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Todesgarten

Todesgarten

Titel: Todesgarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holtkötter
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lehnte.
    Â»Herr Herzberger?«
    Michael wunderte sich, diesen Namen hier zu hören.
Dann fiel ihm ein, dass er sich bei Christoph Schütz so vorgestellt hatte. Er
drehte sich um. Daniels Mitbewohner stand lächelnd vor ihm.
    Â»Ich bin etwas zu früh. Aber Sie sind ja auch schon
da.«
    Â»Ja, gerade gekommen. Danke, dass Sie zugesagt haben.
Ich bin froh, dass Sie sich die Zeit nehmen. Setzen Sie sich doch.«
    Christoph Schütz zog einen Barhocker heran und bestellte
sich ein Bier.
    Â»Sie haben am Telefon nicht gesagt, weshalb ich hierherkommen
soll.«
    Michael nippte an seinem Gin-Tonic. Er hatte sich die
passende Antwort schon zurechtgelegt.
    Â»Ich möchte Daniel Treczok besser kennenlernen. Ich
möchte ein Gespür für ihn bekommen, für sein Leben und seine Arbeit. Für sein
gesamtes Umfeld. Deshalb wollte ich hierher. Für die Ermittlungen ist es
wichtig, sich ein Bild von alldem zu machen, verstehen Sie?«
    Christoph Schütz runzelte die Stirn, und Michael fügte
hinzu: »Die Atmosphäre hier ist fremd für mich. Wenn ich verstehen will, muss
ich Fragen stellen können. Da dachte ich, Sie könnten mir am ehesten
weiterhelfen. Schließlich kannten Sie Daniel sehr gut.«
    Â»Sie hatten also Angst, alleine in eine Schwulenbar zu
gehen.«
    Er stutzte. War das denn so offensichtlich? »Nein, das
verstehen Sie falsch. Ich möchte nur nicht auffallen. Ich weiß nicht, wie ich
mich verhalten muss.«
    Â»Sie brauchen eine Anstandsdame?«
    Ach herrje. Es gehörte zu seinem Job, Menschen zu
täuschen. Das hatte wirklich schon mal besser geklappt.
    Schütz lächelte. »Kein Problem, macht ja nichts. Sehen
Sie sich in Ruhe um, keiner wird Ihnen das übel nehmen. Wenn Sie etwas wissen
wollen, fragen Sie mich einfach.«
    Michael versuchte sich Daniel hinter der Theke vorzustellen.
Im roten, zuckenden Licht und mit freien Oberarmen. Er dachte an die
Automatenfotos, an seine weizenblonden Haare, das breite Lachen und die
leuchtenden Augen.
    Â»Das hier war also seine Arbeit.« Er ließ den Blick
wandern. »Hat er seinen Job gemocht? Hat er hier gerne gearbeitet?«
    Â»Er hat es geliebt!« Christoph lächelte versonnen.
»Wissen Sie, Daniel war eine Rampensau. Hier konnte er richtig aufdrehen, das
war seine Bühne. Natürlich kamen Alkohol und Drogen dazu. Aber wenn er erst mal
in Fahrt war, konnte ihn keiner mehr bremsen.«
    Â»Waren Sie oft hier? Wenn er gearbeitet hat?«
    Â»Manchmal. Aber ich bin nicht so fürs Nachtleben gemacht.
Ich war eher dabei, wenn er nachmittags im Bademantel gefrühstückt hat. Wenn er
nach den ganzen Alkohol- und Drogenexzessen bei uns in der WG -Küche saß und seine wilden Geschichten erzählt hat.
Das habe ich sehr gemocht. Er hat ziemlich viel erlebt, müssen Sie wissen,
nicht nur hier im Klub.«
    Michael blickte zu den Barkeepern. Wie wenig hatten
sie gemein, sein Bruder und er. Dabei trugen sie doch dieselbe Geschichte in
sich. Wie konnte man da zu so einem Menschen heranreifen? So unbekümmert sein?
Wie war ihm das gelungen?
    Â»Er hatte keine Angst«, flüsterte er. »Vor nichts und
niemandem.« Und das war von allem das Seltsamste.
    Â»Sie heißen gar nicht Herzberger, oder?«
    Michael sah verwundert auf. »Wie bitte?«
    Â»Ihr Name ist Michael Schöne. Sie sind Daniels Bruder.«
    Â»Sie … Heißt das, Sie wussten davon?«
    Â»Es stimmt also? Ich habe recht?«
    Ausflüchte und mögliche Erklärungen schossen ihm durch
den Kopf. Aber er entschied sich dagegen. Es spielte keine Rolle mehr.
    Â»Ja, Sie haben recht. Ich bin sein Bruder.« Vielleicht
war dieses Geständnis gar nicht schlecht, denn jetzt konnte er offen reden.
»Ich habe in Daniels Zimmer einen Zettel mit meiner Telefonnummer gefunden. Er
hat mich ausfindig gemacht, nach all den Jahren. Er wusste, dass ich auch in
Berlin lebe.«
    Â»Heißt das, Daniel hat Sie gar nicht angerufen? Sie wussten
gar nichts von ihm? Sie haben das alles erst nach seinem Tod erfahren?«
    Â»Sie dachten, er hätte mich angerufen?«
    Â»Ja. Ich dachte … aber das war wohl falsch. Er wollte
Sie anrufen, da bin ich ganz sicher.«
    Also lag Bärbel Neubauer falsch mit dem, was sie gesagt
hatte. Daniel hatte keine Angst vor ihm. Er wollte ihn anrufen. Es war nur
nicht mehr dazu gekommen, weil er vorher Opfer dieses Verbrechens wurde.
    Â»Hat Daniel … hat er

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