Todesgier - Thriller
einmal wegen Zuhälterei festgenommen. Jahre später war er in eine Schießerei mit einem Serienmörder geraten und seitdem gelähmt. Lucas war bei dieser Schießerei dabei gewesen, hatte aber selbst nicht abgedrückt.
Whitcomb war erneut ins Gefängnis gewandert, diesmal wegen Meineids und Widerstands gegen die Staatsgewalt. Bei der Vorverhandlung hatte er gelogen, was zu einer Freilassung des Tatverdächtigen und letztlich zu dessen Ermordung führte. Insgesamt war er zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt worden. Laut Aussage des Artikels im Star Tribune hatte er gelogen, weil er Lucas hasste und ihm die Schuld für seine Behinderung gab.
Die sechs Jahre waren noch nicht vorbei. Warum Whitcomb sich bereits auf freiem Fuß befand, konnte Letty keinem der Artikel entnehmen. Wahrscheinlich hatte er Bewährung bekommen, oder es hatten sich medizinische Probleme ergeben; jedenfalls war er nicht aus dem Gefängnis ausgebrochen. Das hätten die Zeitungen mit Sicherheit erwähnt.
Letty lehnte sich zurück. Randy Whitcomb war also ein Zuhälter, der Lucas hasste und sich deshalb an ihre Fersen heftete. Er plante etwas, so viel stand fest.
Plötzlich hatte sie das Gefühl, als würde ihr ein kalter Winterwind ins Gesicht wehen. Doch sie hob die Nase witternd wie eine Jägerin.
Lucas schickte Jones die New Yorker Fotos und bat seine Sekretärin Carol, die bereits den zweiten Tag in Folge Überstunden
machte, eine Liste von Hotels und Motels zusammenzustellen. Dann rief er Lily Rothenburg in ihrer Wohnung in Manhattan an.
»Was hast du rausgefunden?«, fragte sie sofort.
»Was Interessantes. Bei uns sind gestern Abend zwei Leute überfallen worden; offenbar war viel Geld im Spiel …«
Als er ihr den Fall geschildert hatte, sagte sie: »Lucas, das sind sie. Das Schema passt genau. Es klingt wie bei den anderen Aktionen, die das FBI ihnen zur Last legt. Sie schlagen immer dann zu, wenn am meisten Geld zu holen ist und die geringste Gefahr besteht, erwischt zu werden. Koordination, Timing, Einschüchterung - das ist ihre Handschrift. Verdammt, ich wünschte, ich könnte da sein.«
»Wir zeigen die Fotos in allen Hotels und Motels in der Stadt herum. Ich glaube nicht, dass sie etwas von unseren Ermittlungen ahnen, also haben wir eine reelle Chance«, sagte Lucas.
»Hoffentlich war das gestern Abend nicht ihr letzter Coup - aber ich kann mir eigentlich nicht vorstellen, dass Cohn schon genug hat. Er braucht ungefähr drei oder vier Millionen für sich selbst. Das heißt, er muss insgesamt um die zehn erbeuten, wenn alle Bandenmitglieder was bekommen sollen. Ich denke nicht, dass er sich so einfach zu kriegendes Geld entgehen lässt.«
»Wir könnten sein Bild von CNN ausstrahlen lassen«, schlug Lucas vor. »Falls es uns nicht anders gelingt, ihn zu erwischen.«
»Vermutlich hat er einen eleganten Fluchtweg aus dem Land organisiert. Nach den Morden hier ist er spurlos verschwunden. Wir wollen ihn nicht wieder aus den Augen verlieren. Wenn du CNN auf ihn ansetzt, taucht er sicher ab.«
»Es wäre nur die allerletzte Alternative.«
»Etwas anderes: Die Briten haben überall Videoüberwachung - gruselig. Da geht’s zu wie in 1984 «, sagte Lily.
»Sie haben seinen Weg von Heathrow durch London zu einem Bahnhof rekonstruiert und festgestellt, dass er in einen Zug nach York gestiegen ist.«
»Nach York?«
»Ja, wie in New York. Eine Stadt irgendwo im Norden von England. Dort hat er ein Haus gemietet und sich den Nachbarn als der amerikanische Ingenieur George Mason vorgestellt. Er hat Golf gespielt, was mit einer Frau in einer PR-Firma angefangen …« Lucas hörte, wie sie Unterlagen durchblätterte. »Das wär’s dann auch schon. Als der Mietvertrag auslief, ist er ausgezogen. Der Vermieter hat das bedauert, denn er war ordentlich und ruhig und hat die Miete immer mehr als pünktlich bezahlt.«
»Was zum Teufel hat ihn nach York verschlagen?«, fragte Lucas.
»Genau das macht ihn so unberechenbar - ich glaube, er hat die Stadt nach dem Zufallsprinzip ausgewählt. Abgesehen davon, dass man dort Englisch spricht. Und er hat übrigens einen Spanischkurs besucht, an der örtlichen Uni.«
»Einen Spanischkurs.«
»Was bedeutet, dass er wahrscheinlich nach Mexiko, Mittelamerika, Chile oder Argentinien will«, sagte Lily. »Wenn er uns wieder entkommt, ist er endgültig weg.«
»Was ist mit den britischen Aufnahmen? Die sind vielleicht besser als die mit Photoshop bearbeiteten von dir.«
»Nein. Der Film hat
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