Todesgier - Thriller
auch über den anderen Mann, den sie überfallen haben …«
»Spellman«, sagte Wilson.
Lucas nickte. »Sie sind nicht aus der Gegend. Unserer Ansicht nach kommen sie aus Alabama.«
»Seltsam, so viel Aufwand für vierhundert Dollar«, sagte Jones. Lucas sah ihn an und schüttelte kaum merklich den Kopf.
»Mischen Sie sich nicht ein, Mann«, zischte Jones verärgert.
»Wir fahren heim, sobald wir aus dem Krankenhaus draußen sind«, versprach Wilson Lori Johnson.
»Ganz langsam«, versuchte Lucas, alle zu beruhigen, und fügte an Wilson gewandt hinzu: »Soweit ich weiß, war einer der Männer schwarz und einer weiß. Vom dritten wissen wir’s nicht.«
»Ich könnte keinen von ihnen identifizieren, so viel steht fest«, sagte Wilson. »Den Schwarzen hab ich zwar durch den Spion gesehen, als er den FedEx-Umschlag hochgehalten hat, aber eigentlich sind mir nur seine Uniform und der Umschlag aufgefallen. Als sie reingestürmt sind, hatte er die Maske schon wieder auf. Den würde ich nicht mal bei einer Gegenüberstellung mit nur zwei Verdächtigen erkennen.«
»Bei dem Weißen haben Sie die Arme bemerkt, oder?«
»Die Handgelenke«, antwortete Lori Johnson. »Er hatte Hakenkreuz-Tätowierungen genau an der Stelle, wo andere Leute die Uhr tragen. Die Tattoos sahen sogar wie eine Uhr aus: ein Hakenkreuz in einem Kreis, dazu ein schmales tätowiertes Band ums Gelenk.«
»Das ist mir gar nicht aufgefallen«, bemerkte Wilson.
»Wir gehen gerade alle Tätowierungsregister durch, haben allerdings noch nichts gefunden«, teilte Jones Lucas mit.
»Ich hab’s gesehen«, beharrte Lori Johnson.
»Das glaube ich Ihnen«, sagte Lucas. »Trotzdem merkwürdig: ein Nazi mit einem schwarzen Partner … Was war mit dem Dritten?«
»Ich denke, der war auch weiß«, antwortete Wilson. »Obwohl ich es nicht mit Sicherheit sagen kann, wegen der Maske.«
»Ja«, pflichtete Lori Johnson ihm bei. »Die Augen waren nicht sonderlich gut zu erkennen, aber wahrscheinlich blau oder grün - jedenfalls hell.«
»War er groß?«, erkundigte sich Lucas.
»Ja, sogar sehr groß. Die beiden anderen auch, deutlich über eins achtzig, aber der eine war richtig groß.«
Cohn, dachte Lucas.
Lucas ging mit ihnen den Überfall bis zum Ende durch, als der unbekannte Hakenkreuzträger fünf Minuten geblieben war, während seine Kumpane Spellman ausraubten. »Er ist mir bedrohlich nahe gekommen«, erzählte Lori Johnson. »Ich dachte, er würde mich vergewaltigen.«
»Aber es ist bei der verbalen Einschüchterung geblieben?«
»Er hat mir das Kleid aufgerissen!«
»Er hat nicht die Hose aufgemacht oder sich Ihnen sonst wie unsittlich genähert?«, fragte Lucas.
»Nein … Was wollen Sie damit sagen?«
»Er wollte Ihnen Angst machen, damit Sie nicht schreien«, erklärte Lucas. »Er hatte nie die Absicht, Sie zu vergewaltigen.«
»Sie waren doch gar nicht dabei!«, rief sie empört.
»Möglich, dass er Sie unter anderen Umständen vergewaltigt hätte, aber so war zum Glück keine Zeit. Außerdem hätte eine Vergewaltigung DNS-Spuren hinterlassen. Dazu sind diese Gangster zu professionell. Mr. Wilson, Sie sagen, der Angriff sei brutal gewesen, und doch sitzen Sie schon wieder aufrecht im Bett und essen etwas. Bei schweren Verletzungen hingen Sie jetzt am Tropf, und das hätte zu viel Aufmerksamkeit erregt … für vierhundert Dollar Beute …« Lucas zuckte die Achseln.
Nach kurzem Schweigen sagte Wilson: »Das ist mir auch schon durch den Kopf gegangen. Ich hatte Angst, doch der Schaden hält sich in Grenzen - abgesehen von der Nase. Die
tut immer noch höllisch weh. Die Aktion wirkte ganz genau geplant.«
»Interessant.«
»Warum haben sie nur so getan, als wollten sie mich ernsthaft verletzen?«, überlegte Wilson laut.
»Durch diese Form der Einschüchterung konnte ein Einzelner Sie in Schach halten, während die anderen Spellman ausraubten. Noch eine Frage: Wie vielen Leuten haben Sie von dem Überfall erzählt?«
»Schon ein paar.«
»Die haben es vermutlich weitererzählt, und die wieder. Jetzt weiß praktisch jeder, dass Sie brutal zusammengeschlagen wurden und Ms. Johnson fast Opfer einer Vergewaltigung geworden wäre«, erklärte Lucas. »Falls die weitere solche Aktionen planen, haben sie den Weg dafür geebnet: Die Leute sind gewarnt.«
»Das ist ja schrecklich«, stöhnte Lori Johnson.
»Stimmt«, pflichtete Lucas ihr bei. »Es ist alles eiskalt kalkuliert. Aber immerhin sind Sie beide am Leben, und Sie wurden
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