurde.
Zayysev zog seine Pistole aus dem Holster und den Schlitten zurück. »Bleib hier«, befahl er Ludmilla. Er durchquerte den Raum zur offenen Tür, wobei er sich geduckt hielt. Draußen fielen weitere Schüsse. Er schob sich über die Schwelle, hielt die Pistole ausgestreckt im Anschlag und schaute sich wachsam um. Er fluchte und feuerte viermal, um den Weg aus dem Büro freizuhalten. Er machte einen vorsichtigen Schritt nach draußen und feuerte abermals auf eine dunkle Gestalt, die hinter dem Sattelschlepper Deckung suchte. Nun drehte er sich halb zur Seite, um Ludmilla eine weitere Anweisung zu geben, als ein längerer und brutaler Feuerstoß ihn erwischte und vom Knie bis zur Brust durchlöcherte. Die Wucht des halben Dutzends Kugeln schleuderte ihn zurück ins Büro, wo er gegen einen Schreibtisch prallte und auf dem Fußboden landete. Seine Brust war eine einzige bluttriefende Wunde.
Das Glasfenster zum Lagerhaus explodierte unter fast lautlosem Maschinenpistolenfeuer in einem Splitterregen. Kugeln flogen durch den Raum, schlugen Funken aus Stahlmöbeln und gruben tiefe Furchen in die billige Holztäfelung. Geschmeidig wie eine Katze warf sich Ludmilla auf Isphording und schirmte ihn ab, bis sie ihre eigene Waffe aus dem Holster holen konnte.
Sie rollte sich von ihm herunter, während eine Gestalt in dem nun leeren Fensterrahmen drohend auftauchte. Das Gesicht des Schützen wurde von einer karierten Kaffiyeh umrahmt, wie sie von Palästinensern getragen wird. Er entdeckte Ludmilla und riss das Sturmgewehr an die Schulter. Sie feuerte zuerst, und Isphording musste mit ansehen, wie der Kopf des Arabers regelrecht auseinanderflog. Blut und rosige Gehirnfetzen spritzten auf die Wand hinter ihm und schufen dort ein obszönes Rorschach-Bild. Ein anderer Moslem übernahm seinen Platz und beharkte das Büro mit seinem Schnellfeuergewehr. Ein Stück Fleisch wurde aus Ludmillas Arm gerissen, und dann fing sie sich zwei weitere Treffer in der Magengegend ein. Sie stieß einen halblauten Schmerzenslaut aus, während sie auf den schmutzigen Linoleumboden sank und in einer Pfütze ihres eigenen Blutes liegen blieb.
Der Angriff war so blitzschnell und brutal erfolgt, dass Isphording zu benommen war, um sich zu rühren. Der Geruch von Blut und Schießpulver erfüllte das kleine Büro. Der Angreifer – es musste derjenige sein, der Zayysev getötet hatte – betrat den Raum. Er ging hinüber zu Ludmillas verkrümmtem Körper, drehte ihre Leiche mit dem Fuß um, um ihre Wunden besser sehen zu können. »Gut gezielt, Mohammad«, sagte er auf Arabisch zu dem Schützen am Fenster. Der Terroristenführer nahm die Kaffiyeh von seinem Gesicht und betrachtete Isphording.
Seine Gesichtszüge waren kantig und drohend, und in seinen Augen loderte der Hass. »Ich weiß, dass du meine Sprache sprichst«, sagte er zu Isphording weiter in arabischer Sprache.
»Du hast für den Vorsitzenden Arafat gearbeitet und Geld auf die Seite gebracht, das gespendet worden war, um den Kampf gegen die Amerikaner und die Juden zu finanzieren.«
»Die anderen sind alle tot, Rafik«, meldete Mohammad von außerhalb des Büros. »Das Gebäude gehört uns.«
»Habe ich dir nicht gesagt, dass sicher irgendwer versuchen würde, dieses Schwein aus dem Gefängnis zu befreien?« Rafik bedachte Isphording mit einem derart überheblichen und den Tod verheißenden Grinsen, dass der Anwalt die Gewalt über seine Blase verlor. »Wir brauchten nichts anderes zu tun als zu warten.«
Rafik klappte ein Schnappmesser auf, dessen scharfe Schneide im Licht der Neonröhren von der Decke funkelte. »Und jetzt wollen wir mal über Geld sprechen.«
17
R udolph Isphording machte sich niemals viele Gedanken über die Leute, deren Geld er wusch. Er hatte sich vor seinen Mandanten abgeschirmt, sodass sie nicht mehr für ihn waren als Zugriffscodes für Bankkontoauszüge oder undeutliche Unterschriften auf juristischen Dokumenten. Sich selbst hatte er immer als einen Zahlenmenschen betrachtet, jemanden, der sich hinter einem
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