Todesgeil
RAUSKOMMST, UND ZWAR SOFORT, DU ARSCHLOCH!«
Rob duckte sich, ihm klingelten die Ohren.
Weitere Schluchzer erschollen aus dem Kofferraum, doch nun griff der Mann nach dem gummiüberzogenen Rand des Deckels und begann sich nach draußen zu hieven. Robs Herzschlag beschleunigte sich, abermals traf ihn die grausame Wirklichkeit dessen, was hier geschah. Gleich würde hier ein Mensch umgebracht werden und er hatte nicht vor, irgendetwas zu unternehmen, um dies zu verhindern. Na, Arschloch, höhnte sein Gewissen, glaubst du immer noch, dass du kein Ungeheuer bist?
Rob war nach Weinen zumute, doch seine Augen blieben trocken. Wenn er jetzt auch noch anfing zu heulen, würde dies seine Schmach nur vergrößern. Sein Gewissen hatte recht. Nichts konnte ihn davon freisprechen, dass er bei dieser grässlichen Tat mithalf. Es war falsch. Schlicht und einfach verdammt noch mal falsch. Damit gehörte er nun also zu den Bösen. Gut, okay, er hatte zwar nicht den Finger am Abzug, aber was für einen Unterschied machte dies schon? Er ließ es geschehen und damit war er nicht besser als Roxie.
Der Mann war mittlerweile aus dem Kofferraum gestiegen. Er richtete sich auf und musste im grellen Sonnenlicht blinzeln. Er war ein dicklicher Typ in den Dreißigern. Er trug schmutzige Jeans und ein zerknittertes Star Wars -T-Shirt. Der Kerl blickte auf die Waffe und fing an zu jammern. Der Schwachkopf gab ein klägliches Bild ab. Er wurde allmählich alt und wahrscheinlich hatte man ihn schon seit seiner Schulzeit ständig fertiggemacht. Weshalb sollte es ausgerechnet am letzten Tag seines erbärmlichen Lebens anders laufen?
Es war lächerlich einfach gewesen. Eine Stunde lang waren sie durch die etwas schäbigeren Stadtteile von Starkweather, North Carolina, gefahren und schließlich an einem Wohnkomplex mit der Bezeichnung »Grafschaft« gelandet, ein Name, der bei Roxie erwartungsgemäß ein Kichern hervorrief. An einem Werktag herrschte in der Anlage so früh so gut wie kein Betrieb. Die meisten Parkplätze waren leer. Nur vor Haus G stand ein einsamer Wagen, der heruntergekommene alte Tercel, der diesem Hans im Glück hier gehörte. Er war aus seinem Apartment gekommen und zum (für ihn) exakt falschen Zeitpunkt zu seinem Auto gegangen. Es war erstaunlich, wie schnell alles über die Bühne ging. Der fette Trottel starrte Roxie nur blöde mit offenem Mund an, als sie aus dem Galaxie sprang und mit dem Revolver vor ihm herumfuchtelte. Sie zog ihm die Kanone übers Gesicht, sodass er blutete und ein paar Zähne zu Bruch gingen. Anschließend riss sie ihm die Schlüssel aus der Hand, öffnete den Kofferraum des Tercel und schob den Typ hinein. Das Ganze dauerte kaum länger als eine Minute, und keiner in der Nähe, der etwas sah. Jedenfalls keiner, der vorhatte, etwas zu unternehmen. Roxie nahm den Tercel und Rob folgte ihr zu einer nahe gelegenen Tankstelle, wo Roxie die Straßenkarte erstand und ihm kurz ihre Pläne erklärte. Nun hatten sie also einen neuen Wagen.
Und eine letzte offene Frage, die noch geklärt werden musste.
Roxie deutete mit der Waffe auf die Baumreihe zu ihrer Rechten.
»Da lang, Arschloch!«
Der Mann ließ seinen Blick zu den Bäumen schweifen, fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und blickte dann wieder Roxie an. »Du willst mich umbringen, stimmt’s?«
Roxie kicherte. »Eins zu null für dich, Fettsack.«
»Dann gehe ich nirgendwohin. Außerdem heiße ich Greg und nicht Fettsack.«
Roxie starrte ihn zornig an. »Und was interessiert mich das?«
Greg nahm all seinen Mut zusammen und grinste sie spöttisch an. »Meinst du nicht, du solltest wissen, wie derjenige heißt, den du umlegst? Das macht es vielleicht nicht ganz so unpersönlich. So als würde man tatsächlich einen Menschen umbringen und nicht bloß irgendein Ding.« Er schüttelte den Kopf. »Ich bin kein Gegenstand. Du kannst mich nicht einfach so ohne Weiteres umbringen, als würdest du einen Käfer zertreten.« Erneut begann seine Unterlippe zu beben. »Es ist nicht richtig. Deshalb kannst du mich gleich hier erschießen, du Schlampe. Für dich werde ich keinen Todesmarsch hinlegen.«
Roxie schlug ihm mit der Waffe ins Gesicht und brachte ihn ins Wanken, anschließend holte sie zu einem weiteren Schlag aus. Er wich zurück bis an den Kofferraum und Roxie schob ihm den Lauf des 38ers tief in seinen offenen Mund. Dicht über ihn gebeugt, besprühte sie sein schweißüberzogenes Gesicht mit Spucke, als sie betont deutlich artikulierte:
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