Todesgarten
eingelassen habe. Es war
doch alles so offensichtlich. Aber damals hat er mich irgendwie gerührt. Ich
hatte wohl einen Helferkomplex.«
»Wie ist Ihre Ehe zu Ende gegangen?«
»VerhältnismäÃig friedlich. Wir passten einfach nicht
zusammen. Das war ihm auch klar. Wir haben uns im Guten getrennt. Nicht als
Freunde, aber auch nicht im Streit.«
»Und danach ist er nach Stuttgart gegangen?«
»Ja, etwa ein halbes Jahr später. Er hat dort ein Jobangebot
bekommen. Er dachte wohl, es wäre das Beste, etwas Abstand zu bekommen. Und
damit hatte er wahrscheinlich auch recht.«
»Seitdem haben Sie keinen Kontakt mehr zu ihm?«
»Nein. In den ersten zwei Jahren haben wir noch an unseren
Geburtstagen miteinander telefoniert. Aber dann hat auch das aufgehört.«
Kathrin hörte, wie Ankes Bürotür sich öffnete und
Stimmen im Flur erklangen.
»Ihre Freundin ist jetzt fertig. Wenn Sie möchten, können
Sie wieder nach Hause fahren.«
Sie begleitete Ingrid Hesse auf den Flur, wo sie und
Bärbel Neubauer im Fahrstuhl verschwanden.
»Hast du was von ihr erfahren?«, fragte Anke, als sie
wieder allein waren.
»Sie hat nur bestätigt, was Bärbel Neubauer schon gesagt
hat.«
»Dann haben wir jetzt wohl ein Motiv.«
»Und was für eins. Bernd Neubauer ist niemals über
seine gescheiterte Ehe hinweggekommen. Und Daniel trug in seinen Augen die
Schuld für das Scheitern.«
Kathrin lieà sich auf ihren Schreibtischstuhl fallen.
»Und was denkst du jetzt?«, fragte Anke.
»Ich denke, wir sollten herausfinden, in welchem Hotel
Bernd Neubauer untergekommen ist.«
Â
Michael saà auf seinem Bett, vor ihm ausgebreitet lag
der Stadtplan von Berlin. Mit einem Filzstift beugte er sich über den Stadtplan
und markierte drei Orte: das Haus von Bärbel Neubauer in Babelsberg, die
Wohnung von Christoph Schütz in Schöneberg und den Kink Klub südlich des
Potsdamer Platzes.
Ganz in der Nähe eines dieser drei Orte musste sich
Bernd Neubauer aufhalten. Michael war inzwischen davon überzeugt, dass er in
Berlin war. Sein Erscheinen hatte bestimmt etwas mit dem Tod seines Bruders zu
tun. Er musste jetzt nur noch herausfinden, wo genau er sich befand.
Er rutschte über die Bettkante, nahm den Stadtplan und
ging hinüber in die Küche. Gedankenverloren machte er sich Kaffee. Dann
breitete er den Stadtplan auf dem Tisch aus und fuhr seinen Laptop hoch. Ãber
eine Suchmaschine stellte er eine Liste von Hotels und Pensionen zusammen, die
sich in unmittelbarer Nähe zu einem der drei Orte befanden.
Er lehnte sich zurück, nahm seine Kaffeetasse und betrachtete
die Liste, die über vierzig Unterkünfte umfasste. Dann griff er nach dem
Telefon und wählte die Nummer des ersten Hotels. Es war das Hotel Altberlin in
der Potsdamer StraÃe.
Eine Frau meldete sich. »Hotel Altberlin, was kann ich
für Sie tun?«
»Guten Tag. Ich glaube, ein Freund von mir wohnt bei
Ihnen. Können Sie mich verbinden?«
»Gerne. Wie ist der Name?«
»Neubauer. Bernd Neubauer.«
Eine Zeit lang passierte nichts, dann meldete sich die
Frau wieder. »Tut mir leid, aber ein Gast mit diesem Namen wohnt nicht bei uns.
Sind Sie sicher, dass er hier gebucht hat?«
Michael strich das Hotel von der Liste.
»Nein. Es war etwas mit Berlin im Namen, da bin ich
sicher. Ich schau einfach noch mal nach. Entschuldigen Sie bitte die Störung.«
»Vielleicht war es ja die Pension Berlin? Die ist nämlich
nur ein paar Meter von hier entfernt.«
»Ja, vielleicht. Ich werde es dort versuchen. Vielen
Dank.«
Sie lieà es sich nicht nehmen, ihm die Nummer und eine
Wegbeschreibung zu geben. Als er sie endlich abgewimmelt hatte, nahm er sich
die Liste wieder vor. Er wollte der Reihe nach vorgehen.
Es war ohnehin nur eine Frage der Zeit, bis er Bernd Neubauer
finden würde.
13
»Was war das eigentlich für ein Typ gestern Abend im
Klub?«
Anna balancierte eine Schale Milchkaffee in Toms
Schlafzimmer. Ein schlichter Raum, in dem es auÃer einem Stahlbett und einer
alten Truhe keine Möbel gab. Trotzdem hatte er es geschafft, das Zimmer
innerhalb kürzester Zeit in totale Unordnung zu bringen. Kleidungsstücke,
Pizzakartons, Weinflaschen, Aschenbecher. Das reinste Schlachtfeld. Nur mühsam
bahnte sich Anna einen Weg zur Fensterbank.
»Welchen Typen meinst du?«, kam es
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