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Todesinstinkt

Todesinstinkt

Titel: Todesinstinkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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gelaufen?«
    »Bestens«, antwortete Speyer. »Die Mittel für Mexiko sind bereitgestellt — auch wenn sich die Leute von Morgan noch so gesträubt haben.«
    »Wie ich höre, wird die Situation in Mexiko allmählich brenzlig.«
    »Allerdings. Schlecht für Arnold Brighton, gut für mich.«
    »Sie kennen Brighton?«
    »Ich weiß, dass seine Ölfelder in Mexiko Hunderte von Millionen Dollar wert sind. Ich komme nämlich gerade aus Mexiko-Stadt. Merkwürdig, an einem Ort zu sein, wo Amerika so verhasst ist. Mehr noch als in Deutschland. Aber wahrscheinlich würden wir das Gleiche für die Mexikaner empfinden, wenn sie unsere Hauptstadt besetzt und uns das halbe Land abgenommen hätten.«
    »Das haben wir mit Mexiko gemacht?«
    »Der Mexikanisch-Amerikanische Krieg, Detective. Oder die amerikanische Invasion, wie man südlich der Grenze dazu sagt. Ich will hoffen, dass mein Rembrandt nicht beschädigt wurde.«
    Im Polizeirevier an der Centre Street führte Littlemore den Bankier zu einem speziellen Tresorfach im Beweismittelraum. Nachdem die schützenden Tücher weggezogen waren, kam klein und fragil das Gemälde zum Vorschein. »Unbeschädigt, Mr. Speyer?«
    »Unbeschädigt«, bestätigte der Angesprochene.
    Sie betrachteten das Selbstporträt. Es stammte aus der Spätzeit des Malers und zeigte ihn faltig und rotwangig, mit Tränensäcken unter weisen, verschleierten Augen.

    »Wie hat er das gemacht?«, fragte Littlemore.
    »Was gemacht?«
    »Er sieht aus, als wüsste er, dass er bald stirbt. Wie wenn ... wie wenn ...«
    »Er sich damit abgefunden hätte?«
    »Ja, aber gleichzeitig, wie wenn er noch nicht ganz bereit wäre. Wenn die Mexikaner die Amerikaner so sehr hassen, warum sind Sie dort so willkommen, Speyer?«
    »Weil sie mich für einen Deutschen halten.« Ein Lächeln huschte über die Lippen des Bankiers.
     
    A m Hafen sprach Littlemore mit einem Zollbeamten, der abstritt, dass das schwedische Schiff das Schmuggelgold zurückgelassen hatte. »Sind Sie sicher?«, fragte Littlemore. »Der Schwede ist mit allem Gold an Bord ausgelaufen? «
    »Das weiß ich nicht«, erwiderte der Beamte. »Wenn wir Schmuggelware finden, melden wir es den Behörden. Dann werden die Sachen entweder beschlagnahmt oder zerstört oder zurück an Bord verfrachtet. Das hängt von der Behörde ab.«
    »Welcher Behörde?«
    »Bei Waffen das Kriegsministerium. Bei Schnaps der Fiskus. Hier war es Gold, also war das Schatzamt zuständig.«
    »Wen verständigen Sie beim Schatzamt?«
    »Ich reiche nur das Formular ein, sonst nichts. Wenn Sie mehr erfahren wollen, müssen Sie schon mit dem Schatzamt reden.«
     
    A ls Littlemore am späten Nachmittag an der Wall Street die Stufen zur griechischen Fassade des Treasury-Gebäudes
hinaufstieg, tippte ihm ein Bote von der Morgan Bank auf die Schulter.
    »Detective Littlemore?«
    »Ja?«
    »Mr. Lamont möchte Sie sofort sprechen. In seinem Büro.«
    »Schön für ihn.« Littlemore setzte seinen Weg auf der Treppe fort.
    »Aber er will Sie sofort sehen«, rief der Bote. »Sie sollen mir folgen.«
    »Sagen Sie Lamont, er kann mich in meinem Büro aufsuchen. «
    Als er oben ankam, schrillte bereits das Telefon.
    Littlemore nahm den Hörer. »Lassen Sie mich raten, Lamont. Ihr Mann, der Speyer beschattet, hat Ihnen berichtet, dass ich ihn heute getroffen habe.«
    »Ist Ihnen bewusst«, entgegnete Lamont, »dass James Speyer von der Konfiszierung amerikanischen Eigentums in Mexiko profitiert?«
    »Geht mich nichts an.«
    »Aber der Mann ist durch und durch antiamerikanisch. Das müssen Sie doch inzwischen begriffen haben. Warum haben Sie ihn nicht im Zusammenhang mit dem Bombenattentat verhaftet?«
    »Jetzt machen Sie mal halblang. Ich kann doch nicht jemanden verhaften, bloß weil er in Mexiko Ihr Konkurrent ist.«
    »Darüber haben wir uns schon öfter unterhalten, Littlemore. Speyer hat mir gedroht. Er hat der Morgan Bank Vergeltung angedroht. Zwei Wochen vor dem Anschlag.«
    »Das war nicht Speyer«, korrigierte Littlemore. »Ich habe
es bereits erwähnt: Es war ein Mann namens Pesqueira, und das Ganze hatte nichts mit dem Attentat zu tun.«
    »Natürlich war es Speyer. Haben Sie schon mal mit Pesqueira geredet? Tun Sie das, dann werden Sie sehen, dass Speyer lügt. James Speyer ist ein Verräter. Dem ist völlig gleichgültig, wie viele Amerikaner ihr Leben verloren haben. Vor einem Jahr habe ich ein Telegramm aus Mexiko erhalten. Mitte September 1919. Speyer war in Mexiko-Stadt und hat den

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