Todesgier - Thriller
Weile.«
»Ganz logisch erscheint mir das nicht«, wandte Dickens ein. »Aber ich kann Ihren Gedankengang nachvollziehen.«
Lucy fragte Helen Fumaro: »Wann hat Wilson sich angemeldet?«
Helen Fumaro sah nach. »Am siebzehnten Mai.«
»Und Spellman?«
»Am neunten Mai.« An Lucas und Dickens gewandt fügte sie hinzu: »Das war vor dem großen Run. Der setzte um den ersten Juni ein. Da wurden dann alle mit Zimmern versorgt.«
»Also vor … Raphael«, bemerkte Lucy.
Die drei Frauen wechselten Blicke.
»Wer ist Raphael?«, fragte Lucas.
»Raphael ist tot«, antwortete Lucy.
ELF
N ach dem Anruf wegen Letty war Lucas die Informationen über die Cohn-Bande durchgegangen. Dabei hatte sich seine anfängliche Bestürzung über seine Pflegetochter verflüchtigt; doch je näher er seinem Haus kam, desto deutlicher meldete sie sich zurück.
Ihr Fahrrad stand in der Auffahrt, was bedeutete, dass sie zu Hause war. Vor Wut kochend, trat er durch die Verbindungstür zwischen Garage und Küche.
Weather, Sam und die Haushälterin Ellen hielten sich in der Küche auf. Er herrschte sie an: »Wo steckt Letty?«
Weather sah ihn erstaunt an. »Was ist denn los?«
»Ich bin hier«, antwortete Letty aus dem Wohnzimmer.
»Was ist los?«, wiederholte Weather, aber Lucas war schon auf dem Weg ins Wohnzimmer.
Letty und Juliet Briar waren eine Weile im Van von Channel Three herumgefahren, bevor Letty sich hundert Dollar - jeweils fünfzig von Frank und Lois - geliehen und ihnen versprochen hatte, sie zurückzuzahlen, sobald es ihr gelinge, »sie meinem Dad aus dem Kreuz zu leiern«. Dann hatte sie das Geld Juliet gegeben und gesagt: »Für heute reicht’s; du brauchst keine Runde mehr zu machen.«
»Könnte gut sein, dass ich Randy alles erzählen muss«, entgegnete Juliet unsicher.
»Nicht nötig. Du kannst dir was ausdenken.«
»Und wenn er wissen will, wie der Kerl war?«
»Lass dir was einfallen. Siehst du den Typen, der grade die
Straße überquert?« Letty deutete auf einen Mann mit blauem Seersucker-Anzug, weißem Hemd und roter Fliege. »Stell dir vor, der war dein Kunde.«
»Er hat einen Südstaaten-Akzent«, improvisierte Lois.
»Und er hat dich in sein Hotelzimmer im Radisson, im elften Stock, mitgenommen, dir aber die Nummer verheimlicht. Als ihr fertig wart, hat er dich rausbegleitet, und du durftest die Nummer wieder nicht sehen«, sagte Frank.
»So was interessiert Randy nicht«, erwiderte Juliet.
»Solche Details lassen die Geschichte glaubwürdiger klingen«, erklärte Letty.
»Er hat dir nur fünfundsiebzig Dollar gegeben«, sagte Lois. »Als er im Bad war, hast du ihm den Rest geklaut.«
»Ihr versteht das nicht«, jammerte Juliet. »Vielleicht zwingt Randy mich dazu, die Wahrheit zu sagen.«
»Nein, du verstehst es nicht«, widersprach Letty. »Du schwindelst ihn einfach an.«
Juliet wandte den Blick ab. »Okay.«
Frank blickte nach hinten zu Letty: »Wir müssen reden, an einem Ort, an dem Lois und Juliet uns nicht hören können.«
Letty runzelte die Stirn. »Warum?«
»Weil …« Er lenkte den Wagen an den Gehsteigrand und sagte zu Lois: »Ich lasse den Motor laufen; bin in einer Minute wieder da.«
Dann stieg er aus, und Letty folgte ihm. Nicht weit entfernt sahen sie Polizisten in Kampfanzügen, denen sich zwei berittene Kollegen näherten.
»Du weißt Bescheid über das Problem, das ich mal hatte«, begann Frank. »Wie alle andern auch.«
»Ich hab davon gehört«, gab Letty zu.
»Ich kenne diese Mädchen … Besonders die jüngeren denken nicht selber. Die sind so durch den Wind, dass sie einfach nachplappern, was man ihnen sagt. Wenn Juliet meint, Randy würde die Wahrheit aus ihr herausbekommen, schafft er das
auch. Möglicherweise verprügelt er sie. Keine Ahnung, was du vorhast …«
»Aber sie hat doch das Geld. Und muss nur ein bisschen lügen …«
»Das kann sie nicht. Sie macht genau das, was die Leute ihr sagen, weil sie weiß, dass sie geschlagen wird, wenn sie es nicht tut. Das hast du ja eben im Wagen gesehen. Sobald du sie unter Druck setzt, knickt sie ein. Du zwingst sie dazu.«
»Hab ich nicht getan …«
»O doch«, widersprach Frank. »Leute wie dieser Randy tyrannisieren ihre Mädchen. Wenn er Lunte riecht und sie sich vornimmt, sagt sie die Wahrheit.«
Letty schaute zurück zum Van. »Scheiße.« Nach kurzem Schweigen fügte sie hinzu: »Danke, Frank, dass du mir das erklärt hast.«
Frank wurde rot. Als sie den Van erreichten, öffnete Letty die
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