Todesgier - Thriller
und Jennifer
rief: »Bin gleich wieder da.« Dann verschwand sie in Richtung Toiletten. Sobald Letty sicher sein konnte, dass sie wirklich dort war, betrat sie ihr Büro und zog Jennifers Handtasche unter dem Schreibtisch hervor.
Jennifer wusste nie, wie viel Geld sie dabei oder schon ausgegeben hatte. Für den Notfall gab es ja Schecks. Sie verdiente gut, und ihr Mann war reich, was bedeutete, dass ihr Bares, jedenfalls in den Mengen, die man im Lauf eines Tages ausgibt, nicht wichtig war. Letty öffnete die Handtasche und warf einen Blick auf ihre Geldklammer. An die tausend Dollar in Fünfzigern. Sie nahm zwei davon und, weil sie das Gefühl hatte, dass das überhaupt nicht auffiel, dann zwei weitere. Rasch steckte sie die Geldklammer zurück in die Handtasche, stellte diese an ihren Platz und schlenderte zurück zu den Produzenten.
Als Jennifer aus der Toilette kam, winkte sie ihr, und Letty gesellte sich zu ihr.
Die Skater trafen sich im Mears Park in St. Pauls Lowertown, einer Gegend mit älteren, in Lofts und Eigentumswohnungen umgewandelten Ziegellagerhäusern und kleineren Geschäften. Letty machte Jennifer auf die Gruppe aufmerksam, worauf diese sie vom Vordersitz ihres SUV aus genauer musterte und feststellte: »Du hast wirklich einen Blick für so was. Das hab ich deinem Dad gestern Abend auch gesagt.«
»Vielleicht gehe ich doch lieber in die Wirtschaft«, erwiderte Letty. »Die Fernsehwelt erscheint mir immer oberflächlicher.«
Jennifer schnaubte. »Sorg mal dafür, dass deine Freunde sich für Gruppenaufnahmen aufstellen.«
Jennifer rief einen Van von Channel Three und ließ Letty hinaus zu den Skatern, während sie ihren SUV zu einer Parkgarage fuhr. Letty holte ihr Handy heraus und wählte die Nummer von Juliet: »Wo bist du?«
»Noch daheim. Randy schläft«, antwortete Juliet.
»Sag ihm, dass ein Kunde angerufen hat und dass du zu Fuß hingehst«, instruierte Letty sie. »Ich hab Geld für dich.«
Kurzes Schweigen, dann: »Okay.«
»Ruf mich an, wenn du dich auf den Weg machst.«
Der Anführer der Skater hieß Marv und war ein bulliger, fröhlicher Typ mit zerknautschtem Gesicht, rasiertem Schädel und einer papierdünnen Jeans. Dazu trug er ein fadenscheiniges T-Shirt, auf dem stand: »Mathews Solocam, Catch Us If You Can«.
Er streckte die Faust aus, damit sie sich zur Begrüßung mit den Knöcheln berühren konnten, und fragte: »Wie geht’s, Babe?«
»Nenn mich nicht ›Babe‹«, erwiderte Letty. »Stell mir lieber die andern vor.«
Die Gruppe bestand aus sieben Jungen und einem Mädchen, die alle unbedingt ins Fernsehen wollten. Während Marv sie vorstellte, hielt Letty den Blick auf das Mädchen mit dem ausgezehrten Wildkatzengesicht gerichtet. Wahrscheinlich würde sie sich für sie entscheiden, dachte sie. Doch sie musste auch Marv und die anderen bei Laune halten. Und das erforderte Geschick.
»Es kommt gleich ein Van mit einem Kameramann«, kündigte sie an. »Ich möchte Marv interviewen und dann Jean, weil sie das einzige Mädchen ist und es nicht so viele Skaterinnen gibt. Außerdem würde ich gern ein paar Kunststückchen sehen, wenn ihr richtig gute auf Lager habt …«
Einer der Jungen, ein hoch aufgeschossener Teenager mit verbundener Hand, sagte: »Wir üben grade, über Mülltonnen zu springen …«
»Klasse. Bringt die doch schon mal in Position, damit wir euch dabei filmen können, und hinterher mach ich ein paar schnelle Interviews.«
Als Jennifer sich zu ihnen gesellte, erklärte Letty ihr kurz die Situation und sagte leise: »Sieh dir Jeans Gesicht an. Ist das nicht toll?«
Jennifer musterte Jean. »Du wirst wirklich mal gut, Letty. Sie hat tatsächlich ein tolles Gesicht.«
Da tauchte der Van auf, und die jungen Leute scharten sich aufgeregt um den Kameramann Mike. Kurz darauf begannen sie mit ihrer Show, bei der Mike sich sogar hinter einer Mülltonne, über die sie sprangen, auf den Boden legte, was alle zum Lachen brachte.
Juliet rief an, um Letty mitzuteilen, dass sie das Haus verlassen habe und den Hügel hinuntergehe.
»Ich mache gerade ein Interview im Mears Park«, sagte Letty. »Weißt du, wo das ist?«
»Ja. Ich kann hinkommen.«
Letty führte ein kurzes Interview mit Marv und ein längeres mit Jean, dann verabschiedeten sie sich alle mit dem Knöchelgruß, und die Skater verschwanden. Wenig später tauchte Juliet am Straßenrand auf.
Letty ging zu Jennifer. »Ich möchte dir jemanden vorstellen.«
»Wen?«
»Komm
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