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Todesfracht

Titel: Todesfracht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler
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armen Teufel in der Schmelzhütte enormen Mengen Quecksilberdampf, einem der aggressivsten Toxine in der Natur, ausgesetzt waren.
    Diese wenigen Sekunden, in denen er sich einen Überblick über die gesamte Anlage verschaffte, waren die letzten Momente, in denen ihm die Gemeinheiten seiner Peiniger erspart blieben. Er und die anderen, die mit ihm der Schlange von Shanghai hierher gefolgt waren, erhielten den Befehl, sich in einer Reihe aufzustellen. Ein indonesischer Wächter legte eine kleine Kette um seinen Hals. Daran hing eine Marke mit einer Identifikationsnummer. Ein anderer Wächter trug die Nummer in ein Hauptbuch ein, und dann wurden sie zu einem der aufgegebenen Kreuzfahrtschiffe geführt. Dort wurden ihnen ungeheizte Kabinen zugewiesen. Während das Schiff niemals, ganz gleich nach welchem Standard, als luxuriös hatte bezeichnet werden können, so waren die Kabinen jetzt mit Kojen vollgestopft, sodass sich zehn Männer einen Raum teilen mussten, der eigentlich für zwei Personen bestimmt gewesen war. Der darin herrschende Gestank ließ keinen Zweifel daran, dass die sanitären Anlagen des Schiffes längst nicht mehr in Gebrauch waren, und sogar so tief im Schiff war es derart kalt, dass Eddie seinen Atem als feinen weißen Nebel sehen konnte. Zu jeder Koje gehörte eine einzige schlammverklebte Decke, und die Matratzen waren feucht und schimmelig. Es gab keinen Platz, wo sich die Arbeiter hätten abtrocknen können, daher ließen sie sich am Ende ihrer Schicht einfach in ihre Betten fallen, nass und dreckig wie sie waren.
    Ein Wächter trieb ihn weiter. Ihm und den anderen wurde gezeigt, wo sie in Zukunft zu essen hätten. Und zwar im ehemaligen großen Speisesaal des Kreuzfahrtschiffes. Sämtliche Möbel waren längst verschwunden und jegliche Verzierung war von den Wänden entfernt worden. Der Fußboden bestand aus nacktem Stahl, und dort nahmen die Arbeiter ihre Mahlzeiten ein.
    Die Gruppe musste eine Schlange bilden, und jeder nahm sich eine schmutzige Blechschüssel von einem Stapel. Ein Chinese, der einen Arm in einer Schlinge trug, schöpfte mit der freien Hand Reis in die Schüssel. Neben ihm verteilte ein anderer behinderter Arbeiter eine graurosa Sauce aus einem großen Topf über den Reis.
    Die Mischung enthielt noch einen winzigen Rest an Wärme und schien im Grunde kaum für den menschlichen Verzehr geschaffen. Später sollte Eddie erfahren, dass die Betreiber der Goldmine regelmäßig zwei Fischerboote losschickten, um den Ozean abzugrasen. Alles und jedes, was sich in ihren Netzen fing, wurde anschließend in einen riesigen Schredder gekippt, um die größeren Stücke zu zerkleinern, und dann verflüssigt. Fünf Minuten, nachdem er auf dem Fußboden einen freien Platz gefunden hatte, um den Übelkeit erregenden Fraß hinunterzuwürgen, spannte der Wächter seine Waffe und rief: »Los, auf die Beine!«
    Da er wusste, dass er sich seine Kraft erhalten musste, kippte sich Eddie den Rest aus der Schüssel einfach in den Mund und schlang die stinkende Masse zusammen mit seiner Galle hinunter. Fischschuppen kratzten in seiner Kehle.
    »Ihr habt jetzt was zu essen bekommen, weil ihr eben angekommen seid«, fuhr der Wächter fort. »Von jetzt an gibt es die Verpflegung erst am Ende der Schicht.«
    Die Männer wurden wieder nach draußen geführt. Zum ersten Mal spürte Eddie den Wind, eine konstante Brise, die vom Meer kam, durch seine Kleider drang und mit seinen Knochen spielte.
    Der Wind brachte auch winzige Partikel Asche mit – er tippte auf vulkanische Herkunft –, was seine Vermutung bestätigte, dass er sich auf der Halbinsel Kamtschatka befand. Sie erhielten den Befehl, Eimer den Berg hinaufzuschleppen, und während Eddie den ersten von hundert qualvollen Aufstiegen an diesem Tag begann, tätschelte er den fleischigen Teil seines Oberschenkels, wo Doc Huxleys Peilsender eingepflanzt worden war.
    Er war weit entfernt von der
Oregon
, doch er wusste, dass er nicht allein war. Es würde einen, höchstens zwei Tage dauern, ehe Juan hier mit einem Team landete, und dann wäre der Albtraum beendet, ehe er richtig begonnen hatte.
    In dieser Nacht hatte er Gelegenheit, mit den Männern zu reden, die seiner Kabine zugeteilt waren. Es gab keinen elektrischen Strom, daher unterhielten sich die erschöpften Arbeiter flüsternd in der Dunkelheit. Sie alle erzählten ähnliche Geschichten darüber, wie sie als illegale Immigranten in Frachtcontainern aus China herausgeschmuggelt worden waren. Sie

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