Todesfuge: Gerda und Otto Königs zweiter Fall (German Edition)
dann würde er auch nich t immer alles so negativ sehen.“
„ Du schon, das ist mir klar. Könnte es sein, dass du heute Abend vielleicht ein wenig zu viel des Guten gehabt hast?“
„Wenigstens mache ich mir nicht so ins Hemd wegen morgen. Take it easy, Gerda. Die Welt ist nicht so schlecht, wie du immer denkst.“
„Nach den Ereignissen der letzten Tage bin ich auf alle Fälle froh, dass Georg für morgen umfangreiche Sicherheitsmaßnahmen angeordnet hat. Hoffen wir nur, dass morgen alles gut geht und danach Ruhe ist.“
„Wenn das alles vorbei ist, dann sollten wir unbedingt wieder für ein paar Tage abtauchen. Das hat uns das letzte Mal doch richtig gut getan. Ich hätte da auch schon eine Idee. In Amsterdam gibt es doch diese legendären Coffee-Shops...“
Gerda musste lachen. „ Ich lerne ja heute Abend noch ganz neue Seiten an dir kennen, Otto. Lass uns die Reisepläne lieber dann machen, wenn ich den Kopf dafür frei habe.“
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Samstag / Konzertvorbereitungen
Otto war schon einmal hochgegangen und hatte alles vorbereitet. Er prüfte die Wassertemperatur mit der Hand. Seine Frau liebte das Badewasser, wenn es so heiß war, dass man gerade noch einsteigen konnte, ohne sich zu verbrennen. Eine prächtige Schaumkrone gehörte natürlich auch dazu. Endlich kam Gerda aus dem Salon nach. Vor einem Konzert zogen sich Königs immer schon gegen elf Uhr zurück und überließen es ihren Angestellten, den Laden zu schließen.
Otto ging seiner Frau entgegen. Er wusste zwar, was er zu tun hatte, denn der Ablauf vor den Auftritten war immer der gleiche, aber er hatte gemerkt, dass Gerda nervöser war als sonst und er wollte ihr zeigen, dass sie nicht allein war. Die Konzertvorbereitungen sollten so normal wie nur möglich verlaufen, sofern das angesichts der außergewöhnlichen Umstände, unter denen das Jubiläumskonzert von Wellenstein heute Abend stattfinden würde, überhaupt machbar war.
„Die Wanne wartet schon auf dich. Ist es dir recht, wenn ich dann in einer dreiviertel Stunde das Mittagessen fertig habe?“
„Otto, du bist ein Schatz. Ich bin ganz verspannt und freue mich richtig auf mein kleines Wellness-Programm. Das wird mir gut tun. Was gibt es denn heute?“
„Verrate ich noch nicht, lass dich überraschen. Aber es wird dir sicher schmecken. Ich habe mir etwas ganz Besonderes für dich ausgedacht.“
Gerda verschwand im Badezimmer und als sie in der warmen Wanne untertauchte, merkte sie, wie ihre Anspannung nachließ. Es würde schon alles gut gehen. Georg war schließlich heute Abend mit seiner Mannschaft vor Ort und er hatte versprochen, dass er die ganze Kirche sichern und jeden Besucher kontrollieren würde. Sie wusste, dass sie sich auf sein Wort verlassen konnte.
Aus der Küche zog der Geruch von angebratenem Fleisch und Gerda schnupperte in Richtung Herd, als sie im Bademantel und mit einem Handtuch-Turban in die Küche kam. „Stört es dich, wenn ich noch ein wenig Musik anschalte?“
Otto konnte die h-Moll-Messe zwar mittlerweile nicht mehr hören und er würde drei Kreuze machen, sobald er das Konzert überstanden hatte, aber das konnte er seiner Frau unmöglich sagen. Natürlich hatte er nichts dagegen, dass Gerda zum gefühlten hunderttausendsten Mal die CD mit dem Konzertprogramm laufen ließ. Auch an diese Tradition hatte Otto sich gewöhnt und tolerierte den exzessiven Musikkonsum vor den Auftritten mit stoischer Gelassenheit. Er wusste um seine Rolle vor den Konzerten, hielt sich mit Kommentaren zurück und assistierte seiner Frau wo immer gerade Not am Mann war. Dass Gerda an den Konzerttagen zum Teil das Verhalten einer Opern-Diva an den Tag legte, nahm Otto mit Humor. Er wusste inzwischen aus langjähriger Erfahrung, dass sich dieser Ausnahmezustand direkt nach dem Konzert oder spätestens am Tag darauf wieder gab.
Gerda hatte sich an den Tisch gesetzt und wartete , dass Otto sie bediente. Der servierte ihr mit großer Geste seine deftige Hausmannskost. An den Konzerttagen achtete er darauf, dass seine Frau etwas Ordentliches aß, denn er wusste, dass sie, je näher der Konzertbeginn rückte, umso weniger in der Lage war, etwas zu essen. Er musste also bereits am Mittag dafür sorgen, dass Gerda die nötige Grundlage erhielt, um den ganzen Abend durchstehen zu können.
„Otto, das riecht wunderbar. Was ist das denn Feines?“
„Heute gibt es Hirsch-Gulasch mit selbst gemachten Semmelknödeln und buntem Marktgemüse der Saison.“
„Wunderbar! Neulich
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