Todeshaus am Deich
Tür zur unteren Wohnung ins Schloss fiel.
Christoph überflog
in Kürze die Husumer Nachrichten. Auch dort war im Lokalteil die Suchmeldung in
Form eines kleinen Artikels abgedruckt. Hastig trank er seinen Tee und aß sein
Frühstücksbrot.
Es war noch vor
acht, als er schließlich das Büro betrat. Er war nicht überrascht, dass er
Mommsen schon antraf. Nach einer kurzen Begrüßung räusperte sich der junge
Kommissar.
»Hast du heute
Morgen Carsten Köthe gehört?«.
»Den Frühstücksclub
auf R.SH ?«
»Ja. Da kam die
Suchmeldung nach Trude Beckerling durch.«
»Prima. Dann hat ja
alles geklappt. Ich habe sie auf NDR gehört. Und in der Zeitung steht sie auch. Hoffen wir, dass wir Erfolg haben.«
Er versuchte optimistisch zu klingen.
Mommsen druckste ein
wenig herum.
»Was ist denn noch?«
»Mir liegt auf dem
Magen, dass wir Thorben Althoff noch nicht gefunden haben. Es muss doch möglich
sein, den Mann in Husum ausfindig zu machen. Ich mag gar nicht an das Kind
denken.«
»Ich glaube, dass
Wilderich gestern Abend wieder unterwegs war«, beruhigte ihn Christoph.
»Außerdem halten unsere Kollegen von der Schutzpolizei die Augen und Ohren
offen. Wo steckt eigentlich unser ›Schnüffelschwein‹?«
Mommsen warf einen
Blick auf seine Armbanduhr.
»Es ist noch nicht
einmal halb neun, also noch zu früh, um ihn zu wecken.«
Sie arbeiteten still
an ihren Schreibtischen, bis ein Poltern auf dem Flur anzeigte, dass sich Große
Jäger näherte. Natürlich trug er die Kleidung, die er auch schon in den letzten
Tagen am Leib hatte. Sein Morgengruß beschränkte sich auf ein kurzes Heben des
rechten Armes.
»Wetten, dass er als
Erstes nach dem Kaffee fragt?«, sagte Christoph zu Mommsen, was ihm einen
unwilligen Blick des Oberkommissars einbrachte.
»Hast du dir jetzt
auch schon die Marotte mit dem Wetten angewöhnt, wie der alte Seelig aus der
Hauke-Haien-Residenz?«, brummte Große Jäger und nahm mit Genugtuung zur
Kenntnis, dass Mommsen die Kaffeemaschine bereits in Betrieb gesetzt hatte.
Nachdem er mit einem »Ahh« den ersten brühheißen Schluck hinuntergewürgt und
sich eine Zigarette angezündet hatte, drehte er sich zu Christoph um.
»Ich war gestern
noch einmal bei der Nichte von Frau Beckerling. Niemand hat geöffnet. Ich habe
ein paar Nachbarn erwischt. Die haben auch nichts gehört. Sie meinen, Saskia
Willich wäre schon ein paar Tage fort. Eine Mitbewohnerin glaubte, gestern
leise Geräusche in der Wohnung wahrgenommen zu haben. Sie war sich aber nicht
sicher, ob es sich nicht doch um eine Täuschung handelte. Das Haus ist ziemlich
hellhörig.«
»Und wenn die
Nichte, diese Willich, mit ihrer Tante ein paar Tage verreist ist?«, überlegte
Mommsen, verwarf diesen Gedanken aber gleich selbst, bevor die beiden anderen
antworten konnten. »Das ist unwahrscheinlich. Dann hätte sie im Heim Bescheid
gesagt und sicher auch Toilettenartikel und Kleidung mitgenommen.«
Große Jäger zog
hörbar die Nase hoch.
»Es ist ein
typisches Mehrfamilienhaus. Man weiß wenig voneinander. Die Nachbarin, die die
Geräusche gehört haben will, war sich nicht sicher, aber sie meint, dass Saskia
Willich beim Finanzamt beschäftigt ist. Ich werde mal versuchen, sie dort zu
erreichen.«
Zweimal griff der
Oberkommissar zum Telefon und zog die Hand unschlüssig wieder zurück, bis
Mommsen ihm die Telefonnummer über die Schreibtische hinweg nannte.
»Ich weiß doch, was
du suchst«, sagte er.
Große Jäger
schaltete das Telefon auf Mithören, wählte und bat, nachdem er einen
Gesprächspartner in der Leitung hatte, mit Frau Willich verbunden zu werden.
»Storm«, meldete
sich eine jugendlich klingende Frauenstimme.
»Große Jäger«,
schniefte der Oberkommissar. »Verwandt oder verschwägert?«
Es war ein helles
Lachen am anderen Ende der Leitung zu hören.
»Nein. Die Frage
wird mir oft gestellt. Was kann ich für Sie tun?«
»Ich hätte gern Frau
Willich gesprochen.«
»Die ist nicht im
Hause«, antwortete die freundliche Frau. »Kann ich Ihnen weiterhelfen?«
»Nein, danke. Es ist
privat. Wann ist Ihre Kollegin wieder zurück?«
»Das kann ich Ihnen
nicht genau sagen. Die Urlaubslisten verwaltet unser Sachgebietsleiter.«
»Können Sie mich mit
dem verbinden?«
»Tut mir leid. Der ist
auch im Urlaub. Er kommt am Montag wieder.«
»Ihre Stimme klingt
so herzerfrischend. Das hat man selten beim Finanzamt. Das tut dieser Behörde
richtig gut.«
»Danke«, freute sich
Frau Storm.
»Habe ich denn
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