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Todesfrist

Todesfrist

Titel: Todesfrist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gruber
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Ihnen«, sagte Sabine.
    Sneijder griff in die Gesäßtasche und nahm ein schmales Lederetui hervor, das er aufklappte. Im Schein des Displays sah Sabine ein Set mit Dietrich, Minifeile, Nagelschere und Taschenmesser. »Das ist besser als ein Schweizer Taschenmesser.«
    »Warum mussten Sie dann die Tür aufbrechen?«
    »Mit dem Dietrich konnte ich noch nie umgehen.« Er schnitt die Kabelbinder mit der Schere durch.
    Die Frau stöhnte vor Schmerzen auf, als sich die Plastikkanten ins offene Fleisch ihrer Gelenke bohrten.
    »Gleich haben wir es. Wie ist Ihr Name?«
    »Ursula …«, stöhnte sie.
    »Sie machen das prima, Ursula. Sie sind tapfer. Einen Moment noch.«
    Sie bäumte sich auf, als er ihr die Fessel vom Fußgelenk schnitt.
    Sneijder wandte sich an Sabine. »Hier unten ist kein Empfang.« Er gab ihr das Handy. »Gehen Sie nach oben, und rufen Sie einen
Krankenwagen. Wählen Sie den Euro-Notruf eins-eins-zwo. Die Polizei wird Sie zur Rettung weiterverbinden. Wenn Sie wieder runterkommen, nehmen Sie eine Decke und eine Wasserflasche mit.«
    Sabine verließ das Kellerloch und ließ Sneijder im Dunkeln zurück.
    »Keine Angst, Ursula. Gleich kommt Hilfe. Sie sind in Sicherheit«, hörte sie seine ruhige und einfühlsame Stimme. »Erschrecken Sie nicht, Ursula. Ich taste Sie nach Knochenbrüchen oder inneren Verletzungen ab …«
    Diesen Ton hätte Sabine ihm nicht zugetraut. Wenn er wollte, konnte er sogar nett sein.
    Sie ging nach draußen in den Innenhof und inhalierte gierig die frische Luft. Die neugierigen Zuschauer waren mittlerweile wieder in ihren Wohnungen verschwunden. Sie wählte die Notrufzentrale und forderte Arzt und Krankenwagen für eine dehydrierte und abgemagerte Frau an. Nachdem sie ihren Namen und die Wiener Adresse durchgegeben hatte, legte sie auf.
    Sie stand neben dem Mülleimer und starrte auf die Blutlache, die von Carl Bonis Verletzungen stammte. Sneijders besudeltes Sakko lag noch auf dem Boden. Als sie es aufhob, purzelte sein Portemonnaie aus der Innentasche. Die Lederteile klappten auf, und einige Visitenkarten fielen heraus. Sabine bückte sich und sammelte die Karten ein. Sie waren identisch. Maarten Somerset Sneijder stand darauf. Somerset? Ein eigenartiger zweiter Vorname. Darunter befanden sich seine Wiesbadener Adresse und eine fortlaufende Nummer. Sabine schob die Karten auseinander. Ex libris 399, 400, 401 und so weiter. Für Visitenkarten war das Papier zu dünn. Sie drehte es um. Es waren selbstklebende Etiketten für Laserdrucker.
    Sie stopfte alles in die Brieftasche zurück und ließ sie neben dem iPhone im Sakko verschwinden. Dann ging sie in Carls Wohnung, um nach Decke und Wasserflasche zu suchen.

     
    Es dauerte eine Viertelstunde, bis der Krankenwagen vor dem Altbau in der Lassallestraße ankam. Derselbe Arzt mit dem grauen Vollbart, der zuvor Carl Boni abtransportiert hatte, stieg aus dem Auto.
    »Wie käme ich wohl ohne Sie zu Patienten?«, fragte er zynisch, als er an Sneijder vorbeimarschierte.
    Sneijder schwieg. Sein Blick sprach Bände. Zehn Minuten später kamen die Sanitäter aus dem Keller und hoben die Frau mit der Trage auf das hochgeklappte Fahrgestell. Der Arzt setzte ihr einen Butterfly in die Armbeuge. Ein Sack mit Flüssigkeit baumelte an einer Stange.
    Als die Helfer die Trage an Sabine vorbei zum Rettungswagen rollten, sah sie die erschreckend fahlen und ausgemergelten Gesichtszüge der Frau. Wie lange war Ursula in diesem Rattenloch wohl gefangen gehalten worden? Fünf bis sechs Tage? Oder noch länger?
    Die Hecktüren des Ambulanzwagens schlugen zu, und Sneijder trat an Sabines Seite. »Eine ungewohnte Situation«, murmelte er. »Bisher war immer ein Gerichtsmediziner da, der eine Leiche untersuchte, wenn ich zu einem Tatort kam.«
    »Sie kommt bestimmt durch«, sprach Sabine sich selbst Mut zu.
    »Zeigen Sie mal.« Sneijder griff nach ihrer Hand und betrachtete die Bisswunde. »Der Arzt hätte Sie auch gleich versorgen sollen.«
    »Es geht schon. Was haben Sie rausgefunden?«
    Sneijder ließ ihre Hand los. »Sie heißt Ursula Zehetner, ist verheiratet und einundvierzig Jahre alt. Sie weiß nicht, wer sie entführt hat, und kennt niemanden namens Carl Boni.«
    »Beruf?«
    »Kindergärtnerin.«
    Sabine musste nicht lange überlegen. »Carl ging in Wien in den Kindergarten. Da war sie zweiundzwanzig Jahre alt. Das könnte passen.«
    »Möglich.« Sneijder tastete suchend seine Hose ab.

    Sabine reichte ihm das Sakko. »Ihre Brieftasche ist

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