Todesgier - Thriller
ein Schnappmesser, heraus. Ihres Wissens verwendete Lucas das Messer nie, weshalb es ihm auch nicht fehlen würde. Die Scheide bestand aus schwarzem Nylon und hatte eine Sicherheitsschnalle. Letty zog das Messer heraus, drückte auf den Knopf des Messers und spürte voller Befriedigung, wie die Klinge heraussprang.
Gut. Zwölf Zentimeter rasiermesserscharfer Stahl mit kräftiger Spitze und auf halber Höhe etwa fünf Zentimeter Sägerand, der noch das zäheste Nylon oder Kevlar-Seil durchschnitt. Das Messer war flach und ziemlich schmal; der Griff aus Hightech-Plastik hatte einen Gürtelclip aus Metall. Sie befestigte es am Bund ihrer Jeans.
Es war ein warmer Tag, wie geschaffen zum Radfahren.
Letty holte Helm und Drahtesel aus der Garage und machte sich auf den Weg nach Norden, in Richtung Summit Avenue, dann nach Osten, um das Zentrum von St. Paul zu durchqueren. Dass aufgrund des Parteitags Umleitungen eingerichtet worden waren, merkte sie erst, als sie die St. Paul Cathedral erreichte und eine Gruppe Demonstranten den Hügel hinunter zur Stadtmitte marschieren sah. Sie schienen einen Sarg dabeizuhaben. Offenbar handelte es sich um einen Friedensmarsch von Veteranen; Letty hatte die Produzenten darüber sprechen hören.
Sie setzte sich oben auf den Hügel, in den Schatten der Kathedrale, ließ den Blick schweifen, trank Cola, holte den Stadtplan heraus und legte sich einen Weg auf der University Avenue hinter Kapitol und Regions Hospital zurecht.
Wenig später fuhr sie durch ein Gewerbegebiet, über Bahngleise und hinter dem Swede Hollow Park vorbei. Auf dem Plan wirkte es, als befände sich Whitcombs Haus direkt am Park, allerdings von ihr aus gesehen auf der anderen Seite. Also radelte sie die East Seventh hinunter und blickte den Hügel hinauf in Richtung Metro State University.
Sie war am Ziel. Was nun?
Letty hatte die Haare unter ihren Helm gestopft und trug eine Sonnenbrille; das reichte als Tarnung. Sie würde an Whitcombs Haus vorbeifahren. Wenn er sie ertappte, konnte sie leicht zur Seventh und ins Zentrum zurückkehren, wo es des Parteitags wegen nur so von Polizisten wimmelte.
Also fuhr sie den Hügel hinauf, an der Hope nach links zur Margaret und hielt dort inne. Von hier aus konnte sie die Bäume des Parks hinter den Häusern an der Greenbriar erkennen. Offenbar befand sich dahinter eine große Lücke, weil sie nur Baumwipfel sah.
Irgendwo dort, etwa auf halber Höhe der Straße, musste das Haus sein. Letty nahm ihren ganzen Mut zusammen und lenkte das Rad den Hügel hinunter. Noch vor Whitcombs Haus entdeckte sie seinen Van.
Das Gebäude war alt und heruntergekommen; die Farbe blätterte ab, die Veranda bröckelte, das Dach war eingesunken, und der Weg bestand aus schief verlegten Platten. Der handtuchgroße Rasen war noch nicht oft gemäht worden und lag flach da wie platt getretenes Gras auf einer Kuhweide.
Letty fuhr vorbei, ohne jemanden zu sehen. Zu ihrer Linken entdeckte sie die Lücke zwischen den Häusern, die ihr bereits vom Hügel aus aufgefallen war. Einen Block weiter konnte sie zwischen zwei Gebäuden hindurch die Vorderseite
von Whitcombs Haus erkennen. Sie wusste von Lucas, Del, Sloan, Virgil und anderen, wie langweilig sich Überwachungsarbeit gestaltete und dass sie nur manchmal spektakulären Lohn abwarf.
Letty beschloss, eine Weile am Park herumzufahren und alle paar Minuten einen Blick auf den Van zu werfen.
Damit sie ein Gefühl für die Gegend bekam …
Durch den Park, im Wesentlichen ein riesiges Loch, das an einen Steinbruch erinnerte, schlängelte sich ein Fahrradweg. Am oberen Rand dieses Lochs erblickte Letty durch die Bäume hindurch Häuser. Als Park taugte die wild wuchernde, mit Unkraut durchsetzte Grünfläche nur bedingt. Ein Penner mit Rucksack bedachte sie mit einem merkwürdigen Blick. Vermutlich trieben sich Mädchen wie sie nur selten hier herum.
Sie radelte aus dem Park heraus, wieder den Hügel hoch und suchte sich ein Fleckchen einen Block von Whitcombs Haus entfernt.
Und hatte Glück, denn sie saß, das Fahrrad neben sich auf dem Boden, kaum zehn Minuten da, als Whitcombs Tür aufging und Randy Whitcomb, gefolgt von der Frau, die Rampe zum Van hinunterrollte. Sie wurden von einem zaundürren Mann mit zotteligem Bart begleitet.
Whitcomb öffnete den Wagen mit der Fernbedienung und zog sich die Rampe hinauf. Drinnen schnallte die Frau ihn mit am Boden verankerten Gurten fest. Nach einem kurzen Ruck daran, um zu überprüfen, ob sie
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