Todesgeil
Beispiel und daraus folgend das Ende seiner Freundschaft mit Joe. Dieser Scheiß allein hätte schon den meisten die Stimmung verdorben. Hinzu kam die Erinnerung an die Demütigung, die er durch diese psychopathischen Hinterwäldler erlitten hatte und die ihn ständig heimsuchte. In jener Nacht hatten sie seinen Stolz zutiefst verletzt und wahrscheinlich würde er das noch Jahre mit sich herumschleppen. Das machte den ganzen übrigen Mist nur noch schlimmer, auch die Sache mit Emily, sodass er innerlich bebend ständig nur noch am Rande eines Wutausbruchs stand. Im Moment fielen ihm nur zwei Möglichkeiten ein, mit dem emotionalen Scheiß fertig zu werden, der auf ihn einstürmte.
Entweder eines Nachts in die Kneipe zurückzukehren und Rache zu nehmen.
Oder den ganzen Mist in einem Meer von Alkohol zu ertränken.
Das Glas in seiner Hand war schon wieder leer. Aus einer nahezu leeren Flasche schenkte er sich noch etwas Scotch nach. Diesmal musste er den Flaschenhals schon etwas fester halten, um beim Einschenken nichts zu verschütten. Als er das Glas an die Lippen führte, wurde ihm klar, dass er nur noch zwei, drei Gläser brauchte, bis er von seinem angenehmen Schwips die Grenze zur Volltrunkenheit überschritt. Nicht dass es ihm etwas ausmachte. Schließlich hatte er ja vor sich zu besaufen. Allerdings wollte er nicht allzu früh zu besoffen sein.
Eine der Balkontüren öffnete sich und Joe kam ins Haus gewankt. Der Duft nach brutzelndem Fleisch wehte mit ihm herein. Sean Hewitt hatte ein paar Burger auf den Grill geworfen. Der Geruch ließ Chucks Magen knurren. Er merkte, dass er den ganzen Tag noch nichts gegessen hatte. Wahrscheinlich hatten das Trinken und die Nachrichten ihn zu sehr abgelenkt.
»Sind die Burger bald fertig?«
Joe wandte sich ihm zu und sah ihn aus glasigen Augen an. »Dich habe ich schon immer für einen Scheißkerl gehalten.«
Chuck nahm einen Schluck von seinem Scotch. »Das beantwortet nicht wirklich meine Frage. Ich habe Hunger und Lust auf einen Burger, vielleicht auch zwei. Was du von mir hältst, interessiert mich einen Dreck.«
»Fick dich, Mann!«
Chuck lächelte. »Erkläre mir doch mal was, Joseph. Wie ist es eigentlich?«
Joe schwankte und fiel beinahe hin. Die leere Flasche Budweiser, die er in der Hand hielt, entglitt seinen Fingern und zerschellte auf dem Hartholz-Fußboden. Er sah aus, als würde er jeden Augenblick das Bewusstsein verlieren, und er wäre wahrscheinlich auch auf der Stelle umgekippt, doch irgendetwas in ihm ließ dies nicht zu. Er schwankte erneut und packte die Lehne eines Barhockers, um sich aufrecht zu halten. »Wie ist was, du Dreckskerl?«
Chuck lächelte noch immer. »Du weißt schon, was ich meine.« Mit seiner freien Hand imitierte er das Schwingen einer Peitsche. »Wie ist es so, sich von dieser Schlampe an der Nase herumführen zu lassen? Fühlst du dich überhaupt noch als richtiger Mann?«
Die Röte schoss Joe ins Gesicht, seine Kiefermuskeln zuckten, während ihn der Zorn übermannte und beinahe wieder nüchtern erscheinen ließ. Chuck war allerdings klar, dass dieser Eindruck täuschte.
»Ich werde dir in den ... in den Arsch ...«
Chuck stellte sein Glas ab und trat, die Arme zu einer Zeig-mir-was-du-drauf-hast-Geste ausgebreitet, hinter der Bar vor. »Versuch’s!« Mit einem Schnalzen ahmte er ein Peitschenknallen nach. »Na, komm schon! Wir werden sehen, wer hier der Dreckskerl ist.«
Joe ließ den Barhocker los und stürzte sich auf Chuck. Es war zwar ziemlicher Druck dahinter, aber sein alkoholisierter Zustand machte ihn schwerfällig und unbeholfen. Es fiel nicht schwer, ihm auszuweichen. Und es fiel Chuck noch leichter, die Faust zu heben und seinem einstmals besten Freund auf den Kiefer krachen zu lassen. Es war ein harter, direkter Schlag. Seine Knöchel brannten und eine Woge des Schmerzes jagte seinen Arm entlang, aber das war schon in Ordnung. Der Schmerz fühlte sich gut an. Endlich zuzuschlagen, war ein gutes Gefühl.
Joe wurde zur Seite geschleudert und knallte auf einen Beistelltisch, der nun seinerseits weggeschleudert wurde. Die schwere Messinglampe darauf landete scheppernd auf dem Boden. Der Lärm und das Schmerzgeheul, mit dem Joe auf dem Boden aufschlug, ließ die anderen vom Balkon hereinstürmen.
»Joe!« Emily hastete zu Joe und kniete sich neben den lang hingestreckten Körper. Sie warf den Kopf in den Nacken und funkelte Chuck wütend an. »Du Arschloch! Was zum Teufel stimmt nicht mit dir?«
Zoe
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