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Todesgarten

Todesgarten

Titel: Todesgarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holtkötter
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den Blick auf hässliche Brandmauern freigaben.
    Im Ladenlokal im Parterre befand sich ein Büro. Ein
dicker Mann saß mit einem Telefon da und zupfte welke Blätter von einer Zimmerpflanze.
Er hatte der Straße den Rücken zugewandt. Michael lief mit großen Schritten auf
den Hauseingang zu, wo er sich im Schatten des Torbogens verbarg.
    Die Pensionszimmer befanden sich im Vorderhaus, im Hinterhaus
gab es nur Mietwohnungen. Sein Plan war, irgendwo zu klingeln und sich als
Prospektverteiler auszugeben. Aber das Tor zum Hof war nur angelehnt und ließ
sich aufdrücken.
    Vom dämmrigen Durchgang aus führte eine Tür ins
Treppenhaus und zu den Pensionszimmern. Michael entdeckte, dass es einen Türöffner
für eine Arztpraxis im Erdgeschoss gab. Er drückte ihn, es summte, und er konnte
das Treppenhaus betreten. Es lief besser als gedacht.
    Lautlos schlich er in den ersten Stock. Dort angekommen,
hörte er Dielen knarren. Eine Tür wurde geöffnet. Blitzschnell glitt er über
die Stufen weiter nach oben und in den zweiten Stock. Dort hielt er sich am
Geländer fest und lauschte.
    Jemand trat in den Flur, dann wurde die Tür wieder ins
Schloss gezogen. Er hörte schwere Schritte und ein leises Keuchen. Vorsichtig
sah er übers Geländer. Ein Mann im Lodenmantel tauchte auf, der angesichts des
sommerlichen Wetters etwas deplatziert wirkte.
    Es gelang Michael, einen Blick auf sein Gesicht zu erhaschen.
Halbglatze, Knollennase, rote Wangen. Es war Bernd Neubauer. Er sah aus wie auf
dem Foto, das seine Baufirma von ihm im Internet veröffentlicht hatte. Nur sein
ungepflegtes Aussehen passte nicht. Das Haar stand wirr vom Kopf ab, der
sonderbare Jägermantel war verdreckt. Sein Blick war merkwürdig starr, beinahe
manisch.
    Neubauer wuchtete seinen Körper die Stufen hinab. Erst
jetzt bemerkte Michael den spitzen Gegenstand, der sich unter seinem Mantel
abzeichnete. Er hatte keine Vorstellung, was das sein konnte. Als Neubauer
unten angekommen und durch die Tür verschwunden war, nahm Michael seinen Koffer
und schlich wieder hinunter. Zumindest wusste er jetzt, wo sich sein Zimmer
befand. Blieb nur noch zu hoffen, dass er nicht so schnell zurückkehrte.
    Er stellte den Werkzeugkoffer vor der Tür ab, nahm die
Latexhandschuhe und zog sie sich über. Es war eine uralte Flügeltür mit einem
unkomplizierten Schloss. Es würde nicht lange dauern, die Tür zu öffnen. Er zog
einen festen Draht hervor und bog ihn zurecht. Bevor er mit der Arbeit begann,
lauschte er in den Flur hinein. Aus den anderen Zimmern war nichts zu hören.
Dann tastete er die Tür ab. Türgriff und Schloss befanden sich am rechten
Flügel. Er drückte ihn mit aller Kraft zurück und schob den Draht in den
schmalen Zwischenraum. Dort ertastete er den Hebel und schob ihn aus der
Verankerung heraus. Anschließend trat er einen Schritt zurück und schlug mit
aller Kraft gegen das Schloss. Mit einem Knall sprang der Bolzen aus dem
Schloss, und die Türen flogen auseinander.
    Er lauschte ins Haus hinein, doch keiner schien den
Knall gehört zu haben. Eilig trat er ins Zimmer und begutachtete die Tür. Sie
war beinahe unversehrt.
    Die Möbel in dem großen Raum wirkten wie vom Sperrmüll
hergebracht. Ein alter Teppich verströmte einen modrigen Geruch. Mitten im
Zimmer stand ein wuchtiges Ehebett, dahinter ein Tisch mit einem Fernseher.
    Das Bett war unberührt, es gab weder Kleidungsstücke
noch Taschen oder Handtücher. Als wäre Neubauer ohne Gepäck eingetroffen.
    Zögernd trat Michael an das hohe Fenster, das zur Straße
führte. Schwere Gardinen verhüllten den Blick, er schob sie ein Stück zur
Seite. Unter ihm lagen das brachliegende Gelände der Bahn und der Kink Klub.
Tagsüber wirkte er düster und trist.
    Auf der Fensterbank lag ein zusammengefaltetes Blatt Papier,
ein karierter Zettel von einem Block. Als er danach griff, tauchte darunter
eine schmale Digitalkamera auf. Mit einem Stirnrunzeln schaltete er sie ein und
sah sich die gespeicherten Bilder an. Viele waren es nicht. Sie waren von
diesem Fensterplatz aus aufgenommen worden. Auf jedem Bild war das gleiche
Motiv. Ein gebräunter Mann mit engem T -Shirt, den
Michael auf Ende dreißig schätzte. Zweimal war er beim Verlassen des Klubs fotografiert
worden, ein drittes Mal stand er gelangweilt im Eingang und rauchte eine
Zigarette.
    Michael legte die Kamera

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