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Todesgarten

Todesgarten

Titel: Todesgarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holtkötter
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Tagesspiegel.
    Aber weshalb sollte der an einem Samstagabend anrufen?
    Er wollte improvisieren, doch dann hörte er Lisa im
Hintergrund lachen. Es polterte, sie kicherte. Offenbar versuchte sie, ihrem
Mann das Handy abzunehmen. Michael spürte den Stich. Es lief gerade gut
zwischen ihnen, zumindest hörte sich das so an. Das Handy schlug auf den Dielen
auf. Im nächsten Moment war Lisa am anderen Ende.
    Â»Wer ist denn da?« Ihre Stimme war leicht und heiter.
Es war ein Fehler gewesen, sie anzurufen.
    Â»Feldmann vom Tagesspiegel.«
    Stille am anderen Ende. Er wünschte, er könnte alles
rückgängig machen.
    Ihr Mann im Hintergrund: »Wer ist es?«
    Lisa ging nicht darauf ein. Ihre Stimme wurde laut.
    Â»Es ist Samstagabend! Und ich habe Urlaub! Was kann
denn bitte so dringend sein, Herr Feldmann?«
    Â»Es tut mir leid, Lisa, bitte glaub mir. Es tut mir
wirklich leid. Es … es ist nur so viel passiert. Ich dachte … ach, keine
Ahnung. Ich wollte reden.«
    Â»Nein, das geht nicht. Da müssen Sie schon mit meiner
Vertretung sprechen, mit der Frau Wöhlert. Die erreichen Sie in der Redaktion.
Aber natürlich erst am Montagmorgen.«
    Â»Ich verstehe. Du kannst nicht frei sprechen.«
    Â»Nein, darum geht es nicht. Das ist eine ganz grundsätzliche
Frage. Ich möchte im Urlaub nicht gestört werden. Haben Sie das verstanden?«
    Â»Es tut mir leid.«
    Er hatte es verpatzt. Eine weitere Zumutung, die auf
dem Beziehungskonto lastete. Er schloss die Augen und wartete darauf, dass sie
auflegte.
    Wieder ihr Mann im Hintergrund: »Jetzt lass doch. So
schlimm ist es ja nicht.«
    Sie ging nicht darauf ein. In Michaels Vorstellung
warf sie ihm wütende Blicke zu. Ihr Tonfall blieb unverändert. »Meine Familie
kommt an erster Stelle, Herr Feldmann. Verstehen Sie? Nur weil Sie rund um die
Uhr arbeiten, können Sie das nicht von anderen erwarten. Vielleicht wäre es
besser, Sie suchen sich ganz grundsätzlich jemand anderes für den Job. Ich habe
nämlich …« Sie brach ab.
    Michael hielt den Atem an. Nur noch die leisen Housebeats
waren zu hören, die vom Kink Klub herüberwehten. Wollte sie die Sache wirklich
auf diese Weise enden lassen? Ohne Vorwarnung und am Telefon? Dazu noch als
Redaktionsgespräch getarnt, damit ihr Ehemann nichts merkte? Die Art, wie eine
Liebe endet, hatte er einmal gelesen, sagte viel darüber aus, was für eine
Liebe es war.
    Â»Vergessen Sie, was ich gesagt habe.« Ihre Stimme
klang erschöpft. »Rufen Sie mich nach meinem Urlaub noch einmal an. Dann
sprechen wir in Ruhe über das Projekt.«
    Sie wartete keine Antwort ab, sondern beendete das
Gespräch. Michael holte tief Luft. Er hätte das wissen müssen. Er hätte sie
niemals an einem Samstagabend anrufen dürfen. Das war viel zu gefährlich.
Natürlich war sie wütend auf ihn.
    Er betrachtete die Partyleute vor dem Klub. Lisa würde
zu ihm halten, trotz allem. Da war er ganz sicher. Er durfte nur nicht noch einmal
gegen die Regeln verstoßen. Solange er sich an die Regeln hielt, konnte ihm
nichts passieren. Daran musste er in Zukunft denken.
    Er öffnete die Autotür und trat auf den Bürgersteig.
Jetzt war es ihm egal, ob er zu früh war oder nicht. Wichtig war nur, nicht
mehr alleine im Wagen zu sitzen. Er wollte in den Klub.
    Es war noch nicht viel los um diese Uhrzeit. Die
frühen Partygäste standen in Gruppen beisammen, nippten an ihren Getränken und
blickten sich erwartungsvoll um. Hinterm Tresen standen drei Barkeeper. Als
Michael sich an den Tresen setzte, kam einer auf ihn zu. Seine durchtrainierten
Oberarme waren voller Tätowierungen.
    Â»Was möchtest du trinken?«
    Michael traute sich nicht, etwas Alkoholfreies zu bestellen.
    Â»Einen Gin-Tonic.«
    Solange es bei einem Drink blieb, würde er sich noch
problemlos hinters Steuer setzen können. Der Barkeeper nickte und verschwand
wieder. Am anderen Ende des Tresens entdeckte Michael eine Frau, die ihm vage bekannt
vorkam. Sie hatte kurze blonde Haare und ein kantiges Gesicht. Irgendwo hatte
er sie schon einmal gesehen, aber er konnte sich nicht mehr erinnern. Sie ließ
den Barkeeper mit den Tätowierungen nicht aus den Augen, doch der schien das
gar nicht zu bemerken. Schließlich rutschte sie von ihrem Barhocker, nahm ihre
Bierflasche und schlenderte zur Tanzfläche, wo sie sich wie unbeteiligt an eine
Wand

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