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Todesinstinkt

Todesinstinkt

Titel: Todesinstinkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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man ein, auch wenn es gegen das Gesetz ist?«
    »Natürlich bricht man ein, wenn man mitten im Nirgendwo ist.«
    »Man ist überall mitten im Nirgendwo.«
    »Kein Wunder, dass die Miss zurück nach Europa will. Sie sind ja wieder mal so was von fröhlich.« Littlemore ächzte entnervt. »Also, ich hab Neuigkeiten für Sie. Über die Frau ohne Kopf auf der Wall Street. Sie wurde nicht identifiziert. Und sie ist aus dem Leichenschauhaus verschwunden — Körper, Kopf, alles.«
    »Wer hätte das gedacht.«
    »Das einzig Gute daran ist, dass sie die Autopsie schon vorgenommen hatten. Und siehe da: Ihr hat ein Backenzahn gefehlt. Zwei sogar. Das ist noch kein Beweis, aber ich denke, wir haben Ihre Amelia gefunden. Gefunden und gleich wieder verloren. Und noch was. Schauen Sie mal, was die im Dentallabor entdeckt haben.« Der Detective zog eine Lupe und zwei kleine Hälften eines Zahns in einem Taschentuch heraus, die er auf den Tisch legte. Er reichte Younger die Lupe, damit er sie studieren konnte. »Das ist der Zahn, den Amelia der Miss im Hotel hinterlassen hat. Sehen Sie die Löcher?«
    Über den inneren Zahnschmelz zogen sich, an der Bruchstelle gut erkennbar, Dutzende von Bläschen oder Poren.

    »Karies?«, fragte Younger.
    »Was ist das?«
    »Zahnfäule.«
    »Nein. Die Dentalspezialisten meinen, es kann keine normale Fäule sein, weil der Zahn außen keinen Fehler hat. Nicht einmal eine Verfärbung. Es ist vielmehr, als wäre der Zahn von innen her zerfressen worden.«
     
    A m nächsten Morgen wurde Colettes Brief auf Youngers Hotelzimmer gebracht. Er las ihn im Bett. Das Schreiben löste eine Welle widersprechender Gefühle in ihm aus. Er wollte mit Colette nach Wien reisen und verachtete sich zugleich für diesen Wunsch.
    Welcher Mann begleitete eine Frau um den halben Erdball, um ihr bei der Suche nach ihrem verschollenen Geliebten zu helfen? Er malte sich aus, wie er Hans Gruber bei der gegenseitigen Vorstellung anlächelte. Das Bild erfüllte ihn mit Abscheu. Was sollte er denn überhaupt in Wien? Und warum wollte sie eigentlich unbedingt, dass er mitkam?
    Nach einer Weile wurde ihm klar, dass sie es gar nicht wollte. Der Grund für Ihre Einladung war schlicht, dass sie Geld für die Reise brauchte. Lange starrte er zur Decke. Das konnte nicht sein. Ging es Colette wirklich nur um sein Geld? War es so?
    Er fragte sich, wie sie die Überfahrt ohne seine Unterstützung bezahlen wollte. Und natürlich musste er einsehen, dass sie es nicht konnte. Sie war völlig mittellos.

10
    A n der Ecke Fifth Avenue und Eighty-seventh Street, einen Steinwurf vom Metropolitan Museum of Art entfernt, stand eine große Villa im klassischen Stil. Am Dienstagmorgen, noch vor Sonnenaufgang, wies Littlemore Roederheusen an, die Rückseite des Hauses zu bewachen, während er auf die Eingangstür zusteuerte.
    Kein Lebenszeichen drang aus der Villa. Auch die Fifth Avenue war still um fünf Uhr morgens, nur ein einsamer Omnibus ratterte dahin. Einen Block weiter nördlich stand auf der Parkseite der Straße eine Limousine mit laufendem Motor. Der Detective fragte sich, ob es Speyers Automobil war, das darauf wartete, ihn zum Hafen zu bringen.
    Littlemore drückte auf die Klingel – wieder und wieder, da sich niemand meldete. Schließlich hörte er Schritte auf der Treppe. Im Foyer gingen alle Lichter an.
    »Wer ist da? Was wollen Sie?«, rief eine Männerstimme, die Littlemore von der Begegnung im Delmonico’s wiedererkannte.
    Der Detective bemühte seinen besten Cockneyakzent. »Gibt’s hier einen Mr. Speyer? Der heute mit der Imperator ablegt? Der Captain hat eine Nachricht für Sie.« Die Imperator war ein britisches Schiff mit englischer Mannschaft.
    »Der Captain?« Speyer öffnete die Tür.
    »Ja.« Littlemore drängte ins Foyer. »Der Captain von der Polizei, den Sie am Sonntag verschaukelt haben.«

    Speyer, der einen burgunderfarbenen Seidenschlafrock mit Gürtel um die Hüften trug, wich einen Schritt zurück. »Ich habe mich ins Unrecht gesetzt, Captain. Ich bitte um Vergebung.«
    »Umdrehen«, befahl Littlemore.
    Speyer gehorchte. »Ich möchte Sie um Verzeihung bitten.«
    Littlemore klirrte mit seinen Handschellen. »Nennen Sie mir einen guten Grund, warum ich Sie nicht wegen Flucht vor einem Polizeibeamten aufs Revier schleifen soll.«
    »Ich habe Sie hinters Licht geführt. Bitte verzeihen Sie mir.«
    »Hören Sie schon auf mit Ihrer Verzeihung.« Littlemore legte Speyer die Handschellen an.
    »Tut mir leid. Ich

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