Todesfracht
zwei- oder dreimal so viel, wie aufgewendet werden musste, um die Ebene darüber einzurichten.
Wir würden zwar an das Gold herankommen, aber die Ausgaben würden den Gewinn bei Weitem überwiegen.«
»Dann müssen wir alternative Goldquellen finden. Russland vielleicht? Kanada? Die Vereinigten Staaten?«
»Nicht genug, um das Defizit auch nur andeutungsweise auszufüllen«, antwortete Volkmann. »Außerdem verteuern Umweltschutzmaßnahmen in Nordamerika die Unze Feingold um dreißig bis vierzig Dollar.«
»Wie steht es mit Explorationsmaßnahmen? Wir entwickeln neue Bergwerke, schaffen es vielleicht, in den chaotischen Minen Brasiliens für Ordnung zu sorgen, damit sie ihre Produktion steigern können.«
»Selbst unter Einsatz der modernsten Maschinen und mit einem funktionierenden Management sind die Goldadern in Brasilien nicht ergiebig genug, um damit auch nur einen Panzerwagen pro Jahr zu füllen«, erwiderte Bryce. »Und was die Exploration betrifft, da draußen gibt es regelrechte Goldflöze. Wir kennen sogar die genaue Position von einigen. Es würde Jahre dauern, nur um sich durch die Bürokratie zu kämpfen, um Schürfrechte zu erwerben … und danach muss man Milliarden Dollar investieren, um auch nur eins dieser Bergwerke technisch auf den Produktionsstand zu bringen, den Sie, Gentlemen, fordern.«
»Dann liegt die Lösung doch auf der Hand«, sagte ein Franzose in das kurze Schweigen nach Bryces düsterer Einschätzung. »Wir müssen die Zentralbanken dazu bringen, ihre Reserven nicht zurückzufordern. Vielleicht können wir ihnen einen günstigeren Zinssatz anbieten, um uns ihrer Kooperationsbereitschaft zu versichern.«
»Das wäre allenfalls eine vorübergehende Lösung«, wandte ein anderer New Yorker ein. »Wir können uns nicht dauernd unserer Verpflichtung entziehen.«
»Aber wenn wir Zeit gewinnen, um die Tresore der Zentralbanken zu füllen, können wir stabile Preise erhalten und vermeiden, was geschah, als mein Land den Goldverkauf bekanntgab.«
»Und wenn das
Wall Street Journal
mit dieser Story rauskommt«, entgegnete der New Yorker, »was dann? Die Leute werden verlangen, das Gold mit eigenen Augen zu sehen, dessen Existenz ihnen von ihrer Regierung garantiert wurde. Der Durchschnittsbürger glaubt, dass in Fort Knox ein Tresor existiert, der randvoll mit dem Edelmetall gefüllt ist. Er wird nicht sehr glücklich sein, wenn er erfährt, dass der Tresor bis auf einen Stapel wertloser Schuldscheine leer ist. Er wird in Panik geraten, weil die Regierung über eine Angelegenheit Lügen verbreitet hat, über die sie in der Vergangenheit niemals gelogen hat, nämlich die Sicherheit der Dollarwährung.«
»Was genau der Grund dafür ist, weshalb ich anfangs von einer Krise von nie dagewesenem Ausmaß gesprochen habe«, sagte Volkmann. »Wir haben das Fundament des kapitalistischen Systems entfernt, und sobald die Öffentlichkeit davon erfährt, wird alles wie ein Kartenhaus zusammenbrechen.«
Der Schweizer Bankier hielt inne und ließ den Blick durch den Raum schweifen. Er sah, dass er ihre ungeteilte Aufmerksamkeit hatte, und konnte an ihren düsteren Mienen erkennen, dass einige von ihnen bereits ahnten, was er sagen würde, obgleich sie keinerlei Einzelheiten kannten. Er trank einen Schluck Wasser, ehe er fortfuhr. »Während der vergangenen sechs Jahre hat Deutschland eine Reihe falscher wirtschaftspolitischer Entscheidungen getroffen. Die Folgen haben das Land von Europas industrieller Zugmaschine in etwas verwandelt, das einem Wohlfahrtsstaat ähnelt. Die Produktivität ist gesunken, die Arbeitslosigkeit hat den von der EU erlaubten Höchststand erreicht, und in Kürze wird die Regierung vor der Situation stehen, ihre überaus großzügigen Renten nicht mehr zahlen zu können. Mit einem Wort, Deutschland ist im Begriff pleitezugehen. Ich habe vor zwei Wochen erfahren, dass sie ihre sämtlichen Goldbestände verkaufen werden.«
Das kollektive Atemanhalten verriet, dass allen Anwesenden klar war, dass sie auf eine Katastrophe zurasten.
»Das sind sechstausend Tonnen, Gentlemen – oder grob gerechnet die Menge, die Südafrika in zwei Jahren zutage fördert.
Zur Zeit sind in Bonn und Berlin nur zweitausend Tonnen verfügbar. Wir müssen die fehlenden viertausend Tonnen also irgendwie beschaffen.«
»Wie schnell?«, fragte der Franzose und hatte seine anfängliche Großmäuligkeit inzwischen eingebüßt.
»Ich bin mir nicht sicher«, erwiderte Volkmann. »Um die Preise halbwegs
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