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Todeshaus am Deich

Todeshaus am Deich

Titel: Todeshaus am Deich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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weiter.
    »Ich muss hin«,
murmelte er. Er wiederholte diesen Satz mehrfach, während er rasch weiterging.
    »Moin«, grüßte
Christoph eine bekannte Stimme. Schwester Anke war unbemerkt neben ihm
aufgetaucht. »Das war Herr Steinträger. Der ist trotz seines Diabetes
körperlich fit. Nur hat er leider nicht viel davon. Sie haben es wahrscheinlich
selbst bemerkt. Alzheimer. Ein typisches Anzeichen ist die Motorik. Der Mann
ist fast den ganzen Tag über auf den Beinen. Sie kommen sicher wegen der
Küche?«
    Christoph bejahte
und fragte die junge Frau nach dem Weg. Anke lud den Stapel Bettwäsche, den sie
mit beiden Armen getragen hatte, auf den linken Arm um, gab ein leises »Puhh«
von sich, als sie das Gewicht verlagerte, und beschrieb Christoph den Weg,
wobei sie die rechte Hand nutzte, um ihre Erklärung mit Gesten zu untermalen.
    Schon von Weitem hörte
er das Klappern von Geschirr. Er klopfte an der nur angelehnten Tür, wartete
aber vergeblich auf eine Reaktion. Wahrscheinlich war seine Geste im
unmelodischen Gesang und den begleitenden Küchengeräuschen untergegangen. Er
öffnete die Tür und sah eine stämmige Frau, die sicher nicht größer als einen
Meter sechzig war, in der steril wirkenden Küche hantieren.
    »Hallo?«, sagte er
vorsichtig.
    Die Frau drehte sich
auf dem Absatz um. Sie presste die Hand, die einen großen Topfdeckel hielt,
gegen ihre üppige Brust und stammelte: »Was hab ich mir erschrocken.« Sie holte
einmal tief Luft. »Was wollen Sie hier?«, schimpfte sie mit fester Stimme.
»Dies ist Küche.«
    »Ich suche die
Babuschka. Sind Sie das?«
    Jetzt lachte sie
herzhaft. »Richtig. Das bin ich.«
    Sie kam auf
Christoph zu und streckte ihm freundlich die Hand entgegen, als sie bemerkte,
dass sie immer noch den Topfdeckel festhielt. »Oh«, sagte sie, wischte sich die
linke Hand an der Kittelschürze trocken und reichte sie kurz entschlossen
Christoph.
    »Fremde besuchen
mich selten in meine Küche.«
    »Ich komme von der
Polizei Husum und wollte mir ein Bild vom Zustand der Küche machen, nachdem wir
von der Verwüstung gehört hatten.«
    »War schöne
Schweinerei. Habe ich aber alles wieder sauber gemacht. Ich glaube, dass die
Alten wieder haben gemacht Schabernack. Wie neulich mit dem Salz. Ich habe
bestimmt nicht getan zu viel Salz in die Suppe. Die Babuschka nie versalzt das
Essen, weil die alten Leut Salz nicht so gut vertragen.« Sie schob die Zunge
zwischen die Lippen und machte: »Ttt. Schwester Anke hat gelacht und mich
gefragt, ob die Babuschka ist verliebt, weil Köche dann machen zu viel Salz in
die Suppe.«
    Sie lächelte ein
wenig verlegen und fuhr sich mit beiden Händen an der nicht vorhandenen Taille
entlang. »In meine Alter man ist doch nicht mehr verliebt. Das war ein von den
Scherzen von den lustigen Männern. Dürri-Herri ist so ein Schlawiner. Der oft
wie ein Tiger schleicht sich hinter meinen Rücken und macht ›Puhh‹. Dann er
lacht sich immer kaputt, wenn ich erschreckt bin. Der hat mich schon auch in
den Po gekniffen.« Sie legte die flache Hand auf ihre wohlgestaltete
Sitzfläche, um Christoph zu zeigen, welche Stelle sie meinte. »Dann hab ich
beobachtet, wie er ist zum Kapitän gegangen und hat gekriegt von ihm zehn Euro.
Als er hat gesehen, dass ich ihn dabei gesehen, er hat gesagt: ›Babuschka. War
‘ne Wette.‹ Schlimm, diese alte Mann.« Dann lachte sie und zeigte ihr
lückenhaftes Gebiss. Schließlich schüttelte sie, immer noch lachend, den Kopf.
»Aber nicht zu schlimm.«
    »Sie wissen also
nicht, wer das getan hat?«
    Sie hob ihre linke
Hand und bewegte den kräftigen Unterarm hin und her.
    »Keiner sich traut
zu mir, weil er weiß, dass ich ihn dann den Kopf wasche. Auch wenn er schon hat
keine Haare mehr.«
    »Sie sind sich sicher,
dass es jemand aus dem Heim war?«
    Sie musterte
Christoph einen Augenblick aus zusammengekniffenen Augen. Ihrem Mienenspiel war
anzusehen, dass er mit dieser Frage seine ganze Kompetenz in ihren Augen
verloren hatte.
    »Natürlich war es
einer von drinnen. Wer sonst sollte durch die geschlossene Tür in das Haus
hineinkommen?«
    »Und wer ist
Dürri-Herri?«
    Jetzt schüttelte sie
den Kopf über so viel offenkundige Dummheit.
    »Das müssen Sie doch
wissen von der Polizei. Das ist der Schlimmste von den Alten. Immer er ist mit
den Kapitän zusammen. Alle anderen sagen immer zu ihm Dürri-Herri. Ich nicht
weiß, warum er heißt Dürri. Er ist gar nicht so dünn. Oder?«
    Jetzt musste auch
Christoph schmunzeln. Harry

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