Todesgarten
dann so drauf ist, der
steckt das nicht weg.« Er starrte auf einen der Porzellanelefanten, als wären
dort weitere Erklärungen zu finden. »AuÃerdem sind die doch pervers, das weiÃ
jeder. Das schadet gar nix, denen mal eine Lektion zu erteilen.«
Kathrin zeigte ein sanftes Lächeln. »Was denkst du,
kann man mit solchen Lektionen erreichen?«
Er sah zu ihr auf. »Wenn die sehen, was die davon haben,
dann hören die vielleicht auf damit. Vielleicht denkt sich ja so einer: Der ganze
Stress, das ist es mir nicht wert, dann muss ich nicht schwul sein. Und früher
oder später hören alle damit auf, aus Angst, abgeschlachtet zu werden.«
»Abgeschlachtet, sagst du? Ein groÃes Wort.«
»Na ja, da haben die doch am meisten Angst vor.«
»Musste deshalb mal einer sterben? Damit die mal sehen,
wie ernst es ist?«
Dennis sagte nichts. Seine Scham war deutlich zu spüren.
Selten hatte einer so schuldig gewirkt.
»Pascal hat gesagt, du bist um Viertel nach elf in den
Park gegangen«, fuhr Kathrin fort. »Das war am Torhaus. Du bist vorangegangen,
um einen der Männer rauszulocken. Aber dann habt ihr euch aus den Augen
verloren.«
Der Junge schwieg. Den Blick hatte er weiter starr auf
den Elefanten gerichtet.
»Es war das erste Mal«, sagte Kathrin, »dass du in den
Park vorgegangen bist, um einen anzulocken. Bestimmt war das unheimlich. Nicht
bei den anderen zu sein und in den Büschen zu warten. Sondern stattdessen
mittenrein zu gehen, und zwar ganz alleine. Dorthin, wo diese ganzen Männer
waren.«
»Ich konnte das nicht. Ich hatte Angst.«
»Das verstehe ich. Was ist dann passiert im Park?«
»Ich wollte unbedingt einen mitbringen. So wie die anderen
das gemacht haben. Aber ich habâs nicht geschafft. Ich bin einfach wieder raus.
Ich habâs nicht mehr ausgehalten. Da waren die anderen aber schon weg.«
»Wo bist du raus?«
»Am Torhaus, wo wir reingegangen sind.«
»Und danach?«
»Dann bin ich nach Hause gegangen.«
Sie lächelte. »Lügst du mich da auch nicht an?«
Er starrte sie an. Schluckte.
»Es gibt einen Taxifahrer, der dich gesehen hat. Um
zwanzig vor zwölf am Parkausgang vor der spanischen Botschaft. Du warst eine
knappe halbe Stunde im Park. Und du hast den Park nicht am Torhaus verlassen,
sondern ganz woanders. Deine Freunde haben sich aus dem Staub gemacht, weil zu
viele Männer da waren. Sie haben es mit der Angst zu tun bekommen. Was meinst
du, Dennis? Könnte der Taxifahrer recht haben?«
Er blickte ihr ins Gesicht. Seine Augen füllten sich
mit Tränen, aber er blinzelte sie weg.
»Bleibst du dabei, dass du am Torhaus den Park verlassen
hast?«
Er schüttelte den Kopf.
»Also doch an der spanischen Botschaft?«
Er nickte.
»WeiÃt du, wo der Leichenfundort ist, Dennis? Ganz in
der Nähe der Löwenbrücke. Etwas abseits von den groÃen Wegen. Bist du da
gewesen? An der Löwenbrücke?«
»Ich hatte Angst. Ich bin immer weitergelaufen. Dann
war da der breite Weg, der nach drauÃen geführt hat. Da stand ein groÃes altes
Haus, das muss diese Botschaft gewesen sein.«
»Und an der Brücke? Bist du da gewesen?«
»Nein. Nein, bestimmt nicht.«
»Du hast Turnschuhe von Adidas, richtig?«
»Ja, wieso?«
»Deine Mutter hat sie uns gegeben. Sie meinte, du hättest
die vorgestern Abend getragen. WeiÃt du, wir haben FuÃspuren am Tatort gesichert.
Jede Schuhsohle sieht nämlich anders aus. Es gibt Rissspuren und Abnutzungserscheinungen,
da gleicht kein Schuh dem anderen. Deine Schuhe sind jetzt im Labor. Meinst du,
wir werden Abdrücke von dir am Tatort finden?«
Er war jetzt leichenblass. Es brauchte nur noch einen
kleinen StoÃ.
Wolfgang fuhr fort: »Vor Gericht hat das Abbild der
Schuhsohle fast den gleichen Beweiswert wie ein Fingerabdruck.«
»Hast du diesen Mann erschlagen, Dennis? Weil du Angst
bekommen hast? Ist er dir zu nah gekommen?« Kathrin hatte wieder übernommen.
Jetzt war es so weit. Dennis konnte die Tränen nicht
mehr zurückhalten. Als er zu sprechen begann, war es kaum mehr als ein Schluchzen.
»Er stand plötzlich vor mir in der Dunkelheit. Er hat
gedacht, dass ich schwul bin.«
Dennis schniefte, blickte Kathrin verzweifelt und
Hilfe suchend an. Seine Stimme war nur noch ein Flüstern.
»Verstehen Sie? Er hat mich für einen
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