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Todesinstinkt

Todesinstinkt

Titel: Todesinstinkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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sie Farbe, Pinsel und unfertige Zifferblätter von den Tischen. Während sie eilig zur Garderobe und zur Tür strebten, verharrte eine neben Colette.
    Sie schaute sich verstohlen um. »Manche von uns haben Angst, Ma’am. Ein paar Kolleginnen sind krank geworden.
Die Firmenärzte sagen, es ist Syphilis, aber diese Mädels waren gar nicht der Typ dafür. Überhaupt nicht.«
    »Wie bitte?« Colette hatte die hastig redende Arbeiterin kaum verstanden. Doch da war die Frau schon verschwunden. Colette zupfte an den zu eng sitzenden Lederhandschuhen, und als sie das Diamanthalsband abnehmen wollte, fand sie den Verschluss nicht. Irritiert gab sie es auf. Als die letzten Frauen die Fabrik verließen, lief sie zu Brightons Büro und rief nach ihm.
    »Ja, Miss Rousseau?«, antwortete der Industrielle eifrig. »Wollen Sie mich zum glücklichsten Mann auf Erden machen? «
    »Die Arbeiterinnen stecken sich den Pinsel in den Mund«, sagte Colette.
    »Natürlich. Das ist das Geheimnis unserer Technik.«
    »Sie schlucken die Farbe.«
    »Was für eine Verschwendung«, entgegnete Brighton. »Wissen Sie noch, welche? Samuels wird es gleich notieren. «
    »Nein, ich meine ... sie vergiften sich.«
    »Mit der Farbe?«, rief Brighton. »Aber keineswegs. Seien Sie nicht albern. Wie könnte ich dem Publikum ein Produkt verkaufen, das gefährlich für meine Angestellten ist?«
    »Überwachen Sie die Strahlungsmengen hier – so wie in der Farbfabrik?«
    »Das ist nicht nötig, meine Liebe.«
    »Aber Sie dürfen nicht zulassen, dass sie es in den Mund nehmen, sonst dringt es in den Kiefer vor! Und in die Zähne. Es könnte sogar ...« Mitten im Satz brach sie ab, als eine Reihe von Bildern durch ihren Kopf wirbelte: ein in Watte gehüllter, von innen zerfressener Zahn; eine Frau mit
einem Tumor am Hals; eine andere Frau in New Haven, von deren Hals eine grünliche Aura ausging. In Colette stieg eine alles verschlingende Dunkelheit auf, und sie hatte Mühe, nichts davon in ihre Stimme dringen zu lassen. »Ach, wahrscheinlich ist es nicht so wichtig. Wenn die Radiummengen so winzig sind, dann schadet es bestimmt mehr, als es nützt. Ich meine, dann nützt es sicher mehr, als es schadet. Es ist schon spät, oder? Meine Bekannten fragen sich bestimmt schon, wo ich bleibe. Und Mrs. Meloney ist sicher ganz neidisch.«
    »Neidisch?«
    »Auf Ihre Angestellten, die ihre Haut kostenlos mit Radium behandeln können.«
    »Ach so.« Er lachte laut auf. »Sie würde wahrscheinlich grün anlaufen vor ...«
    »Sie weiß es, Sir.« Samuels trat heran und zog eine Pistole.
    Niemand sprach.
    »Oje«, seufzte Brighton. »Was weiß sie, Samuels?«
    »Alles.«
    »Sind Sie völlig sicher? Sie hat doch gesagt, Mrs. Meloney ist neidisch auf unsere Arbeiterinnen.«
    »Sie hat gelogen.« Samuels zielte auf Colette.
    Enttäuscht schüttelte Brighton den Kopf. »Lügen ist zwecklos, Miss Rousseau. Samuels erkennt es immer. Wie er das macht, ist mir ein Rätsel. Ich selbst habe nie die geringste Ahnung. Samuels, würden Sie die Waffe bitte ganz nah an Miss Rousseau halten?«
    Sofort trat Samuels hinter Colette und drückte ihr die Pistole in den Rücken. Brighton näherte sich ihr, sein Körper merkwürdig groß und klobig. Mit dem glänzenden
Nagel seines kleinen Fingers berührte er ihren Kiefer und schob ihr Gesicht sanft zur Seite, um ihren diamantgeschmückten Hals besser sehen zu können. Colette ließ es ohne Reaktion über sich ergehen.
    »Sehen Sie nur, wie rein.« Er streichelte Colettes Kinn, strich langsam mit dem Fingernagel nach unten und legte dann die Hände auf ihre Brüste. Colette erstarrte vor Entsetzen.
    »Gefällt es ihr, Samuels?«, erkundigte sich Brighton. »Möglicherweise ist sie nervös. Wenn ich nur besser in Gesichtern lesen könnte, Miss Rousseau. Es bereitet mir große Mühe, sie zu verstehen. Wie schade, dass Lyme nicht hier ist. Er hat ein Entspannungsmittel, da werden die Frauen immer viel empfänglicher. Sind Sie schon einmal geküsst worden, Miss Rousseau? Auf den Mund?«
    Colette schwieg.
    Brighton wandte sich an Samuels. »Können Sie sie dazu bewegen, mir zu antworten?«
    Samuels bohrte ihr die Waffe stärker in die Rippen.
    »Ja, ich bin geküsst worden.«
    »Aber Sie haben doch nie ... haben doch nie ...?«
    Colette blieb stumm.
    »Nein, antworten Sie nicht«, rief Brighton. »Sie haben Recht. Die Worte würden Ihre Lippen beschmutzen. Bestimmt haben Sie es nie getan. Sie sind die Reinheit in Person. Und jetzt, Miss Rousseau,

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