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Todesinstinkt

Todesinstinkt

Titel: Todesinstinkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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breitete sich Colettes Haar über die Kissen. Der Mondschein durchs Fenster tauchte ihre noch von Feuchtigkeit schimmernden Gliedmaßen in silbernes Licht. Eine Hand lag über der Brust, mit der anderen hielt sie das weiße Handtuch um die Taille fest. Er küsste ihren Hals und hörte ein geflüstertes »Bitte«. Er hörte »Nein«.
    »Willst du, dass ich aufhöre?«, fragte Younger.
    »Ich will, dass du nicht fragst.«
    Er strich ihr mit der Hand durch das lange Haar. Fasste sie am Kinn und küsste sie auf den Mund. Später rief sie zu Gott und biss sich auf die Lippe, um nicht zu laut zu werden. So oft, dass er es nicht mehr zählen konnte.
     
    N och später lagen sie aneinandergeschmiegt im Mondschein, sie mit der Wange auf seiner Brust. »Vergisst man es?«
    »Was?«
    »Das. Vergeht es?« Ihr Kopf hob und senkte sich mit seinem Atem.
    »Ich habe mich daran erinnert, bevor es passiert ist. Ich habe es schon mal gesehen.«
    »Ich auch.« Colette lächelte. »Viele Male.«

    A m nächsten Morgen fand sie Younger beim Frühstück an einem weiß gedeckten Tisch in einem großen Salon mit Rokokosäulen und einem Boden aus schwarzen und weißen Marmorplatten. An der Decke tummelten sich zierlich gekleidete Putten.
    Colette wirke zugleich glücklich und beunruhigt. »Hast du die Polizisten bemerkt? Sie sind überall.«
    »Keine Sorge«, erwiderte Younger. »Wieder mal ein Amerikaner, der wegen Mordes gesucht wird. Filmstar, wie ich höre. Seine Frau, ebenfalls ein Filmstar, wurde tot im Bett gefunden. Nackt auf hundert Pelzstolen. Es waren ihre Flitterwochen. Möchtest du was essen?«
    »Madame hat mich gestern Abend vor unserem Aufbruch noch beiseitegenommen.« Sichtlich aufgewühlt ließ sich Colette ihm gegenüber nieder. »So habe ich sie noch nie erlebt. Sonst zeigt sie keinem ihre Gefühle.«
    »Was ist passiert?«
    »Sie ist in Tränen ausgebrochen. Sie sagt, Monsieur Langevin liebt sie nicht mehr, weil sie zu alt ist. Sie hat ihren guten Namen für ihn aufgegeben und die Verachtung der ganzen Welt auf sich genommen. Und jetzt hat sie nur noch ihre Wissenschaft, ihre Experimente. Aber ohne Radium ist sie nichts. Am liebsten möchte sie sterben.«
    Ein Kellner kam herangehuscht und stellte Colette ein Gedeck hin. Sie nahm kaum zur Kenntnis, wie er mit schwungvoller Geste eine Stoffserviette entfaltete. Plötzlich entdeckte sie das Blatt Papier neben Youngers Teller. »Hast du ein Telegramm bekommen? Von Dr. Freud?«
    »Nein, von Littlemore. Ich bin heute Morgen ins Telegrafenamt gegangen, um zu erfahren, ob er geantwortet hat.« Younger zeigte ihr das Telegramm.

    WO WAREN SIE VERDAMMT STOPP SIE HABEN GERICHTSTERMIN ZWEIUNDZWANZIGSTER NOVEMBER STOPP SIE MÜSSEN UNBEDINGT KOMMEN
    »Gerichtstermin?« Colette runzelte die Stirn. »Weswegen?«
    »Weil ich Drobac angegriffen habe.«
    » Ihn angegriffen? Er hat mich entführt. Und er hat die Frau oben auf dem Hochhaus ermordet.«
    »Ja, aber er wurde noch nicht verurteilt. Nach dem Buchstaben des Gesetzes ist er unschuldig.«
    »Du meinst, du könntest im Gefängnis landen?«
    »Littlemore glaubt, dass das sehr unwahrscheinlich ist«, antwortete er.
    »Was willst du tun?«
    »Zurückfahren. Ich muss.«
    »Warum? Halt dich einfach fern, bis sie ihn verurteilt haben. «
    »Nach meiner Verhaftung hat mich Littlemore aus dem Gefängnis geholt. Wenn ich nicht vor Gericht erscheine, ist das schlecht für ihn. Sehr schlecht. Ich muss hin.«
    »Ich komme mit dir.«
    »Nein«, sagte er. »Es könnte immer noch gefährlich für dich sein.«
    »Warum? Selbst wenn jemand nach mir sucht, kann doch niemand wissen, dass ich wieder im Land bin.«
    »In New Haven hat dich jemand überwacht. Wer es auch war, er könnte immer noch auf der Lauer liegen.«
    »Nach New Haven kehre ich sowieso nicht zurück.« Erst nach längerem Schweigen fuhr Colette fort. »Ich muss mit dir kommen, um das Geld für Madame Curies Radium zu beschaffen. Mrs. Meloney meint, dass ich das kann. Ich muss
nur ein wenig nett zu einem reichen Mann sein, dann haben wir den fehlenden Betrag bald zusammen. Außerdem wird Luc sowieso mindestens zwei Monate bei Dr. Freud bleiben. Ich möchte hier nicht allein herumsitzen und mir die ganze Zeit Sorgen machen.«
    Am Nachmittag nahmen sie einen Zug vom Gare Saint-Lazare nach Rouen. Am nächsten Tag fuhren sie weiter nach Le Havre und begaben sich dort an Bord eines Schiffs nach New York.
     
    M it der Hand an seinem Ellbogen ließ sich Colette von Younger zu einem Rundgang

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