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Todesfrauen

Todesfrauen

Titel: Todesfrauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Beinßen
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können und bis in den letzten Winkel des Globus Cola und Burger an den Mann bringen zu müssen. Vor allem missfiel es ihm, dass sich die Amis im Jugoslawienkonflikt mehr und mehr auf die Seite der Feinde Serbiens stellten. Nicht dass Vladi die Politik seiner Landsleute guthieß, aber im Herzen war und blieb er ein überzeugter Patriot und stand zu seinem Heimatland, komme, was wolle.
    Und nun spielte er ausgerechnet für einen US-Amerikaner den Handlanger, einen Ex-GI noch dazu. Er paktierte sozusagen mit dem Gegner seines Volkes, was ihm zunehmend Bauchschmerzen bereitete.
    Noch etwas kam hinzu: Die Jobs, die er bisher für Spencer erledigt hatte, waren relativ simpel und überschaubar gewesen. Natürlich war ihm bewusst, dass es keine sauberen Geschäfte waren, die der Amerikaner abwickelte. Somit füllte Vladi die Rolle des Handlangers eines Hehlers aus. Er verstieß damit – genau genommen – gegen das Gesetz und machte sich wahrscheinlich aller möglichen Delikte schuldig. Doch niemals war bisher ein Mensch zu Schaden gekommen. Darauf legte Vladi allergrößten Wert. Denn mit kleinen Ganoven zu kooperieren war die eine Sache, mit Gangstern eine ganze andere. Diesmal konnte er sich aber ganz und gar nicht sicher sein. Vordergründig hatte er diese beiden Frauen, Gabriele und Sina, in einen Gemälde-Deal verwickelt. Er hatte sie geködert und mit Spencer zusammengeführt. Damit hatte er seine Aufgabe erfüllt und sollte sich keine weiteren Gedanken mehr über diese Angelegenheit machen. Doch Vladi wurde den Gedanken nicht los, dass die Sache mit den Bildern nur als Vorwand gedient hatte. Spencer und seine Hehlerwaren hielten möglicherweise nur dafür her, um die Frauen an einen ganz bestimmten Ort zu locken. Dass sie auf den Treffpunkt in Jugoslawien nicht eingehen würden, war von Anfang an klar gewesen. Man hatte folglich ganz bewusst darauf spekuliert, später einen neuen Treffpunkt aus dem Hut zu zaubern. Ein zweites Mal konnten die Frauen den vorgeschlagenen Ort schwerlich ablehnen, und Vladi war sich ziemlich sicher, dass sie eingewilligt hatten. Nun beschäftigte ihn die Frage, was Spencer dort wirklich mit ihnen anstellen wollte – und ob vielleicht noch jemand anderes hinter all dem steckte, der Böses im Schilde führte.
    Wie auch immer! Vladi drehte seine Musikanlage auf und ließ sich auf sein Schlafsofa plumpsen. Er konnte doch sowieso nichts tun. Er war eben nur ein kleines Rädchen im Getriebe.

14
     
    Sie lebten! Diese Erkenntnis, verbunden mit einem Schub ungeheurer Erleichterung, schoss Sina durch den Kopf, während sie die Augen aufschlug und versuchte, ihren geschwächten Körper aufzurichten. Gabriele lag gleich neben ihr. Auch sie bewegte sich und schien langsam das Bewusstsein wiederzuerlangen. Sina atmete auf. Dann hob sie den Blick, um sich zu orientieren: Sie befanden sich in einem einfach eingerichteten Raum. Annähernd quadratisch, die fensterlosen Wände mit einer blassblau und weiß gestreiften Tapete versehen, an einer Seite befand sich eine Tür. Die Einrichtung fiel ebenso schlicht aus und bestand lediglich aus einem Tisch mit zwei Stühlen, einer Anrichte sowie einem gerahmten, nichtssagenden Bild an der Wand. Es stellte eine Gebirgslandschaft dar. An der Decke hing eine Lampe mit cremefarbenem Lampenschirm. Der Raum war zwar sparsam möbliert, doch machte er nicht im Geringsten den Eindruck einer Gefängniszelle oder eines Verschlages, um jemanden wegzusperren.
    Sina fragte sich, in wessen Wohnung sie sich hier befanden und warum man sie hergeschafft hatte. Sie saß nun mehr oder weniger aufrecht auf dem Boden, noch immer von Schwindelgefühlen geplagt, und stupste ihre Freundin vorsichtig an.
    Gabriele stöhnte. »Oh, mein Kopf«, murmelte sie und stützte sich auf ihren Armen ab. Als sie blinzelnd die Augen öffnete, fragte sie: »Wo sind wir? Im Himmel jedenfalls nicht.«
    »Aber auch nicht in der Hölle«, meinte Sina und freute sich, Gabrieles Stimme zu hören. »Unsere Kidnapper haben uns wohl eine Schonfrist gegeben.«
    Gabriele sah sich um und kam zu demselben Schluss wie zuvor schon Sina: Sie wurden in einer Wohnung gefangen gehalten. Offenbar hatte man sie vom Truppenübungsplatz weggeschafft und nach dem Abklingen der Betäubung an diesem Ort wieder wach werden lassen. Eine Wohnung in einem verlassenen Haus? Oder gab es Nachbarn? Hatten sie möglicherweise die Chance, auf sich aufmerksam zu machen?
    Gabriele fühlte, wie sie allmählich zu Kräften kam, und

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