Todesgruß vom Gelben Drachen
Preff?
Hatte er den Schatz längst in der
Tasche?
Nein, dachte Tim. Der steht jetzt echt
unter Streß. Sammler-Streß. Das Gesicht wird käsig.
Preff nahm die Zigarre aus dem Mund und
trat einen Schritt vor.
Beinahe hätte er Tim an der Jacke
gepackt.
„Verstehst du mich nicht?“ brüllte
Preff. „Ich will wissen, ob der Schmuck weg ist.“
„Weg“, nickte Tim. „Geraubt. Futsch.“
„Sch...!“ fluchte Preff.
Er schleuderte die Zigarre auf die
Steinstufen. Dann ballte er die Faust. Wutentbrannt trampelte er auf der
unschuldigen Havanna herum.
„Richtig so!“ lobte Tim. „Der erste
Schritt zum Nichtraucher.“
Preff kriegte sich wieder ein, preßte
die Lippen aufeinander und starrte über die Köpfe der TKKG-Bande in den Park,
nachdenklich.
„Wer leitet die Ermittlungen? Ein
Kommissar Glockner?“ Tim bestätigte.
„Den werde ich mal anrufen. Vielleicht
setze ich eine Belohnung aus. Ich möchte den Schmuck nämlich gern erwerben. Hat
der Kommissar eine Spur? Gibt’s einen Verdächtigen?“
„Den Chinesen. Das stand in der
Zeitung. Ein Chinese, der vermutlich ein Heroin-Dealer ist, in schwarzes Leder
gekleidet war und — passend zu der Montur — ein Motorrad fährt.“
Preff verzog das Gesicht. Die Gedanken
irrten offensichtlich irgendwo umher, als er sagte: „Der hat den Schmuck ni...
äh... bestimmt nicht. Ein Dealer ist ein Dealer und kein Schmuckdieb. Außerdem
bezweifle ich, daß da überhaupt ein Chinese war... äh. Die Polizei läßt solche
Versuchsballons los, damit der wahre Täter sich sicher fühlt.“
Langsam schüttelte Tim den Kopf. „Ich
bin auf den Mann gestoßen. Mit einem Dolch hat er mich angegriffen.“
„Was? Hung... oder Fung... oder Lung...
oder Kung — so heißen die doch? — hat dich... Wieso lebst du dann noch?“
„Ich kann mich ganz gut wehren. Hung,
Fung, Lung oder Kung hat dabei sein Heroin verloren und jetzt bestimmt einen
blauen Fleck auf der gelben Brust.“
„Tatsächlich?“
„Fragen Sie ihn doch.“
Nach einer Weile sagte Preff: „Dazu
müßte ich ihn kennen.“
„Ja, richtig.“ Tim lachte. „Aber wer
kennt schon einen Chinesen. Außer mir und meinen Freunden, der TKKG-Bande. Und
dabei fällt mir ein: Ich muß schnellstens zu Lam Wung Chung, der den Beinamen
hat: Morgennebel, in dem das Krokodil auf Krabbenfischer lauert. Lam
unterrichtet mich in Kung Fu. Eine schöne Ergänzung zu meinem Judo. Tschüs,
Herr Preff.“
Karl trat vor, streckte die Hand aus
und überreichte Detls Onkel das Markstück.
Der war so verblüfft, daß er’s nahm.
Die TKKG-Freunde hatten sich schon ein
Dutzend Schritte parkwärts entfernt, als Preff ihnen nachrief.
„Heh, Kids. Mal ehrlich! Habt ihr
vielleicht den Schmuck? Ihr seid doch nicht wegen des Handschuhs gekommen.
Wollt ihr checken, ob ich bereit wäre, den Schmuck zu kaufen?“
Tim drehte sich um. „Und? Wären Sie
bereit?“
„Sofort. Ich zahle bar. Außerdem würde
ich der alten Adelheid auf anonyme (heimlich, ohne Namensnennung) Weise
ein Geldgeschenk machen.“
„Großherzig. Aber leider haben wir den
Schmuck nicht.“ Gaby fügte hinzu: „Wissen Sie, wir sehen nur so verkommen aus.
Doch wir sind keine Diebe. Wie man sich täuschen kann!“
11. Der Chinese auf dem Feuerstuhl
Unter den Bäumen rechts und links der
Einfahrt hüpften Amseln und Meisen umher. Ein Kleiber kletterte kopfab am Stamm
einer Esche herab — ohne Absturzgefahr. Denn Kleiber beherrschen die
Klettertechnik aufwärts und abwärts perfekt. Anders als die Spechtvögel
brauchen sie sich nicht mit dem Federschwanz abzustützen.
„Mir schwirrt der Kopf“, sagte Gaby. „Wer
lügt mehr: Preff oder sein Neffe? Hat dieser Geldhai nun seine Finger im Spiel
— oder rutschen dem die Versprecher nur raus, weil die Zigarre ihm das Gehirn
vernebelt?“
„Ich laß mich braten“, antwortete Tim, „wenn
er den Schmuck hat. Die Wut war echt.“
„Ist auch mein Eindruck“, nickte Karl.
. „Auf mich hat er einen miserablen
Eindruck gemacht“, sagte Klößchen. „Warum bittet er uns nicht herein? Oder hat
er keine Schoko-Torte im Haus?“
„Alles in allem“, sagte Tim, ohne auf
Klößchens Gequengel einzugehen, „haben wir unseren Durchblick vertieft. Preff
hat den Schmuck nicht, kennt aber den Chinesen. Mich sollte es nicht wundern,
wenn der tatsächlich Hung heißt. Preff sagte: Der hat den Schmuck ni... äh...
bestimmt nicht. Preff hat sich im letzten Moment verbessert, hat seine Aussage
— die für ihn
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