Todesfuge: Gerda und Otto Königs zweiter Fall (German Edition)
hat mir eine Kundin noch davon vorgeschwärmt, dass es zur Zeit im Venezia so ausgezeichnetes Wild-Gulasch gibt.“
Otto schmunzelte. „Weißt du überhaupt, was da drin ist in so einem Wild-Gulasch?“
„Wild, was denn sonst? Die Kundin meinte jedenfalls, dass ihr Hirschfleisch noch nie so gut geschmeckt hätte.“
„Das glaube ich gern, dass das ein ganz besonderes Geschmackserlebnis war. Die Gute hat sich mit hundertprozentiger Sicherheit über einen Teller mit Känguru-Fleisch hergemacht.“
Gerda schaute ungläubig. „Adriano serviert seinen Gästen doch kein Känguru!“
„Na, dann schau dir im Supermarkt mal die Deklaration auf dem Tiefkühl-Wildgulasch an.“
Anscheinend war Gerda der Appetit vergangen, denn sie stocherte nur noch lustlos in ihrem Essen herum.
„Schätzle, bei mir kommt aber garantiert nur Hirsch ins Gulasch. Das Fleisch ist vom Feinkost-Günther und da ist nur das drin, was draufsteht. Du kannst dein Mittagessen ganz unbesorgt genießen.“
Nach dem Essen wartete Gerda , bis Otto das Geschirr abgetragen hatte. Entgegen ihrer sonstigen Gewohnheit gehörte der süße Abschluss bei einem Konzertmenü einfach dazu und Otto war froh um diese seltene Gelegenheit, bei der er ins Fach der Patisserie wechseln konnte. Das perfekte Dessert zu servieren, spornte ihn dabei immer wieder zu kreativen Höhenflügen an. Der Nachtisch sollte nicht zu üppig sein, denn Gerda pflegte nach dem Mittagessen ein Schläfchen zu halten, um fit für das Konzert zu sein. Das Dessert sollte gute Laune machen und deshalb wählte Otto die Zutaten immer mit Bedacht aus. Er wusste um die euphorisierende Wirkung so mancher Lebensmittel. Deshalb hatte er schon Köstlichkeiten aus Schokolade gezaubert oder welche mit einer kräftigen Mohnfüllung. Heute hatte er sich allerdings etwas Ausgefalleneres für seine Frau überlegt.
Gerda honorierte das kunstvolle Arrangement auf ihrem Dessertteller und probierte die Eigenkreation ihres Mannes. „Köstlich! Otto! Du kannst wirklich zaubern. Ich frage dich jetzt gar nicht, was da alles drin ist, denn was so gut schmeckt, das ist bestimmt ganz ganz böse.“ Otto lächelte vielsagend und war froh, dass er sein Geheimnis nicht lüften musste. Denn heute hatte er zur Beruhigung von Gerdas angespannten Nerven eine gute Portion Hasch in der Süßspeise verarbeitet.
Er hatte gestern Abend nicht anders gekonnt und Frau Schäufele gebeten, ihm ein Piece zu verkaufen. Die Gelegenheit hatt e er beim Schopfe packen müssen; wer wusste schon, wann sich so eine Möglichkeit das nächste Mal bot. Frau Schäufele hatte ihm zwar noch ihre Telefonnummer gegeben und gemeint, er dürfe sich ruhig melden, wenn er mal wieder richtig guten Shit brauche, aber Otto war sich sicher, dass Gerda da nicht mitspielen würde. Als Ausnahme war das gestern in Ordnung gewesen, aber er wusste genau, wie seine Frau mit den Augen rollen würde, wenn er sich regelmäßig am Abend eine Tüte bauen würde. Das wäre schlicht undenkbar!
Jetzt allerdings verdrehte Gerda die Augen vor Genuss und Otto war froh, dass es ihr schmeckte. So war jedenfalls schon einmal sichergestellt, dass sie die ganze Aufregung vor dem Konzert nicht mehr so nah an sich heranließ. Die Wirkung ihres psychoaktiven Nachtischs würde etwa in einer Stunde einsetzen und den Nachmittag über anhalten. Das würde ausreichen, um Gerda ein schönes und unbeschwertes Konzerterlebnis zu bescheren. Otto selbst rührte seinen Nachtisch allerdings nicht an. Er wusste, dass er einen kühlen Kopf behalten musste. Schließlich wollte er dafür sorgen, dass seiner Frau nichts passierte und da durfte er sich die Sinne nicht trüben lassen.
Gerda schielte bereits sehnsüchtig auf seine Portion, aber weil Otto sich über die Hasch-Dosierung nicht ganz im Klaren war, schüttelte er nur den Kopf und stellte sein Dessert in den Kühlschrank. „Das esse ich schon noch selbst, vielleicht nach dem Konzert. Jetzt passt einfach nichts mehr rein.“ Seine Frau verfolgte das Verschwinden der Köstlichkeit mit einem sehnsüchtigen Blick und Otto musste lachen. „Du bist ja ein richtiges Schleckermäulchen.“
„So einen Nachtisch könntest du mir ruhig jeden Tag servieren. “
„Es freut mich, dass es dir geschmeckt hat und ich verwöhne dich auch gern öfter mal mit was Süßem, aber jetzt solltest du dich noch ein wenig ausruhen. Das machen auch die ganz Großen vor ihren Konzerten so.“
„ Du hast Recht. Ich darf dich mit
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