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Todesgarten

Todesgarten

Titel: Todesgarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holtkötter
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Schmerzen wurden unerträglich.
    Der Junge drehte sich fort, hustete und röchelte. Er
schien noch immer unter Schock zu stehen, denn er machte keine Anstalten fortzulaufen.
An seinem T -Shirt haftete ein Button. »Gays against
Guido«, stand darauf, ein schwuler Protest gegen den Außenminister. Wen hatte
Michael da nur angegriffen?
    Â»Es tut mir leid«, flüsterte er. »O Gott, es tut mir
so leid.«
    Er ließ sich neben den Jungen auf den Asphalt sinken.
Flüsterte immer wieder, wie schrecklich leid ihm alles tat.
    Er spürte jetzt den ganzen Schmerz seines Versagens.
Sein Bruder war tot. Er hatte ihn nicht retten können.

5
    Am Morgen brach die Sonne für einen Moment durch die
Wolken. Wolfgangs Büro wurde in ein warmes, helles Licht getaucht. Er wäre am
liebsten am Fenster stehen geblieben, um sich das Gesicht wärmen zu lassen.
Aber das war natürlich nicht möglich. Er sah auf die Uhr und trat hinaus auf
den Flur. Kathrin kam ihm bereits entgegen, bewaffnet mit einem Kaffeebecher.
    Â»Hallo, Wolfgang«, sagte sie und deutete auf Frau
Schrades Büro. »Er ist bereits da drin.«
    Â»Gut. Dann kann die Vernehmung ja gleich losgehen.«
    Die Nachricht hatte ihn zu Hause beim Frühstück erreicht.
Eine Streife hatte Dennis Pfeiffer nur einen Block von der Wohnung seiner
Eltern entfernt am frühen Morgen aufgelesen. Offenbar hatte er irgendwo auf
einem Dachboden übernachtet. Die Kollegen hatten den zerknautscht aussehenden
Jungen mit dem Fahndungsfoto verglichen, das gestern Abend an alle Streifen
ausgegeben worden war, und ihn sofort erkannt und festgenommen.
    Kathrin hatte Dennis in den Zellentrakt bringen
lassen, der sich unten im Gebäude befand. Die Räume dort waren wirklich alles
andere als einladend. Düster und eng, mit groben Eisengittern und alten speckigen
Holzpritschen. Es sah aus, als wäre die Zeit in den Sechzigern stehen geblieben.
Viele von denen, die ein paar Stunden dort verbracht hatten, waren so sehr mit
den Nerven am Ende, dass sie danach wie Gespenster in den Vernehmungsräumen
hockten.
    Â»Gute Arbeit«, sagte er. »Führst du die Vernehmung?«
    Sie zögerte. »Die meisten sind schon im Haus. Wer
führt denn sonst bei euch die Verdächtigenvernehmungen?«
    Â»Das ist unterschiedlich. Traust du es dir nicht zu?«
    Â»Darum geht es nicht. Mir wäre es nur lieber, wenn …
Du weißt schon. Einer vom Stammteam sollte das machen, nicht ich. Ich meine,
wie sieht das denn aus? Die halten mich sowieso schon für eine Streberin.«
    Wolfgang nickte ihr aufmunternd zu. »Du bist ja auch eine Streberin. Das warst du schon immer.«
    Â»Bei dir hört sich das an, als wäre es was Gutes.«
    Â»Das meine ich auch so. Wenn damals nicht diese dumme
Sache gewesen wäre, dann wärst du längst schon Inspektionsleiterin.«
    Â»Warum nicht gleich Polizeipräsidentin?« Ein Seufzer.
»Lass mal, Wolfgang. Das soll echt jemand anderes machen.«
    Â»Komm, jetzt stell dich nicht so an. Und lass die anderen
aus dem Spiel. Sobald das hier vorbei ist, bist du sowieso wieder weg. Also.
Können wir jetzt endlich anfangen?«
    Sie lächelte. »Na gut. Ich brauch aber noch ein paar
Minuten. Bin gleich wieder da.«
    Sie verschwand in ihrem Büro. Wolfgang steuerte gerade
den Besprechungsraum an, um sich nach Kaffee umzusehen, als er Michael
entdeckte, der über den Flur in sein Büro schlich. Er sah grauenhaft aus.
Leichenblasse Haut, die Augen rot gerändert, ungekämmte Haare.
    Â»Michael! Guten Morgen!«
    Der zuckte zusammen, grüßte eilig und schlüpfte dann
durch die Tür in sein Büro.
    Wolfgang ging hinterher. Ohne anzuklopfen trat er ein.
    Â»Alles in Ordnung bei dir?«
    Â»Es geht mir gut«, beteuerte Michael. »Ich hab nur
schlecht geschlafen.«
    Â»Ich hab auch schlecht geschlafen. Trotzdem bin ich
gewaschen und gekämmt.«
    Michael strich sich die Haare glatt. »Tut mir leid.«
    Â»Das muss dir nicht leid tun. Ich will nur wissen, was
los ist, verdammt. Seit ein paar Tagen bist du wie ausgewechselt. Ich sehe
doch, wie schlecht es dir geht. Wenn du so in den Urlaub gehst, in dieser
Verfassung, das würde mir gar nicht gefallen.«
    Â»Es ist was Privates, Wolfgang, okay? Können wir es
dabei belassen?«
    Â»Bist du immer noch sauer auf mich, weil ich auf deinem
Urlaub bestanden habe?«
    Â»Ich freu mich auf meinen

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