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Todeshaus am Deich

Todeshaus am Deich

Titel: Todeshaus am Deich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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Schwesternzimmer
erwischt hatte.
    »Eine Ein-Euro-Jobberin?«, fragte Christoph erstaunt.
»Das dürfte andere Dienststellen als unsere interessieren. Es wird zu prüfen
sein, ob hier seitens der Verantwortlichen des Heimes fahrlässige Tötung
vorliegt. Doch zuerst möchte ich wissen, wer dem Toten das Insulin verabreicht
hat.«
    »Armer Herr Steinträger«, sagte Schwester Anke leise.
»Sechsundsiebzig Jahre. Alzheimer, Diabetes. Und wir alle können nur ahnen, was
in den letzten Jahren in ihm vorgegangen ist. Ist das nicht seltsam? Wissen
Sie, was er noch über das fünfundsechzigste Lebensjahr hinaus beruflich gemacht
hat?«
    Christoph sah sie an. Dann schüttelte er den Kopf.
    »Friedhofsarbeiter. Und jetzt wird er selbst zu Grabe
getragen.« Sie wischte sich verstohlen eine Träne aus dem Augenwinkel. »›Ich
muss dahin‹ waren die einzigen Worte, die er fortwährend vor sich hingebrabbelt
hat, wenn er über den Flur hastete. Manche haben darüber geschmunzelt. Keiner
wusste, was er damit meinte. Und nun hat er sein Ziel erreicht.«
    Christoph beorderte Hilke Hauck und einen weiteren
Kollegen zur Seniorenresidenz, damit sie bei der Aufnahme der anwesenden
Personen und den Verhören der Bewohner behilflich sein konnten.
    Anschließend rief er bei der Spurensicherung in
Flensburg an.
    »Moin, Klaus«, begrüßte er Hauptkommissar Jürgensen
und wurde durch Große Jäger gestört, der mit einer angedeuteten Geste des
Niesens »Hatschi-hatschi-hatschi« in den Raum rief, dabei grinste, sich dann in
Richtung des Toten leicht verneigte und »Oh, Verzeihung, der Herr« sagte.
    »Du willst mir nicht erzählen, dass ihr einen weiteren
Toten gefunden habt?«, trompete Jürgensen ins Telefon.
    Auf Christophs Bestätigung brach der kleine
Hauptkommissar in ein schallendes Gelächter aus.
    »Ich glaube es nicht. Was macht ihr Wattläufer da
eigentlich? Ihr dezimiert euch aber kräftig in der jüngsten Zeit. Ich war
neulich mit dem Innenminister angeln. Da haben wir beide beschlossen, dass ich
ein Wohnmobil gestellt bekomme, damit ich mich bei euch Deichbewohnern häuslich
einrichten kann.« Dann wurde er ernst. »Ich habe übrigens den ersten Befund der
Rechtsmedizin erhalten. Der Tote von gestern …«
    »Von Hasenteuffel-Stichnoth«, unterbrach Christoph.
    »Lass mich doch ausreden. Also der. Das war wirklich
ein Herzinfarkt.«
    »Seid ihr euch da sicher?«, fragte Christoph
skeptisch.
    »Hundertpro.«
    Dann sicherte ihm Jürgensen zu, sich mit seiner
Mannschaft so schnell wie möglich an die Westküste zu begeben.
    »So oft, wie wir in der letzten Zeit bei euch waren …
Wir haben schon eigene Spurrillen auf der Bundesstraße«, meinte er.
    Es war überraschend, dass der Tod des Barons nicht in
das Schema der zweifelhaften Todesursachen passte. Ein Herzinfarkt? Und das,
nachdem der Mann Stunden zuvor noch gesund und voller Vitalität auf dem Deich
entlanggelaufen war?
    »Harm«, wandte sich Christoph an Mommsen. »Schau dir
doch einmal den Computer von Hasenteuffel an. Vielleicht verrät uns der etwas.«
    »Wonach suchen wir?«, fragte Mommsen.
    »Keine Ahnung. Ich vertraue auf deinen Instinkt.
Leider habe ich auch keinen weiteren Anhaltspunkt.«
    Die nächsten Stunden verbrachten sie damit, die
Personalien der Menschen in der Seniorenresidenz aufzunehmen.
    Die Spurensicherung hatte sich des Schwesternzimmers
und des Raumes, in dem Bruno Steinträger gestorben war, angenommen.
    Am meisten Überzeugungskraft musste Christoph
gegenüber Oberstaatsanwalt Dr. Breckwoldt aufwenden, von dem er erneut die
Genehmigung für eine Obduktion erbitten musste.
    Christoph hatte darauf verzichtet, Harry Seelig
getrennt von Kapitän Thordsen zu vernehmen. Die beiden Alten machten diesmal
überhaupt keinen fröhlichen Eindruck. Das verschmitzte Lächeln, das sonst auf
dem Antlitz des Kapitäns zu wohnen schien, war einem sorgenvollen
Gesichtsausdruck gewichen.
    »Man kriegt ja richtig Angst in diesem Haus«, sagte er
bekümmert.
    »Wir wissen, dass Sie, Herr Thordsen, vor Kurzem eine
Menge Geld von der Sparkasse geholt und Ihnen«, Christoph zeigte auf Seelig,
»einen Stapel davon übergeben haben. Weshalb haben Sie so viel bekommen?«
    Die beiden Alten wechselten einen verdutzen Blick.
Ratlosigkeit stand im Gesicht des Kapitäns.
    »Das war so«, stammelte Thordsen, wurde aber mitten im
Satz von Seelig unterbrochen.
    »Das musst du denen nicht sagen.«
    Unschlüssig schwieg der Kapitän.
    »Es wäre besser, Sie würden reden. Wir

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