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Todesfrauen

Todesfrauen

Titel: Todesfrauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Beinßen
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recht proletenhafter Fettwanst fragte: »Bin ich hier in dem Laden, wo alles verramscht wird? Räumungsverkauf, was? Na, egal. Meine Alte steht auf so antikes Zeug. Da kann ich bei Ihnen bestimmt ein schönes Schnäppchen machen.«
    Der Prolet blieb nicht der Einzige. Wie Friedhelm feststellen musste, hatte sich die Klientel der Besucher insgesamt verändert: Während am Vortag neben einigen zufälligen Neukunden vorwiegend Stammpublikum erschienen war, das schon seit längerer Zeit mit dem Kauf des ein oder anderen Exponats geliebäugelt hatte, handelte es sich heute um eine Meute von Billigheimern. Sie gingen grob und wahllos auf die Suche nach den besten Preishits, sodass sich Friedhelm sehr bald vorkam wie auf einem Flohmarkt. Alles wurde angefasst, hochgehoben oder verschoben. Es wurde gefeilscht und verhandelt auf Teufel komm raus. Um manches rare Stück entbrannten gar Kämpfe, die den turbulenten Szenen an Wühltischen eines Sommerschlussverkaufs frappierend ähnlich sahen.
    Friedhelm wurde dem Trubel kaum Herr. Schließlich zog er sich hinter seine Kasse zurück und überließ das Feld mehr oder weniger hilflos den Schnäppchenjägern.
    Zwar verkaufte er noch weitaus mehr als am Vortrag, doch er kam sich dabei zusehends schäbig vor. Was er bis vor Kurzem für einen kaufmännischen Geniestreich gehalten hatte, erschien ihm nun wie der Ausverkauf einer langjährigen Familientradition. Was, fragte er sich, würden Mama und Papa davon halten?
     
    Vladi? Als Diehl diesen Namen hörte, ließ er alles andere stehen und liegen, um Kleinhans in dessen Büro zu folgen. Denn dieser Name war ihm durchaus geläufig. Immer wieder hatte er ihn aufgeschnappt, jeweils in Verbindung mit Gabriele und Sina. Er hatte dem bislang nie eine besondere Bedeutung zumessen wollen und ihn lediglich für einen Taxichauffeur gehalten, der wohl ab und zu auch Botengänge und Kurierfahrten für Gabriele übernommen hatte.
    Dass Vladi beim Stehlen erwischt worden war, erschütterte nicht gerade Diehls Weltbild, denn das, was er über diesen Jungen wusste, ließ ihn als halbseiden erscheinen. Gleichwohl war er nun brennend daran interessiert, mit ihm zu sprechen und dadurch hoffentlich endlich etwas über Gabrieles Verbleiben zu erfahren.
    Der junge Mann saß mit hängenden Schultern im Büro des Kollegen. Er war blass und in sich zusammengefallen, sodass seine abgewetzte Lederjacke, die er über einem grauen Pullover trug, wie zwei Nummern zu groß aussah. Diehl blieb zunächst im Türrahmen stehen, bedachte Vladi mit einem strengen und vorwurfsvollen Blick und gab Kleinschmidt mit knapper Geste zu verstehen, ihn mit dem Häftling allein zu lassen.
    Diehl schob einen Stuhl zurück und setzte sich Vladi gegenüber. »Also?« Seine mächtige Bassstimme füllte den kleinen Raum mühelos. »Was haben Sie mir zu sagen?«
    Vladi wagte es kaum, den Kommissar anzusehen. Er guckte nur kurz auf und fixierte daraufhin die Tischplatte. »Ich sitze in der Klemme«, nuschelte er.
    »Ja, das kann man wohl sagen. Auf frischer Tat ertappt.« Diehl ließ keinerlei Mitleid aufkommen.
    »Eine schöne Schande ist das. Wegen einer läppischen CD.«
    »Diebstahl bleibt Diebstahl.«
    »Ja, aber ich bin vorbestraft, verdammt! Wenn die Anzeige durchkommt, buchtet der Richter mich ein. Dann sitze ich im Knast oder werde abgeschoben, verflucht!«
    »So sieht es aus, ja.«
    Vladi mahlte mit den Zähnen. Dann nahm er all seinen Mut zusammen und hob den Blick. »Können Sie da nicht was tun?«, fragte er sehr direkt.
    Diehl blieb – obwohl innerlich höchst angespannt – gelassen: »Was sollte ich denn tun? Und vor allem: Warum sollte ich etwas für Sie tun?«
    Vladi atmete stoßartig ein und aus. »Ich weiß doch Bescheid über Sie. Dass Sie hinter der Antiquitätenhändlerin her sind, der Doberstein!«
    Diehl spürte, wie sich sein Herzschlag erhöhte. Er drehte sich um, vergewisserte sich, dass die Bürotür geschlossen war. Danach wandte er sich dem Jüngeren zu: »Damit das von vornherein klar ist«, sagte er scharf. »Ich lasse mich auf keine Spielchen ein. Ich möchte Klartext von Ihnen hören. Was haben Sie mir über Frau Doberstein zu sagen?«
    Vladi bekämpfte seine Angstgefühle und begann zu pokern: »Ich könnte Ihnen sagen, wo sie ist und mit wem sie sich getroffen hat.«
    »Ein ›könnte‹ reicht mir nicht. Sagen Sie mir, was Sie wissen. Sofort!«
    »Nein, so läuft das nicht«, wagte sich Vladi weiter aus der Deckung. »Ich möchte einen

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