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Todesgarten

Todesgarten

Titel: Todesgarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holtkötter
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lächelnd auf sie herab. Das also hatte Dennis
gesehen, als er es zum ersten Mal wagte, einen Mann zu küssen. Die lächelnde
Siegesgöttin, die ihm einen Lorbeerkranz entgegenstreckte. Wolfgang lächelte
betrübt. Dieses Bild hätte doch Eindruck auf ihn machen müssen.
    Â»Kann ich Ihnen sonst noch irgendwie helfen?«
    Â»Nein, ich glaube, das war’s. Wir können gehen.«
    Als sie wieder in das helle Licht und den Verkehrslärm
am Großen Stern eintauchten, meinte Möller: »Ich glaube ja sowieso nicht, dass
es ein schwulenfeindlicher Übergriff war.«
    Â»Wie meinen Sie das?«
    Â»Na, das trauen die sich doch gar nicht, mitten in der
Cruising-Area.«
    Â»Ich denke, das kommt jeden Tag vor? Nur, dass dieses
Mal einer dabei erschlagen wurde.«
    Â»Draußen vor dem Park kommt das vielleicht jeden Tag
vor. Oder auf den abgelegenen Wegen. Hinter geparkten Autos. Aber mitten drin?
Das ist viel zu gefährlich.«
    Möller ging zu einem alten klapprigen Hollandrad, das
ans Torhäuschen gelehnt war, und schloss es auf. Das Rad bildete einen
seltsamen Kontrast zu seiner ledernen Motorradkleidung.
    Â»Haben Sie bemerkt, wie wir im Park ganz automatisch geflüstert
haben? Wie leise es dort ist? So ist das immer, auch wenn viel los ist. Da
können Sie sich ja vorstellen, wie das wäre, wenn da einer rumpöbelt oder
jemanden angreift. Das würde jeder hören, egal in welchem Busch er gerade
rummacht. Auch wenn sich viele gerne raushalten aus so was – bei so einer
Lautstärke wären sie gezwungen zu helfen.«
    Â»Sie meinen, der Täter hat entschlossen und zielgerichtet
gehandelt.«
    Â»Genau. Wenn er gezögert hätte, wäre er aufgefallen.
Also ging alles ganz schnell. Und beinahe lautlos. Läuft so ein schwulenfeindlicher
Angriff ab?«
    Â»Wohl eher nicht.«
    Â»Sehen Sie. Also, wenn ich einen loswerden wollte, sagen
wir einen alten Lover, der nur noch klettet und nervt, dann wäre das doch
ideal. Ich folge ihm in den Park, zieh ihm mit einem Stein eins über und
fertig. Keiner hat’s gesehen. Alle denken, das war ein Schwulenhasser. Ist doch
perfekt.«
    Â»Da bin ich aber froh, dass ich nicht Ihr Lover bin.«
    Möller grinste breit. »Ach, kommen Sie. Ihre Frau
nervt Sie bestimmt auch mal gelegentlich. Schönen Abend noch, Herr Herzberger!
Rufen Sie mich an, wenn Sie noch Fragen haben.«
    Dann hob er die Hand zum Gruß und fuhr in den Park hinein.
Wolfgang sah seinem flackernden Rücklicht nach, bis es verschwunden war. Dann
zog er sein Handy hervor und rief sich ein Taxi. Besser, er war wieder in der
Stadt, bevor der nächste Regenschauer niederging.

11
    Um kurz nach elf öffnete einer der Türsteher die Eingangstür
und verankerte sie im Boden. Housebeats wehten herüber. Vor dem Klub hatte sich
bereits eine Schlange gebildet. Ein Haufen junger Partyleute, die gut gelaunt
und erwartungsvoll im Neonlicht herumstanden.
    Michael saß schon eine ganze Weile in seinem Wagen auf
der anderen Straßenseite und beobachtete das Treiben. Er war zu früh. Seine
Verabredung würde erst in einer guten halben Stunde hier auftauchen. Ihm war
furchtbar kalt. Die Autoheizung funktionierte nicht, und die Temperaturen waren
inzwischen herbstlich. Vielleicht wäre es besser gewesen, im Innern des Klubs
zu warten. Aber es war ihm lieber, wenn keiner erfuhr, dass er schon so früh
gekommen war.
    Er beobachtete die Menschen, die in den Klub drängten.
Obwohl die meisten von ihnen kaum jünger waren, fühlte er sich plötzlich
unendlich alt. Vielleicht lag das an der Art, wie sie miteinander umgingen. So
fröhlich und ungezwungen, als gäbe es nur diese Nacht, den Spaß und die Musik.
    Er hielt sein Mobiltelefon in der Hand. Lisas Nummer
war bereits auf dem Display. Er musste nur noch die Verbindungstaste drücken.
Wahrscheinlich sollte er es lieber bleiben lassen. Es war Samstagabend. Keine
Ahnung, was eine verheiratete Frau da tat. Vielleicht saß sie ja mit der ganzen
Familie vor dem Fernseher. Oder sie arbeitete. Das machte sie häufig nachts,
wenn die Kinder schon schliefen.
    Für den Fall, dass es nicht passte, konnte sie den
Anruf wegdrücken. Das wäre kein Problem. Sie sah ja, wer anrief.
    Er drückte die Taste. Es dauerte nicht lange, bis es
am anderen Ende knackte.
    Â»Held?« Es war ihr Ehemann. Schon wieder.
    Feldmann. Du bist Feldmann vom

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