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Todesfracht

Titel: Todesfracht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler
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während die Arbeitsgruppen in der Morgenkälte nach draußen geführt wurden, war ein riesiges Schiff in der Bucht erschienen. Eddie hielt auf der Rampe, die zum Strand führte, kurz inne, um festzustellen, dass es ein schwimmendes Trockendock war, und nahm irrtümlich an, dass es die
Maus
wäre und nicht ihr Schwesterschiff. Selbst auf diese Entfernung war der Gestank, der aus dem Riesen mit seinem schwarzen Rumpf aufstieg, übermächtig. Möwenschwärme stürzten sich immer wieder auf die offenen Bullaugen, um sich an dem Abfall zu laben, der nach draußen quoll.
    Während ein Wächter Eddie mit einem Stockhieb in die Nieren zur Eile antrieb, wurde ihm klar, dass er da ein Sklavenschiff vor sich sah, das mit Arbeitern beladen war, die diejenigen ersetzen sollten, die entweder gestorben oder so schwach waren, dass sie sich nicht mehr von ihren Kojen erheben konnten, ganz gleich, wie brutal sie geschlagen wurden. Er fragte sich, wie viele Hunderte oder Tausende bereits umgekommen waren, nur um durch einen Strom hoffnungsvoller Immigranten ersetzt zu werden, die glaubten, sich ihre Chance auf die Freiheit erkauft zu haben.
    »So wurde ich hergebracht«, sagte Tang, einer seiner Mitbewohner, während sie den glitschigen Berghang hinauf trotteten.
    Tang war auch derjenige, der gesagt hatte, dass er sich schon seit vier Monaten an diesem Ort befand. Sein Körper war klapperdürr, und Eddie konnte durch sein zerrissenes Hemd deutlich das Brustbein und die Rippen sehen. Er war siebenundzwanzig Jahre alt, sah jedoch aus wie sechzig. »Wir wurden auf ein altes Schiff geladen, und dann wurde dies von einem noch größeren Schiff wie diesem da draußen verschluckt. Wenn man sich das überhaupt vorstellen kann … aber die Reise hierher war noch schlimmer als die Arbeit, zu der sie uns nun zwingen.«
    Als sie ihre Eimer für den langen Marsch hangabwärts gefüllt hatten, tauchte ein mit Rost bedecktes Schiff aus dem Bauch des Schwimmdocks auf, und Arbeiter warfen große Bündel von seinem Deck herab.
    »Leiber«, sagte Tang. »Ich wurde gezwungen, das zu tun.
    Wir mussten die Leichen von denen über Bord werfen, die die Reise nicht überlebt hatten.«
    »Wie viele?«
    »Einhundert, vielleicht auch mehr. Ich selbst musste die Leichen meiner beiden Cousins und meines besten Freundes wegräumen.«
    Tang wurde nicht langsamer, aber Eddie konnte feststellen, dass ihm die Erinnerung heftig zusetzte. »Ziehen sie das Schiff jetzt an den Strand und benutzen sie es, um mehr Arbeiter darin unterzubringen?«
    »Zuerst stapeln sie Steine drumherum auf und verhüllen es mit Netzen, damit es aus der Luft nicht zu erkennen ist.«
    »Was ist mit dem Wasser? Der ganze Betrieb ist doch vom Meer aus ungehindert einzusehen.«
    Tang schüttelte den Kopf. »Außer den beiden Fischerbooten habe ich noch kein anderes Schiff gesehen, seit ich hier angekommen bin. Ich vermute, wir sind von jeder Schifffahrtslinie so unerreichbar weit entfernt, dass kein Schiff in unsere Nähe kommen kann.«
    Sie hatten soeben die Waschtröge erreicht, da fiel Eddie plötzlich nach hinten auf den Rücken, als hätte jemand einen Teppich unter ihm weggezogen. Benommen sah er sich um und gewahrte, dass Hunderte anderer ebenfalls gestürzt waren. Und in diesem Moment spürte er auch, wie der Untergrund bebte und schwankte.
    Noch während ihm sein Verstand sagte, dass es ein Erdbeben war, ließen die Erschütterungen schon wieder nach, doch ein dumpfes Dröhnen dauerte an: wie das Echo eines fernen Donners.
    Er kam auf die Füße und entfernte, so gut es ging, den Morast, der an seinen Kleidern kleben geblieben war. Seine Aufmerksamkeit und schon bald auch die jedes anderen in der Mine wurde nach oben auf den mittleren Berggipfel gelenkt, der den Grubenplatz hoch überragte. Dampf und dunkle Asche quollen aus einer Öffnung in der Nähe des Gipfels hervor und bildeten eine Wolke, die sich ausbreitete und schon bald die Sonne verdecken würde. Blitze zuckten wie Elmsfeuer um die Bergspitze.
    Die Tür des Trennbetriebs flog auf, und ein Mann kam herausgerannt, während er sich die Gasmaske vom Gesicht riss. Er war der erste Weiße, den Eddie in der ganzen Zeit zu Gesicht bekommen hatte.
    »Das ist Jan Paulus«, flüsterte Tang, während der Mann auf sie zurannte. »Er ist hier der Aufseher.«
    Jan Paulus war ein kräftiger Mann mit breiten Schultern, verwitterten Gesichtszügen und Händen – so groß wie Ambosse.
    Er blieb ein paar Schritte von Eddie und Tang entfernt

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