Todesgeil
konnte er von Glück sagen, wenn sie sich einmal die Woche flachlegen ließ. Wahrscheinlich war er ja blöd gewesen zu hoffen, dass sie die frigide Routine im Urlaub aufgeben würde.
Er klopfte an die Badezimmertür. »Hey Baby. Ich brauche ein bisschen frische Luft. Ich bin bald zurück.«
»In Ordnung«, antwortete von der anderen Seite eine gedämpfte Stimme. Die monotone Antwort ließ ihn einen Moment länger an der Tür verharren, ehe er endlich ging. Er fragte sich, wie sie wohl geklungen hätte, wenn er gesagt hätte: »Hey Baby, ich gehe kurz raus und werfe mich mal eben vor einen Bus.«
Hätte dieselbe gleichgültige Stimme auch dazu »In Ordnung« gesagt?
Wahrscheinlich.
Fuck.
Es war verrückt. Allmählich machte ihm die Situation wirklich zu schaffen. Er kam sich vor, als stünde er tatsächlich am Rande einer Depression, was so gar nicht zu ihm passte. Tränen traten ihm in die Augen. Er musste zusehen, dass er da wieder rauskam, bevor er noch einen peinlichen Zusammenbruch erlitt. Ohne ein weiteres Wort verließ er das Hotelzimmer und widerstand gerade so der Versuchung, die Tür hinter sich zuzuschlagen.
Scheiß drauf.
In dieser Angelegenheit wollte er ganz Macho bleiben. Stets das große Wort führen und sich so aufführen, als wäre ihm alles scheißegal, so wie er es sonst auch immer machte. Aber das erwies sich als schwerer, als er es sich vorgestellt hatte.
Seine Gedanken wanderten zurück zu der Sache von vorhin, zu dem Vorfall mit dem Gothic-Mädchen. Ohne jeden Grund hatte er sie beschimpft. Oh, irgendwie glaubte er beinahe selber die blödsinnige Erklärung, die er von sich gegeben hatte, aber die Wahrheit war noch viel jämmerlicher. Das Mädchen war bloß ein Opfer seiner Frustrationen gewesen. Er ärgerte sich darüber, wie es mit Zoe lief, und hatte seine Wut an einer Fremden ausgelassen. Die Kleine hatte das Pech gehabt, genau zum falschen Zeitpunkt in seinem Gesichtskreis aufzutauchen. Wie er jetzt so darüber nachdachte, tat es ihm leid.
Sorry, wer auch immer du warst.
Er zündete sich eine Zigarette an und lehnte sich an das Balkongeländer der zweiten Etage. Direkt unter ihm war der Miet-Van geparkt. Am anderen Ende des nur halb vollen Motelparkplatzes blinkte und zischte ein Neonschild. Darauf stand in Leuchtbuchstaben: ZIMMER FREI. Ursprünglich hatten sie vorgehabt, nach Myrtle Beach durchzufahren. Aber sie hatten getrödelt und zu viel getrunken. Und die ständigen Boxenstopps aufgrund voller Blasen hatten auch nicht dazu beigetragen, es an einem Tag zu schaffen. Chuck ärgerte sich ein bisschen, weil er morgen früh nicht in Myrtle Beach aufwachen würde, in Wirklichkeit jedoch war er froh gewesen, endlich von der Straße runter zu können. Er sehnte sich nach einer Mütze voll Schlaf. Und wer weiß, vielleicht wäre mit einem neuen Tag auch Schluss mit der miesen Stimmung und es könnte einen Neuanfang geben. Wahrscheinlich nicht, aber ein Mann durfte ja schließlich hoffen.
Er drückte die Zigarette aus und schnippte die Kippe übers Geländer. Gerade als er sich umwandte, um wieder reinzugehen, öffnete sich zu seiner Linken eine Tür und Emily Sinclair kam nach draußen. Sie sah ihn und lächelte. Das war schon ein bisschen seltsam. Sie hatte nicht allzu oft ein Lächeln für ihn übrig. Eigentlich nie. Sie lehnte die Tür zu ihrem Zimmer nur an und trat zu ihm ans Geländer.
Mit einem lackierten Fingernagel tippte sie auf die Zigarettenschachtel in seiner Hand. »Gibst du mir eine?«
Chuck lachte. »Na ja, wenn du nett fragst ...«
Er reichte ihr die Packung. Sie klopfte sich eine Zigarette heraus und steckte sie sich zwischen ihre vollen Lippen.
Unverwandt sah sie ihn an.
Chuck lachte erneut und gab ihr Feuer. Sie wandte den Kopf leicht ab und blies den Rauch direkt an seinem Gesicht vorbei. Sie lächelte abermals. »Danke.«
»Kein Problem.«
Chuck lehnte sich wieder an das Geländer. Es hatte sowieso keinen Zweck, jetzt wieder reinzugehen. Wahrscheinlich war Zoe immer noch im Badezimmer und versteckte sich vor ihm. Und Emily war tatsächlich irgendwie freundlich zu ihm, was äußerst selten vorkam. Solange ihr seine Gesellschaft nichts ausmachte, würde er hier draußen bleiben.
Emily beugte sich übers Geländer und blickte angestrengt in Richtung der kaputten Leuchtreklame. »Ähm ... Chuck?«
Er warf ihr einen flüchtigen Blick zu. »Ja?«
Sie stieß den Rauch aus und blickte noch immer nicht zu ihm. »Willst du mit mir ficken?«
Chuck klappte der
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