Todesfuge: Gerda und Otto Königs zweiter Fall (German Edition)
Aber du kannst doch einfach noch einmal gehen, wenn du beim ersten Mal nicht alles schaffst.“
„Und wenn das Büf ett dann abgeräumt ist? Du siehst doch, wie sich die anderen darüber hermachen, als ob in Bärlingen gerade eine Hungersnot herrschen würde.“
Gerda sah ein, dass ihr Mann tatsächlich vor einem ernsthaften Problem stand. Das konnte sie zwar nicht nachvollziehen, aber sie kannte ihn schließlich lang genug. Er war als leidenschaftlicher Koch und Gourmet immer auf der Suche nach Anregungen für die eigene Küche und es kam bei ihren gesellschaftlichen Verpflichtungen nur sehr selten vor, dass er angesichts der Küche derart aus dem Häuschen geriet. Das Büfett musste also wirklich etwas ganz Besonderes sein. „Also gut, dann richte uns doch einfach zwei Teller an. Ich freue mich ja auch, wenn du wieder neue Ideen und Rezepte mit nach Hause bringst. Dann gibt es bestimmt bald wieder eine italienische Woche bei uns.“
Das ließ Otto sich nicht noch einmal sagen und trug wenig später zwei voll beladene Teller an ihren Tisch. Mit der Miene eines Restauranttesters machte er sich genüsslich über seine Auswahl her, während Gerda nur kleine Häppchen probierte.
Auch Geo rg stand in der Schlange am Büfett. Das hatte er sich jetzt wahrlich verdient und er hoffte inständig, dass die Heuschrecken vor ihm noch etwas übrig ließen. Die Sorge war jedoch völlig unberechtigt, denn die leeren Platten wurden umgehend abgetragen und das Büfett neu bestückt. Adriano war der perfekte Gastgeber und freute sich, dass er überall anerkennende Zustimmung fand. Dass hauptsächlich er mit den Gaumenfreuden für die gute Stimmung im Lokal verantwortlich war und dass es keineswegs ein Ohrenschmaus war, was seine Frau zu dieser musikalisch-kulinarischen Liaison beitrug, das übergingen die Gäste angesichts der gut gefüllten Teller großzügig.
Valentina Felice hatte sich umgezogen und war jetzt bereit für das Bad in der Menge. Ihr Mann nahm sie in Empfang und nötigte seinen Gästen einen erneuten Beifall für die „Künstlerin“ ab. Georg reichte das Theater mittlerweile und wäre die Italienerin - nach links und rechts grüßend - nicht immer weiter in seine Nähe gekommen, er hätte sich ebenfalls am Büfett gütlich getan. Eine persönliche Begrüßung war allerdings nicht das, wonach ihm jetzt der Sinn stand. Er hatte schließlich gesehen, wozu diese Dame im Überschwang der Gefühle fähig war und er wollte einem Schicksal wie dem des Friseurs entgehen. Unauffällig löste Georg sich aus der Schlange der Hungrigen und verzog sich in Richtung WC. Wenn er schon das Büfett sausen lassen musste, dann wollte er doch die Chance nutzen, dem Pizzeria-Wirt ein wenig auf den Zahn zu fühlen. Er wusste, dass sich auf dem Weg zu den Toiletten rechter Hand das Büro befand. Es würde niemand bemerken, wenn er die Gunst der Stunde nutzte, um ein wenig in Adrianos Geschäftsunterlagen zu blättern. Vielleicht fanden sich Hinweise auf Unregelmäßigkeiten in der Abrechnung oder sonstige verdächtige Dokumente. Im Falle eines Falles würde er sich natürlich an die Dienstvorschrift halten, aber er würde dann wenigstens wissen, wonach er suchen musste.
Der Hauptkommissar hatte den kleinen aufgekratzten Italiener schon lange im Verdacht, er hatte nur noch keinen konkreten Hinweis, der für die Aufnahme irgendeiner Ermittlungsarbeit gereicht hätte. Georg schaute sich um - niemand außer ihm war im Flur - er konnte es wagen. Vorsichtig öffnete er die Tür, der Raum war leer und Georg trat schnell ein. Nachdem er die Tür leise geschlossen hatte und sich dem Schreibtisch nähern wollte, bemerkte er, dass er doch nicht allein war. Schnell ging er einige Schritte zurück und hielt unwillkürlich den Atem an. Lustvolles Stöhnen ließ ihn vorsichtig um den Schreibtisch schauen. Das war doch nicht möglich! Er war mitten in eine heiße Nummer geraten! Schnell zog er seinen Kopf zurück. Moment, die Frau kannte er doch! Er riskierte noch einen Blick und richtig! Halb entkleidet ließ sich dort die Tochter des Bürgermeisters von einem heißblütigen Italiener die spitzesten Lustschreie entlocken. Junge Junge, wenn das der Herr Papa wüsste!
Georg schlich zurück zur Tür. Es wäre auch zu schön gewesen, wenn der Abend ihn auch noch in seiner Polizeiarbeit weitergebracht hätte. Dann würde er jetzt wenigstens auf die Toilette gehen, wenn er schon einmal hier war. An der WC-Tür hing ein Messingschild mit einem kleinen
Weitere Kostenlose Bücher