Todesgier - Thriller
nicht vergewaltigt.«
Bart Spellman trank in der Bar des High Hat ein Sodawasser mit einer Zitronenscheibe und überflog die Sonntagscomics im Star Tribune . Als er Jones näher kommen sah, legte er die Zeitung zusammen. »Und, haben Sie sie gefunden?«
»Nein. Darf ich Ihnen Lucas Davenport vorstellen?«
Lucas und Jones bestellten Pepsi light, weil es im High Hat keine Cola gab. Spellman hob eine Ecke des Gazeverbands über seinem Auge. Er hatte einen Bluterguss so groß wie eine Kinderhand sowie eine mit einem Dutzend Stichen genähte Platzwunde. Lucas zuckte zusammen. »Nicht übel«, lautete sein Kommentar.
»Das ist nichts im Vergleich zu Wilson. Wahrscheinlich hat der Gute sie blöd angeredet«, mutmaßte Spellman. »Ich hab
mich auf den Boden fallen lassen und gestöhnt und ihnen gezeigt, dass ich blute. Da haben Sie mich in Ruhe gelassen.«
»Sind Sie schon mal ausgeraubt worden?«, erkundigte sich Lucas.
Spellman spuckte einen Eiswürfel zurück in sein Glas und nickte. »Ja, ein Mal. In Washington. Die haben mich windelweich geprügelt und dreihundert Dollar und meine Schuhe erbeutet.«
»Ihre Schuhe?«, wiederholte Jones.
»Ja. Italienische Krokodillederslipper. War das letzte Mal, dass ich in Washington Krokodillederschuhe angezogen habe.«
Der Angriff auf Spellman war praktisch identisch mit dem auf Wilson und Johnson abgelaufen: brutal und schnell, Hoteluniform und FedEx-Umschlag. Einer der Männer sei schwarz gewesen, der andere weiß, erklärte Spellman, mehr könne er nicht sagen. »Den größten Teil der Zeit habe ich auf dem Boden gelegen, mit den Händen vor den Augen.«
Lucas bedankte sich für die Informationen; dann gingen er und Jones zurück zu ihren Autos.
»Ärgert mich, dass sie uns nichts von dem Geld verraten wollen«, sagte Jones.
»Die haben Angst, sich selbst zu belasten.«
»Ich weiß. Ärgert mich trotzdem. Schicken Sie mir die Fotos?«
»Sobald ich im Büro bin.«
Letty.
Das Nachrichtenstudio von Channel Three befand sich in einem langen, schmalen Raum, unterteilt in hüfthohe graue Kabinen, jede mit Schreibtisch, Aktenschrank und Computer, manche ordentlich, andere ein Chaos aus Notizheften und Pressemitteilungen.
Letty hatte keinen eigenen Schreibtisch, anders als ihre
Mentorin Jennifer Carey, die nicht nur ein Büro ihr Eigen nannte, sondern sogar eines mit Tür, was ihren Status unterstrich. Jennifer war noch nicht da - überhaupt war es ruhig so früh am Sonntagmorgen, trotz des Parteitags -, also setzte Letty sich an Jennifers Schreibtisch, gab ihr Passwort an, loggte sich beim DMV ein und gab die Daten des Kennzeichens von dem Van ein, die sie am Nachmittag zuvor notiert hatte.
Fahrzeughalter war ein gewisser Randy Whitcomb, der auf der East Side von St. Paul wohnte, in der Nähe der Seventh Street. Letty gab die Adresse bei Google Earth ein und ließ einen Umgebungsplan ausdrucken. Obwohl sie die Gegend nicht kannte, würde es ihr nicht schwerfallen, sich zurechtzufinden.
Dann begann sie eine Recherche in der Datenbank von Channel Three, ohne allzu viel davon zu erwarten. Doch Whitcombs Name tauchte sofort auf, und zwar in Verbindung mit einem anderen: Lucas Davenport.
Letty wandte sich dem Archiv des Star Tribune zu, wo sie Folgendes fand: Lucas hatte Randy Whitcomb einmal so übel verprügelt, dass ihm das Ausscheiden aus der Polizei von Minneapolis nahegelegt worden war. Zuvor hatte Whitcomb einer von Lucas’ Informantinnen das Gesicht mit dem Metallring einer Bierdose zerschnitten. Ein Leitartikel über den Vorfall deutete an, dass Lucas’ Handeln durchaus als Gesetzesverstoß hätte ausgelegt werden können, wäre das Ganze nicht von Augenzeugen als Festnahme mit Gegenwehr beschrieben worden. Und weil es sich bei der Frau mit dem zerschnittenen Gesicht um eine Schwarze handelte, hatte die Polizeigewerkschaft ein Foto von der Verletzten in den Schwarzenvierteln von Minneapolis herumgehen lassen.
Lucas war mit einem blauen Auge davongekommen, hatte allerdings eine Weile nicht mehr in der aktiven Verbrechensbekämpfung mitwirken dürfen. In der Auszeit hatte er eine
Menge Geld verdient und war schließlich auf politischem Weg wieder in seinen ursprünglichen Tätigkeitsbereich zurückgekehrt.
Letty versuchte in den Archiven mehr über Whitcomb herauszufinden. Nach den Prügeln von Davenport war er wegen des Metallringangriffs zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt, jedoch bereits nach dreizehn Monaten freigelassen worden. Man hatte ihn noch
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