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Todeshaus am Deich

Todeshaus am Deich

Titel: Todeshaus am Deich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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Tat«, entgegnete Christoph. »Besonders vor dem
Hintergrund, dass Sie uns vor einer halben Stunde erläutert haben, wie
geringschätzig Sie Ihre Mitbewohner beurteilen.«
    Der Baron zeigte zwei Reihen ebenmäßiger weißer Zähne,
als er lächelte.
    »Mein Urteil bleibt unberührt von der Tatsache, dass
das Leben auch heitere Seiten haben muss. Und dieses Vergnügen bereite ich mir,
indem ich diese alten Narren hierher begleite. Nun schauen Sie nicht so
überrascht«, sagte er zu Große Jäger gewandt. »Wie ich Ihnen schon erklärte,
werden die Senioren oft unterschätzt. Warum in aller Welt staunen die Leute,
wenn ältere Menschen in ein Fastfood-Restaurant gehen? Dürfen wir das nur in
Begleitung unserer Enkel?«
    »Darf ich fragen, wer Ihr Fahrer ist?«, wich Christoph
aus.
    Von Hasenteuffel-Stichnoth sah über die Schulter. »Das
ist Hinnerk, der Sohn vom alten Thordsen.« Der Baron senkte die Stimme. »Hat
irgendwo im Koog eine Pension, die nicht so gut läuft. Deshalb taucht er oft
bei seinem Vater auf, gibt vor, sich um ihn kümmern zu wollen, und ist
insgeheim doch nur auf den Zuschuss aus, den ihm der Alte dann zusteckt.«
    Von Hasenteuffel-Stichnoth wurde durch seine Begleiter
unterbrochen, die geräuschvoll aufgestanden waren und nun am Tisch der Beamten
vorbei eine »Tablett-Polonäse« zum Rollgestell, auf dem die Reste der
Mahlzeiten platziert wurden, vollführten. Als Harry Seelig ihren Tisch
passierte, griente er Christoph an.
    »Wetten, dass Sie das nicht von uns erwartet haben?«
    Christoph sah der fröhlichen Truppe nach und fing
einen Kommentar von drei jungen Frauen ein, die mit ihrem Nachwuchs am
Nebentisch saßen.
    »Sieh dir die Rentnerband an.«
    Die beiden Beamten folgten dem weißen Peugeot, der in
die Stadt zurückfuhr. Den Insassen des Wagens war nicht verborgen geblieben,
dass sie verfolgt wurden. Immer wieder drehte sich Harry Seelig, der auf dem
Rücksitz saß, zu Christoph und Große Jäger um und schnitt Grimassen.
    »Das scheint wirklich ein verrückter Kerl zu sein«,
sagte Christoph.
    »Wetten, dass …?«, antwortete Große Jäger. Die
Heiterkeit des alten Mannes war ansteckend.
    Thordsens Sohn hielt direkt vor dem historischen
Rathaus am Husumer Markt. Er stieg als Erster aus und war dann seinen drei
Mitfahrern beim Verlassen des Wagens behilflich.
    Von Hasenteuffel-Stichnoth wechselte noch ein paar
Worte mit seinen Mitstreitern, schüttelte dem jungen Thordsen die Hand,
überquerte die Norderstraße und marschierte mit federnden Schritten Richtung
Krämerstraße, nicht ohne zuvor den beiden Beamten, die ein Stück hinter dem
Peugeot gehalten hatten, freundlich zuzunicken.
    Der Kapitän und Seelig warteten einen Moment
unschlüssig am Bordstein, als sich der Peugeot wieder in Bewegung setzte, um
kurz darauf zu blinken und auf den Parkplatz des Kaufhauses abzubiegen.
    Die beiden Alten gingen langsam die Großstraße
Richtung Palmengarten bis zur Filiale der Sparkasse hinab. Dorthin verschwand
der alte Thordsen, während Seelig, auf seinen Stock gestützt, neugierig die
vorbeieilenden Passanten musterte.
    Christoph war ausgestiegen und den beiden Senioren
gefolgt, während Große Jäger den Dienstwagen bei Karstadt abstellen wollte.
    Christoph hatte sich in den etwas zurückliegenden
Eingangsbereich des Kaufhauses zurückgezogen und beobachtete Seelig. Er musste
eine gute Viertelstunde warten, bis der junge Thordsen auftauchte und sich mit
Seelig unterhielt. Es vergingen weitere zehn Minuten. Dann stieß auch der
Kapitän wieder zu den beiden. Er wechselte ein paar Worte mit seinem Sohn. Es
sah aus, als würde er ihm eine Belehrung erteilen. Danach griff der Alte in
seine Tasche, zog ein Bündel Geldscheine hervor und drückte es dem Junior in
die Hand. Während der ganzen Zeit musste der junge Thordsen die wortreichen
Erklärungen seines Vaters über sich ergehen lassen.
    Hastig umarmte er noch einmal seinen Vater und
verschwand dann Richtung Parkplatz.
    Der alte Thordsen sah ihm nach, schüttelte seinen Kopf
und griff in die andere Seitentasche. Erneut zog er ein Geldbündel hervor und
wedelte damit vor Seeligs Augen herum. Er machte keinen Versuch, das Geld zu
verbergen, was die Aufmerksamkeit einiger Passanten erweckte, die dem alten
Mann mit dem Geldbündel interessiert zusahen.
    Seeligs Augen hatten einen fast verklärten Ausdruck
angenommen. Christoph sah, wie sich der Mann mit der Zunge über die Mundwinkel
fuhr. Dann griff er nach dem Geld, das der Kapitän rasch zur

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