Todesfuge: Gerda und Otto Königs zweiter Fall (German Edition)
weiter; Otto ließ sich nicht lange bitten und nahm einen tiefen Zug. Auch seine Frau ließ den Joint nicht unbeachtet an sich vorbeigehen.
Da schau doch mal einer meine Oldies an, dachte sich Geor g, tun im Treppenhaus immer so harmlos, als ob sie kein Wässerchen trüben könnten und pfeifen sich hier zum Feierabend einen Joint rein! Langsam kam sich Georg wie ein Spielverderber vor und als er bei der nächsten Runde einen tiefen Zug nahm, klopfte ihm sein Sitznachbar anerkennend auf die Schulter. „So ist es richtig, Schorsch. Das hast du dir wirklich verdient.“
Die Stimmung wurde immer ausgelassener und die älteren Herrschaften begannen , Geschichten von früher zum Besten zu geben. Das mussten wilde Zeiten gewesen sein in den Siebzigern, selbst hier in Bärlingen. Die meisten Bewohner lebten seit damals im Haus und Georg erkannte, dass seine Oldies auch einmal jung gewesen waren und es richtig hatten krachen lassen. Die Schubartstraße Nummer fünf musste damals eine echte schwäbische Hippie-Kommune gewesen sein. Diese Zeiten hätte Georg zu gern selbst erlebt. Das Kiffen jedenfalls hatten seine Oldies nicht verlernt und alle ließen den Joint gut gelaunt kreisen.
„Das gute an dem Zeug ist doch, dass man auch die ganzen Wehwehchen nicht mehr so spürt“, meinte Frau Helmle und blies den Rauch genüsslich in den Abendhimmel. „Jetzt geht es mir mit meinen Knien sogar so gut, dass ich Lust hätte zu tanzen. Können wir nicht ein bisschen Musik machen?“ Das ließ sich Herr Ebert nicht zweimal sagen. Aus dem alten Benz tönten bald die alten Woodstock-Hits. Otto gefiel die Atmosphäre und obwohl er alles andere als ein passionierter Tänzer war, ließ er sich von seiner Frau auffordern und zusammen mit den älteren Herrschaften verwandelten sie den Garagenhof in eine Tanzfläche.
Es war spät geworden. Keiner der Garagenfest-Gäste konnte sich losreißen oder wollte mit seinem Aufbruch für das Ende des gemütlichen Beisammenseins verantwortlich sein. Die anstrengende Woche hatte bei Georg jedoch ihre Spuren hinterlassen und der Abend mit seinen ungewohnten Genüssen hatte ihm den Rest gegeben. „Ich kann nicht mehr. Bei mir ist jetzt Zapfenstreich“, stöhnte er. Dann trank er sein Glas aus und verabschiedete sich aus der geselligen Runde. „Aber nicht aufhören zu feiern, verstanden? Das ist eine Dienstanweisung!“
„Solange du nicht die Polizei rufs t wegen nächtlicher Ruhestörung“, scherzte Herr Ebert, als Georg sich von ihm verabschiedete.
„Danke, Herr Ebert, für alles. Das war ein wunderbarer Abend.“
Gerda und Otto brachen ebenfalls auf und als sie den Hof verlassen hatten, sprach Gerda den Hauptkommissar noch einmal auf den Drohbrief an. Der musste wohl öfter am Joint gezogen haben, denn er schaute Gerda nur milde lächelnd an. „Es wird nichts so heiß gekocht wie es gegessen wird, meine liebe Frau König. Und das gilt auch für diesen Brief.“ Otto nickte zustimmend. Er fand Gerdas Fragen lästig. „Schätzle, die Fragerei nervt echt, da geht die ganze groovy Stimmung flöten.“ Gerda schaute die beiden Männer an, die mit einem seligen Grinsen im Gesicht dastanden und sich wohl insgeheim wünschten, dass diese Garagen-Freitage zur festen Institution werden würden. Gerda hatte nur einmal an dem Joint gezogen. Sie ließ nicht locker, musste den entspannten Kommissar allerdings erst an den Ernst der Lage erinnern, bevor dieser endlich ein paar spärliche Informationen über den Drohbrief preisgab. „Können wir den Brief noch sehen?“, wollte sie wissen. Georg winkte ab, das sei unmöglich, denn der Drohbrief liege in der Dienststelle. Gerda sah ein, dass mit Georg heute nichts mehr anzufangen war und verabschiedete sich.
Der kühle Abendwind hatte den freudigen Schwindel bei Otto zwar etwas abgemildert, aber Gerdas Zusammenfassung der Fakten konnte er trotzdem nicht ganz folgen und lachte immer wieder grundlos los. „Mensch Otto, jetzt reiß dich doch mal zusammen! Die Lage ist schließlich ziemlich ernst. Der Brief könnte doch von einem anderen Täter stammen, weil er in der Form abweicht.“
„ Ach Schätzle, worüber du dir so spät noch den Kopf zerbrichst. Mir sind die Verbrecher grad ziemlich egal, ich könnte die ganze Welt umarmen.“
„Jede nfalls wissen wir inzwischen, dass morgen der letzte Vorhang fällt . Wenn du mich fragst, Otto, ist das eindeutig. Wellenstein ist ernsthaft in Gefahr.“
„Vielleicht sollte der sich auch einfach mal entspannen,
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