Todesgruß vom Gelben Drachen
Bergensee-Anhänger gehört haben. Jetzt lockt die Beute. Adelheid
wird regelrecht von ihm bedrängt. Blumen hat er ihr geschickt, Freßkörbe, sogar
Karten zur Staatsoper — dritte Reihe Mitte. Nichts läßt er unversucht, um
Adelheid zum Verkauf zu bewegen. Hat ihr auch Angst gemacht. Von wegen Einbruch
und so. Daß es doch lebensgefährlich sei für eine alte Frau, diesen Wert im
Hause zu verwahren. Preff hat angeboten, den Tipperitzki-Schatz in seinem
Banksafe unterzubringen. Adelheid hat nur gelacht. Sie ist ja ziemlich
verschroben, mißtraut Banken und jedermann. Außerdem, sagte sie, sei
jahrzehntelang alles gutgegangen. Weshalb kein Grund bestünde, plötzlich
umzudenken. Und letztlich wisse ja niemand genau, außer ihr, ob es den
Tipperitzki-Schatz überhaupt noch gäbe.“
„Aha!“ rief Klößchen.
„Gutgegangen ist es nur bis gestern“,
sagte Karl.
„Habt ihr ihn beobachtet?“ Tim
klatschte die Faust gegen den Handteller. „Ein Typ, der durch die Wand geht.
Rücksichtslos. Was der haben will, kriegt er, denkt er, egal wie. Seine Geduld
ist erschöpft. Blumen, Freßkörbe, Theaterkarten! Alles umsonst. Da kommt einem
wie ihm die Galle hoch. Jetzt wählt er die andere Gangart. Klar?“
„Nö“, sagte Klößchen. „Was meinst du?“
„Er hat’s im guten versucht. Jetzt also
im bösen. Er beauftragt den Chinesen mit der Mundwinkelnarbe. Der ist zwar
Dealer im Hauptberuf — und vermutlich auch Triade legt aber Wert auf
Vielseitigkeit und macht zwischendurch gern einen Raubüberfall. Jetzt fragt
sich: Hat Schlitzauge den Schatz gefunden? Wenn ja, dann ist er längst in
Preffs Besitz, in Preffs Banksafe. Aber der Kotztyp spielt weiterhin die
aufdringliche Filzlaus, damit kein Verdacht auf ihn fällt. Wäre doch sonderbar,
wenn er plötzlich jegliches Interesse am Schmuck verliert — obwohl keineswegs
feststeht, daß der Räuber Erfolg hatte. Hah? Könnt ihr mir folgen?“
„Kühn gedacht“, meinte Karl. „Aber
immerhin eine Möglichkeit. Zutrauen würde ich Preff jedes Mittel.“
Klößchen dachte etwas langsamer. „Also
hat Preff den Chinesen beauftragt, Adelheids Schatz zu rauben“, zog er nach.
„Ich stelle eine Theorie (Vermutung) auf“, sagte Tim. „Ob sie zutrifft, wird sich rausstellen. Als der Chinese mich
angriff, hatte er keinen Schatz bei sich. Aber vielleicht hat Schlitzauge die
Kiste, Truhe, Kassette — oder was auch immer — zu seinem Motorrad gebracht und
ist noch mal zurückgekommen, um zu sehen, wer ihn da stört. Oder aber der
Tipperitzki-Schatz besteht nur aus wenigen — jedoch sehr kostbaren — Kleinodien,
die locker in die Hosentasche passen.“
„Wäre ungeheuerlich“, sagte Gaby. „Aber
es fügt sich zusammen. Was machen wir nun? Der Verdacht reicht nicht aus, um
bei Preff eine polizeiliche Haussuchung zu veranlassen.“
„Null Beweis“, nickte Tim. „Und kein
begründeter Verdacht, wie es im Amtsdeutsch heißt. Am besten, wir sagen deinem
Vater noch nichts, sondern schnüffeln erst mal mit den eigenen Nasen.“
„Wie?“ fragte Karl.
„Du hast doch den Handschuh.“
„Du meinst, wir sehen uns ein bißchen
bei Preff um, wenn wir sein Faust-Futteral abliefern.“
„Genau.“ Tim wandte sich an Gaby. „Wohnt
der Neffe bei ihm?“
„Ich glaube, ja.“
„Wie alt?“
„Älter als wir. Aber nicht volljährig.“
„Vielleicht können wir ihn
ausquetschen, ohne daß er merkt, worauf es hinausläuft.“
Gaby hob die Achseln. „Ich kenne ihn
nicht.“
„Wer im Hause lebt, dem entgeht so
schnell nichts. Es würde völlig genügen, wenn der Muffel-Typ uns sagt, sein
Onkel habe Kontakt zu einem Chinesen.“
„Zu dem mit der Mundwinkelnarbe“,
nickte Klößchen. „Verstehe. Gehen wir gleich zu Preff?“
Tim sah auf die Uhr. „In 20 Minuten muß
ich zu Dr. Bienert. Besprechung wegen der Schüler-Mitverwaltung. Das kann ich
nicht schwänzen. Nicht bei Dr. Bienert. Aber morgen um diese Zeit, spätestens,
stehen wir bei Preff auf der Matte.“
6. Der allerletzte Trick
Am Mittwoch lichtete sich der Nebel.
Mittags kam die Sonne durch.
Um 14 Uhr betrat Detl die Pizzeria.
Nur eine Handvoll Gäste verteilte sich
auf die Tische. Man aß Spaghetti. Die Luft war verqualmt und roch außerdem nach
Sauerlichem Landwein.
Detl schlurfte zu dem Tisch zwischen
Klo-Tür und Spielautomaten, ließ sich nieder, legte einen Stiefel-Fuß auf den
Stuhl vom Nebentisch und sah die Serviererin herausfordernd an.
Sie war nicht mehr jung und hatte
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