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Todesfrist

Todesfrist

Titel: Todesfrist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gruber
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unser Wagen.«
    Ein schwarzer Audi raste heran und hielt vor Harmanns Praxis. Der braunhaarige Mann am Steuer war etwa in Kohlers Alter und hatte dunkle, durchdringende Augen wie ein Falke. Er winkte sie heran. Als Kohler auf dem Beifahrersitz Platz nahm, raunte ihm der Mann etwas zu. »Beeilt euch, ich habe Wichtigeres zu tun, als für euch den Chauffeur zu spielen.«
    Sabine und Sneijder stiegen ein.

    »Das ist mein Kollege Oliver Brandstätter. Reizend wie immer!«, stellte Kohler seinen Partner vor.
    »Wir kennen uns bereits«, sagte Sabine.
    Brandstätter drehte sich um und nickte ihr zu. »Ich habe Sie zur Marienkirche gebracht. War eine nette, kleine Rundfahrt.« Er zwinkerte Sabine zu, als wären sie bereits seit Jahrzehnten befreundet. Als er Kohler die Abendausgabe der Zeitung in die Hand drückte, wurde seine Stimme wieder ernst. »Soll ich dir vom Chef geben. So sauer hab ich ihn noch nie erlebt.«
    EINBETONIERTE FRAU LEBEND GEBORGEN, lautete die Schlagzeile.
    Kohler reichte das Schmierblatt kommentarlos nach hinten. Ein Foto zeigte die Marienkirche von außen, ein zweites Bonis Mutter in Krankenschwesterntracht. »Wir haben mit der Zeitungsente ein Monster erschaffen, das wir nicht mehr kontrollieren können.«
    Nicht nur das, dachte Sabine. Nun hatte Carl zwei Frauen in seiner Gewalt.
    »Dieser Boni hat euch an der Nase rumgeführt«, stellte Brandstätter fest.
    »Gib Gas!«, forderte Kohler seinen Kollegen auf. »Fahr so rasch wie möglich zur Cobenzlgasse nach Döbling.«
    Brandstätter legte den Gang ein. Kurz darauf wurde Sabine in den Sitz gepresst. Der Audi raste die Bachallee entlang.
    »Halt!«, rief Sneijder nach vorne.
    Brandstätter trat auf die Bremse. Sabine wurde nach vorne geschleudert.
    »In Carmen Bonis Haus werden wir nichts finden«, meinte Sneijder.
    »Fahr weiter!«, brummte Kohler. »Warum sollte ich länger auf Sie hören?«
    »Weil ich recht habe.«
    »Das Haus seiner Mutter ist der einzige Ort, wo Carl sich verkriechen kann«, widersprach Kohler.
    Brandstätter fuhr weiter.

    »Verdomme!« Sneijder presste sich zwischen den Sitzen nach vorne. »Überlegen Sie doch! Carl Boni wusste, dass Helen Berger mit uns in Kontakt stand. Er manipulierte unser Auto und brachte Helen vermutlich in seine Gewalt. Womöglich saß er bereits auf dem Rücksitz ihres Wagens. Er ist Mechaniker – eine Kleinigkeit für ihn. Außerdem schlug er uns den Ort der Übergabe in der Cobenzlgasse vor. Er lockt uns auf die falsche Fährte. Reden Sie mit dem Observationsteam oder der Wega-Einsatzleitung. Ich wette ein Monatsgehalt, dass weder er noch Helen Berger jemals dort auftauchen.«
    Kohler wandte sich an seinen Partner. »Halt an.«
    Brandstätter stoppte vor einer Bushaltestelle. Immer noch fielen einzelne Tropfen nieder, als wartete das Gewitter auf den großen Showdown. Die Passanten drängten sich im Wartehäuschen zusammen und betrachteten das Auto neugierig.
    Kohler drehte sich herum. »Wohin bringt er sie dann?«
    »Das müssen wir herausfinden, Kollege. Hatte Carls Mutter einen Zweitwohnsitz, von dem wir nichts wissen?«
    Kohler schüttelte den Kopf.
    »Aber sie hatte einen Lebensgefährten, diesen älteren, erfolglosen Maler«, erinnerte Sabine sich.
    »Der vor einem halben Jahr starb«, ergänzte Sneijder. »Falls er kinderlos war, bekam vermutlich Carmen Boni das Erbe. Besaß er ein Atelier, eine Galerie, eine Wohnung oder ein Haus?«
    »Hat ein erfolgloser Typ so etwas?«, knurrte Kohler. Trotzdem klemmte er sich ans Handy. Während er mit dem Revier telefonierte, legte sich von hinten ein gewaltiger Schatten über das Auto. Ein Linienbus rollte bis an ihre Stoßstange. Der Fahrer hupte und gestikulierte, während die Passanten im Wartehäuschen amüsiert grinsten.
    Brandstätter blieb völlig gelassen. »Noch näher, und die sitzen in unserem Wagen.«
    Kohler lauschte. Schließlich packte er das Handy weg. »Hitzenhammer starb mit achtundsiebzig Jahren. Sie hatten recht – er
besaß eine Wohnung, die seine Tochter aber sofort nach seinem Tod verkaufte. Carmen erbte nur seine Wohnung im Dachgeschoss eines Altbaus, die er als Atelier nutzte.« Er wandte sich an seinen Partner. »Zwanzigster Bezirk. Traisengasse achtzehn. Weißt du, wo das ist?«
    »Und ob …« Brandstätter wendete den Wagen mit quietschenden Reifen. »Abgefuckte Gegend in der Nähe einer Schnellbahn-Unterführung.«

36
    Als Helen die Augen aufschlug, merkte sie, dass sie lag. Ihr Nacken schmerzte, und der

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