Todesgeil
Lulu will es.«
»Was? Warum?«
Sein Griff schloss sich fester um ihren Arm, so fest, dass es wehtat. »Das ist ein Test. Du musst beweisen, dass du es wert bist. Zeig’, dass du genau wie wir bist.« Seine Oberlippe zuckte. »Bring’ sie um.«
Er ließ ihren Arm los und schubste sie weiter vorwärts. Julie sah sich die Frau an. Sie war hübsch, schlank und trotzdem kurvenreich. So um die 30. Ihr braunes Haar war lang und lockig. Sie trug eine Halskette mit einem kleinen Herzanhänger, den ihr wohl ihr Freund geschenkt hatte. Dann sah Julie den Ring. Okay, den Freund konnte man streichen. Sie hatte den Anhänger von ihrem Ehemann. Irgendwo da draußen war ein Mann, der diese Frau liebte, sich womöglich Sorgen um sie machte und sich fragte, wo sie wohl blieb. Dieser Mann würde sie nie wiedersehen. Jedenfalls nicht lebend.
Julie ließ das Messer fallen und rückte von dem Kerl weg. »Ich werde sie nicht umbringen. Vergiss’ es.«
Erneut gab die gefesselte Frau einen wimmernden Laut von sich.
Der Kerl grinste süffisant. »Du gibst also zu, dass du anders bist als ich? Dass Lulu sich geirrt hat?«
»Nein.«
Er runzelte die Stirn. »Aber ...«
»Ich werde keine Frau töten. Bring mir einen Mann. Irgendeinen. Mir ist egal, was für einer. Ich werde mit ihm anstellen, was du willst. Ihm die Kehle durchschneiden und sein Blut trinken. Ihm den Bauch aufschlitzen und seine Eingeweide herausreißen. Ihm den Schwanz abschneiden und ihn ihm zu fressen geben. Was auch immer. Aber das hier ...« Sie deutete auf die Frau. »Auf gar keinen Fall!«
Er starrte sie lange an.
Dann fing er an mit Lulu zu reden.
Und das war wirklich unheimlich, dem durchgeknallten Typ zuzusehen, wie er sich mit der Stimme in seinem Kopf unterhielt und dabei eigentlich nur aufgeregt mit sich selber diskutierte. Nach einer Weile schien er nachzugeben. Er seufzte. »Lulu sagt, dass wir es tun sollen. Ich werde dich wieder in den Kofferraum stecken und einen Kerl für dich auftreiben, den du umbringen kannst.«
Julie schüttelte den Kopf. »Nein.«
»Nein?«
»Nein.« Abermals schüttelte sie den Kopf. »Ich habe die Nase voll vom Kofferraum. Ich werde vorne bei dir mitfahren.« Er wollte ihr widersprechen, doch sie ließ nicht locker. »Und der Grund dafür ist, dass ich dich nicht aussuchen lasse, wen ich umbringen soll. Das ist meine Sache. Ich meine, was ich sage. Wir schnappen uns irgendeinen Scheißkerl von der Straße und ich reiße ihm den verfickten Arsch auf. Aber du wirst mir nicht reinreden, wer es sein wird. Kapiert?«
Sie erwartete, dass er etwas dagegen sagen würde, doch er zuckte bloß die Achseln und meinte: »Okay!«
Anschließend hob er das Jagdmesser auf.
Julie schüttelte heftig den Kopf. »Nein.«
Er lachte.
Dann rammte er die riesige Klinge bis zum Heft in den flachen Bauch der gefesselten Frau und zog sie wieder heraus. Blut schoss aus der Wunde, die Frau bäumte sich in ihren Fesseln auf. Ihre ohnehin weit aufgerissenen Augen schienen noch größer zu werden. Instinktiv versuchte sie durch den Mund Luft zu holen, sodass sie das Klebeband unter ihrer Nase regelrecht ansaugte.
Julie taumelte rückwärts, stolperte über einen Stein und fiel heftig auf den Arsch. Sie saß einfach nur da und sah zu, wie der Verrückte mit seinem großen Messer noch einige weitere Dinge mit der todgeweihten Frau anstellte. Schließlich rollte sie sich auf den Bauch und presste die Augen zusammen.
Hilf mir, dachte sie. Bitte, hilf mir doch irgendjemand ...
KAPITEL 18
Tagebuch eines durchgeknallten Girls
Blogeintrag vom 31. Oktober letzten Jahres
Ihr werdet mir nicht glauben, was für einen Scheißtag ich heute hatte. Ausgerechnet an meinem Lieblingstag im ganzen beschissenen Jahr. Ich bin so verdammt wütend, dass ich zittere. Im Ernst. Ich zittere wie einer dieser Hardcore-Alkis, die man zum Entzug wegsperrt. Dauernd speichere ich alles und fange jeden Satz wieder von vorne an, weil ich meinen pingeligen Hass auf Druckfehler einfach nicht unterdrücken kann. Gott, ist mein Leben lächerlich!
Ja, stimmt. Ich bin eine lächerliche Person. Ich bin der klischeehafte Inbegriff einer gequälten Jugendlichen, die auf Goth steht. Ich hasse es, ein Typ zu sein, bloß eine verdammte Kategorie. Aber das bin ich, genau das BIN ich, verdammt noch mal, Mann. Das Einzige, was mich von diesem düsteren Club unterscheidet, ist mein Aussehen. Ich sehe aus wie das typisch amerikanische Mädchen und war auch noch irgendwie stolz darauf.
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