Todesinstinkt
Jahre später in Umlauf gebracht, auch da vergeblich und mit dem Zweck, einen Einmarsch amerikanischer Truppen in Mexiko herbeizuführen.
Natürlich kann ich nicht für die Richtigkeit der historischen Texte bürgen, auf die ich mich beziehe. Wenn ich Arnold Toynbee anführe, um deutsche Gräueltaten in Frankreich aus dem Jahr 1914 zu beschreiben, können sich die Leser darauf verlassen, dass ich korrekt zitiere. Doch sie können ebensowenig wie ich wissen, ob Toynbees Angaben zutreffen. Die Bewertung historischer Quellen muss letztlich den Historikern überlassen bleiben.
Allerdings können die meisten der unglaublichen Ereignisse des Romans nicht ernsthaft in Zweifel gezogen werden.
Zum Beispiel die erstaunliche Geschichte von Edwin Fischer. Für seine Warnungen an viele verschiedene Menschen vor einem Bombenanschlag auf der Wall Street nach Geschäftsschluss am 15. oder 16. September gibt es bis heute keine Erklärung. (Alle eigenartigen Details zu seiner Person — die vier Tennismeisterschaften, die übereinander getragenen Anzüge, seine Aussage, dass er »aus der Luft« von dem Attentat erfahren hatte, seine anschließende Unterbringung in einer Heilanstalt — entsprechen den Tatsachen.) Wenn Fischer im Voraus von dem Anschlag Kenntnis hatte, was allerdings von Historikern nicht akzeptiert wird, würde das darauf hindeuten, dass die Verantwortlichen aus ganz anderen Kreisen stammten als denen der mittellosen italienischen Anarchisten, die üblicherweise als Täter betrachtet werden.
Nicht allgemein bekannt ist, dass Fischer wie im Buch erwähnt mehrere Jahre vor dem Attentat mit Agenten der Bundesregierung in Kontakt stand. Aber die Darstellung seines weiteren Umgangs mit dem Bureau of Investigation und die Geschichte über die Stimmen »aus der Luft«, die ihn von der Oyster Bar in der Grand Central Station erreichten, sind reine Fiktion. Dagegen trifft es zu, dass man an der beschriebenen Stelle flüsternde Stimmen von der anderen Seite der Halle hören kann.
Dem Marie-Curie-Radiumfonds, der von der unverwüstlichen Mrs. William B. Meloney geleitet wurde, gelang es zuletzt doch, ein Gramm Radium für Madame Curie zu erwerben, die 1921 in die USA reiste, um das Geschenk aus den Händen von Präsident Harding in Empfang zu nehmen. Madame Curie war nicht nur die erste Professorin und die erste Gewinnerin von zwei Nobelpreisen – 1903 in Physik, 1911 in Chemie –, sondern ist bis heute die einzige Frau, die
zwei solche Ehrungen erhielt, und der einzige Mensch, dem dies in zwei verschiedenen naturwissenschaftlichen Fächern gelang. Sehr wahrscheinlich war Strahlenbelastung die Ursache ihres grauen Stars im Jahr 1920 und ihres Todes an aplastischer Anämie (oder Leukämie) im Jahr 1934.
Während meine Protagonisten — Younger, Littlemore, Colette und Luc – erfunden sind, trifft dies auf viele Figuren, mit denen sie zusammentreffen, nicht zu, wie etwa Polizeichef Enright, Finanzminister Houston, Bürgermeister Hylan, »Big Bill« Flynn und Dr. Walter Prince (von der American Society for Psychical Research). Es gab auch eine Mrs. Grace Cross, die offenbar eine Affäre mit Warren Harding hatte, doch die nach ihr benannte Figur basiert ansonsten nicht auf der tatsächlichen Person.
Arnold Brighton ist eine fiktive Gestalt. Edward Doheny war der reale Ölmagnat, der hinter Falls antimexikanischen Umtrieben stand und ihm eine Bestechungssumme von mindestens 100.000 Dollar zahlte. Dafür wurde Fall später als erstes Kabinettsmitglied der USA überhaupt wegen eines in seiner Amtszeit begangenen Verbrechens zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Der reale Leiter der US Radium Corporation, in dessen Fabrik in New Jersey Quinta Maggia McDonald und ihre Schwestern arbeiteten, war Arthur Roeder. Es gibt keinerlei Anlass zu der Annahme, dass Doheny oder Roeder in den Anschlag auf die Wall Street verwickelt waren.
Demgegenüber ist die tragische Vergiftung der Leuchtziffernmalerinnen gut belegt. In mancher Hinsicht sind die realen Umstände sogar noch schlimmer als meine Darstellung. Möglicherweise starben bis zu einhundertzwölf Arbeiterinnen, weil sie die Pinsel mit den Lippen gespitzt
hatten – eine Praxis, die erst 1925 verboten wurde. Zahlreiche weitere trugen schmerzhafte und behindernde Krankheiten davon.
Zu den Opfern gehörten auch die Maggia-Schwestern Quinta, Amelia und Albina. (Ich benutze im Buch zwar ihre Namen, aber die Figuren entsprechen nicht den realen Frauen, und auch die Geschichte über ihre
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