Todesgarten
perversen
Schwulen gehalten. Dieses Arschloch dachte, ich bin eine Schwuchtel.«
Â
Wolfgang brüllte über alle Köpfe hinweg: »Die nächste
Runde geht auf mich!«
Der Applaus und das Pfeifen waren überwältigend. So
überwältigend, dass er sich fragte, ob sich nicht nur die Kommissionsmitglieder
angesprochen fühlten, sondern auch der Rest des überfüllten Lokals.
Neben ihm stand ein freier Barhocker, den er schon
seit einiger Zeit energisch verteidigte. Er hatte Kathrin versprochen, ihr
einen Platz frei zu halten. Sie wollte nachkommen, sobald sie alles erledigt
hatte, was noch zu tun war. Ab Montag wäre sie nicht mehr bei ihnen, dann würde
sie in einer anderen Kommission ihren Dienst tun.
Er sah sich im Gewühl der Kneipe um, doch sie war noch
immer nicht gekommen. Inzwischen war es halb neun. Als sie um sechs das Lokal
betreten hatten, waren sie noch die einzigen Gäste gewesen. Der Kellner hatte
einen sorgenvollen Blick aufgelegt angesichts des plötzlichen Lärms und ihrer
wilden Entschlossenheit, sich haltlos zu betrinken. Doch inzwischen störte sich
keiner mehr daran. Bei dem Umsatz, den sie dem Laden brachten, war das auch
kein Wunder.
Dass Michael nur widerwillig mitgekommen war und viel
lieber gleich nach Hause gefahren wäre, hatte Wolfgang ihm angemerkt. Und so
hatte es auch nicht lange gedauert, bis Michael sich unter einem Vorwand davongeschlichen
hatte. Wolfgang hatte noch einmal versucht, an das Gespräch vom Nachmittag
anzuknüpfen, doch ohne Erfolg. SchlieÃlich war ihm nichts übrig geblieben, als
Michael einen schönen Urlaub zu wünschen und ihn gehen zu lassen.
Nach dem Geständnis des Jungen war alles ganz schnell
gegangen. Wolfgang hatte bereits die Staatsanwaltschaft benachrichtigt und einen
Haftbefehl erwirkt, während Kathrin noch einmal das Geständnis mit ihm
durchging. Der Inspektionsleiter und einer von der Pressestelle waren
dazugekommen, und die Eltern des Jungen wurden informiert. Dann war Dennis in
Untersuchungshaft überführt worden, und kurze Zeit später hatten sie Feierabend
gemacht.
Eine Hand legte sich auf seine Schulter. Kathrin war
eingetroffen.
»Hier ist ja ganz schön was los«, sagte sie und sah
sich unter den feiernden Kollegen um. »Ist Michael schon gegangen?«
»Ja, er hat sich in den Urlaub verabschiedet. Trinkst
du ein Bier?«
Sie nickte, er nahm ihr den Mantel ab und machte den
Barhocker für sie frei.
»Es war gut, den Jungen nicht so hart ranzunehmen«,
sagte er. »Ich hatte schon Angst, er würde zusammenbrechen und nach einem Anwalt
flennen.«
Sie lachte. »Ich war mir auch nicht so sicher, ob das
alles gut geht.«
Der Kellner reichte ihnen die Biere über den Tresen.
Wolfgang zog einen Kugelschreiber aus seinem Jackett hervor und stieà gegen das
Glas. Obwohl das im Durcheinander kaum zu hören war, drehten die Kollegen nach
und nach ihre Köpfe und sahen erwartungsvoll herüber.
»Weniger als zwei Tage nach dem Leichenfund haben wir
ein Geständnis«, sagte er. »Und das, obwohl es weder Zeugen gab, noch eine
Beziehungstat vorlag. Wenn wir so FuÃball spielen würden, dann hätten die
Altherren der Feuerwehr keine Chance mehr gegen uns!«
Heftiger Jubel brach aus. Wolfgang hob sein Glas.
»Jetzt möchte ich auf unseren Gaststar anstoÃen. Die
Frau mit der gnadenlosen Vernehmungstaktik. Applaus für Kathrin Herrmann.«
Wieder brach Jubel aus, als wären sie in einem
Stadion. Wolfgang hob das Glas, und alle tranken. Als keiner mehr auf Kathrin
achtete, beugte die sich zu Wolfgang.
»Danke. Das werde ich dir nicht vergessen.«
Er hob eine Augenbraue. »Meinst du die Rede?«
»Nein, die war miserabel.« Sie lächelte. »Ich wollte
dir für die Zeit bei euch danken.«
»In einem Monat wird bei uns ein Platz frei. Frank
wechselt in die Wirtschaftskriminalität. Sein Posten muss nachbesetzt werden.«
Sie winkte ab. »Nein, nein. Das ist sehr nett, aber
nein. Kommt nicht infrage.«
»Ich könnte versuchen, ein paar Beziehungen spielen zu
lassen. Die Sache von damals ist lange her, die meisten haben sie längst vergessen.«
Sie schüttelte den Kopf und lächelte. So viel Zurückhaltung
war er gar nicht gewohnt bei ihr.
»Was ist los mit dir, Kathrin? Wo ist denn dein
Ehrgeiz geblieben?«
»Ich bin froh, dass ich überhaupt noch bei der
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